Eichkätzchen und Hauskätzchen – Was die US-Wahl wirklich entscheidet

5. November 2024Lesezeit: 4 Min.
Kommentar von Gerhard Jelinek

Gerhard Jelinek ist ein österreichischer Journalist, Fernsehmoderator und Buchautor. Der Jurist und erfahrene Journalist gestaltete rund 70 politische und zeitgeschichtliche Dokumentationen und Porträts.

Macht das graue Eichkätzchen „P’Nut“ Donald Trump doch noch zum Präsidenten? Im Ernst. Die traurige Geschichte des Eichkatzerls mit dem Namen „Peanut“ (auf Instagram P’Nut abgekürzt) geht gerade auf Twitter & Co. viral. Sämtliche relevante US-TV-Stationen und selbst der deutsche „Spiegel“ berichten über das hyperaktive „Squirrel“, das auf seinem Instagram-Account rund 530.000 Follower hatte. Und neuerdings mit einem eigenen Wikipedia-Eintrag gewürdigt wird.

Vor wenigen Tagen wurde das putzige Tierchen von sechs Beamten des „New York State Department of Environmental Conservation“ aus dem Haus seines Besitzers in Pine City abgeholt und wenige Tage später eingeschläfert, weil es offenbar einen Beamten der Behörde gebissen haben soll und daher Tollwut-Verdacht besteht.

Jetzt ist auf Twitter die Hölle los. Denn New York ist ein von den Demokraten regierter Bundesstaat. Für die Republikaner ist daher klar: Die Demokraten und damit Kamala Harris töten süße Haustiere, kümmern sich aber nicht um die massenweise illegale Migration. Mehr braucht es nicht, wenige Stunden vor der schicksalhaften Präsidentenwahl, die ja in einigen wenigen Bundesstaaten (wahrscheinlich nur in ein paar Bezirken von Pennsylvania, einem Nachbarstaat von New York) entschieden wird. Elon Musk, fanatischer Trump-Unterstützer, postet gar auf seinem X: „@realDonaldTrump will save the squirrels“. Also nachdem er binnen eines Tages den Ukraine-Krieg beendet, zwischen Israel und den Palästinensern einen Waffenstillstand verordnet und China mit Zöllen belegt hat, verhindert Trump die Euthanasie von Eichkätzchen.

Schon vor einigen Wochen kam ein anderes Haustier, eine anonym gebliebene Katze, zu weltweiter Berühmtheit. In Springfield, Ohio, habe ein Immigrant aus Haiti die Katze einer einsamen alten Frau heimtückisch gefangen und bei lebendigem Leibe verspeist. Die tote Katze wurde von Trump tatsächlich als Killerargument in der einzigen TV-Debatte mit Kamala Harris eingesetzt. Heerscharen von Journalisten recherchierten in Springfield und Umgebung. Tatsächlich erwies sich die Katzenstory als klassische „Fake-News“. Irgendjemand wollte die Geschichte von irgendjemandem gehört haben und berichtete darüber auf Facebook. Dort las das irgendein republikanischer Wahlkampf-Mitarbeiter und erzählte die Geschichte so lange weiter, bis sie über den Vizepräsidentschaftskandidaten Vance zu Donald Trump kam und der diese Horrorstory seiner Konkurrentin um das wichtigste Amt der Welt um die Ohren warf. Ungeprüft und sowieso falsch. Aber Wirklichkeit wird zur Wirklichkeit, wenn sie als Wirklichkeit geglaubt wird.

Das süße Eichkätzchen „P’Nut“ hingegen ist tatsächlich tot. Und wird jetzt als Beleg für die Übergriffigkeit eines von Demokraten geführten Staates geführt. Absurd? Oder doch nicht? Wenn eine Bürokratie mit sechs Mann hoch ausrückt, um in einem privaten Wohnhaus ein Haustier („Wildtier“) zu konfiszieren, das dort sieben Jahre seine Späßchen getrieben und damit eine beträchtliche „Insta“-Popularität erworben hat, belegt das schon auch die Übergriffigkeit einer Bürokratie, die zu unser aller Heil immer striktere Regelungen erlässt und Bürger damit schikaniert. Man muss da nicht bis nach Pine City in NY schauen.

Auch in Europa sorgen sich die Bürokraten (von Brüssel bis nach Wien) um unser Wohl. Da müssen Plastikverschlüsse untrennbar mit den Flaschen verbunden bleiben, da überlegt eine Grün-Politikerin das Rückwärts-Einparken zu verbieten, da werden wir demnächst mühsam Plastikflaschen in den Supermarkt schleppen müssen, statt sie wie bisher fürs Recycling zu entsorgen. Da zwingt Brüssel (und Wien) Autokäufer, teure E-Mobile zu erstehen, weil allein der Sachbezug für konventionelle Dienstwagen (und die NoVA) so hoch ist, dass man praktisch E-Autos kaufen muss, auch, wenn sie teuer und noch immer nicht 100 Prozent praktisch sind. Immer mehr Bürgern (beiderlei Geschlechts) geht das übergriffige Verhalten von Politik und Bürokratie so auf die Nerven, dass sie aus Protest halt Parteien wählen, denen sie das Regieren eigentlich eher nicht zutrauen.

Sollte Donald Trump trotz seines wirren Wahlkampfs, seines unerträglichen Stils, seiner vielen Gerichtsverfahren und seiner Sprunghaftigkeit Mittwochfrüh als amerikanischer Präsident triumphieren, dann haben vielleicht Geschichten, wie die vom getöteten Eichkatzerl „P’Nut“ mehr dazu beigetragen, als wir glauben mögen. Kamala Harris müsste jetzt noch rasch einen süßen Pudel aus dem Hudson-River retten, das wird sich doch bitte machen lassen, mit all den Hollywood-Größen, die sie unterstützen.

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