Sepp Schellhorn ist Staatssekretär für Deregulierung im Außenministerium © BKA/Andy Wenzel, Regina Aigner | Montage: Selektiv
Sepp Schellhorn ist Staatssekretär für Deregulierung im Außenministerium © BKA/Andy Wenzel, Regina Aigner | Montage: Selektiv
Interview

Schellhorn: „Die Industriestrategie ist fertig“

Entbürokratisierungsstaatssekretär Sepp Schellhorn hat ein erstes Entbürokratisierungspaket im Umfang von 113 Maßnahmen vorgelegt, weitere sollen folgen – 600 konkrete Vorschläge befinden sich in der Pipeline. Die Beschleunigung der UVP-Verfahren und die Entlastung der Sachverständigen sind für ihn die wichtigsten Maßnahmen im ersten Entlastungspaket. Verärgert zeigt sich Schellhorn über den Rückzieher bei der Abschaffung des Pflegebonus in Salzburg: „Das erachte ich als ein schlechtes Signal und ein falsches Zeichen“, so der Staatssekretär zu Selektiv. Zur Industriestrategie kann Schellhorn hingegen Erfreuliches berichten, sie ist „fertig“ und wird am 15. Jänner 2026 präsentiert.

Sie haben gestern nach Monaten der Vorbereitung 113 Punkte präsentiert, wie lange wird man sich bis zur Umsetzung dieser Vorschläge gedulden müssen?

Sepp Schellhorn: Die ersten Gesetzesentwürfe werden bereits nächste Woche in Begutachtung gehen. Diese Gesetze müssen dann natürlich noch den Nationalrat passieren – aber die Regierungsparteien sind sich bei der Entbürokratisierung einig, daher erwarte ich da keine Verzögerung. Erlässe und Verordnungen können deutlich schneller umgesetzt werden, in wenigen Tagen bis Wochen.

In der Vergangenheit haben Sie eine one-in-one-out oder sogar eine one-in-two-out-Regel bei neuen Gesetzen gefordert, wird eine solche tatsächlich noch kommen?

Eine one-in-two-out-Regel ist natürlich ein großer Wunsch von mir. Ich kann damit aber auch scheitern. Diese Bundesregierung will jedenfalls entlasten und diesen 113 Vorschlägen werden noch viele folgen. Das ist nur der Beginn eines großen Reformschrittes. Wir haben 600 weitere konkrete Vorschläge in der Pipeline.

Welche der 113 präsentierten Maßnahmen ist für Sie die wichtigste?

Für die Unternehmen wird die Beschleunigung bei den UVP-Verfahren und bei den nichtamtlichen Sachverständigen am bedeutendsten sein. Das wird für eine enorme Beschleunigung sorgen. Die Amtssachverständigen klagen derzeit über Überlastung, diese werden entlastet und die Verfahren somit beschleunigt.

Für die Bürger wird neben dem Verlängern der Pickerl-Intervalle das Abschaffen von Doppelgleisigkeiten – etwa, wenn eine Versicherung online abgeschlossen wird und bisher trotzdem noch ein Brief geschickt werden muss – am spürbarsten werden.

Im Rahmen des Entbürokratisierungspakets soll auch ein „Bürokratie-Check“ in Ihrem Bereich angesiedelt werden. Das Gesetz gegen die sogenannte Shrinkflation, das u. a. die Schriftgröße von Supermarktpreisen vorgibt, klingt eher nach mehr Bürokratie statt weniger. Hätte dieses Gesetz diesen Check überstanden?

Das ist richtig, dieses Thema habe ich auch innerhalb der Regierung heftig diskutiert. Es geht hier nicht um den riesigen Interspar, sondern um den kleinen Spar im Dorf, dem solche bürokratischen Auflagen dann zu krass werden können und der dann vielleicht zusperrt.

Kann bei diesem Gesetz also noch nachgebessert werden?

Wir arbeiten daran. Wir Neos setzen aber immer noch auf das Prinzip der Mündigkeit der Bürger.

Wir müssen zur Erkenntnis kommen, dass nicht mehr alles geht.

Sepp Schellhorn

Ein anderes Projekt, das Doppelgleisigkeiten abschaffen soll und vor allem Steuergeld einsparen soll, ist die Fördertaskforce. Wie ist da der Stand der Dinge?

Die Fördertaskforce ist auf technischer Ebene bereits in Zusammenarbeit. Wir müssen hier erst einmal für Transparenz sorgen. Im neuen Jahr werden wir das Thema der Förderungen sofort angehen. Laut der Analyse von Christian Helmenstein und Monika Köppl-Turyna sind mit einem Kumulationsverbot bis zu 4 Mrd. Euro an Einsparpotential vorhanden.

In der Vorwoche konnte nach langen Verhandlungen der neue Stabilitätspakt erfolgreich abgeschlossen werden. In Ihrem Heimatbundesland Salzburg wird der größere Spielraum beim Defizit prompt dafür genutzt, um eine Einsparung wieder rückgängig zu machen. Ist das im Geiste des Erfinders?

Nein, das erachte ich als ein schlechtes Signal und ein falsches Zeichen. Ich verstehe die Pflegethematik und den Pflegebonus. Ich verstehe aber nicht, dass man den Stabilitätspakt, um den wir so hart gerungen haben, in dieser Weise ausnutzt. Man muss nicht Mises verstehen, aber Keynes muss man schon verstehen: In guten Zeiten muss man ansparen, damit man es später in schlechten Zeiten auch wieder ausgeben kann. Wir müssen zur Erkenntnis kommen, dass nicht mehr alles geht. Gerade das Jahr 2027 wird besonders knackig – für Bund und Bundesländer.

Neben den Entbürokratisierungsvorhaben wird auch die Industriestrategie seit langem erwartet. Wann wird sie fertig sein?

Die Industriestrategie ist fertig. Sie wird jetzt final ausformuliert und bei der Regierungsklausur am 15. Jänner 2026 präsentiert werden.