Bei uns ist das ganze Jahr Weihnachten!

24. Dezember 2025Lesezeit: 3 Min.
Alexander Purger Illustration
Kommentar von Alexander Purger

Alexander Purger ist Redakteur der Salzburger Nachrichten und schreibt die satirische Kolumne „Purgertorium“. Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter der Kanzlerbiografie „Wolfgang Schüssel – Offengelegt“.

Weihnachten ist immer wieder ein Wunder. Nein, wir reden nicht von Religion, sondern von Konsumation. An den Adventsamstagen wälzen sich die kaufbereiten Massen derart durch die Einkaufsstraßen, dass man den Asphalt nicht mehr sieht. Und an den Punschhütten stellen sich die Leute so geduldig an, als wäre das überteuerte G´schlader in den Santa-Claus-Häferln der reinste Nektar. Wie passt das mit der gängigen politischen Erzählung zusammen, dass alle arm sind und sich niemand im Lande mehr eine warme Mahlzeit leisten kann? Das ist eben das alljährliche Weihnachtswunder.

Und apropos Weihnachten. Manche meinen, die österreichische Politik gleiche einem Ganzjahresfasching. Möglicherweise sollte man aber von Ganzjahresweihnachten sprechen. Denn Weihnachten ist das Fest der Stille und der Liebe, die Zeit, in der man über Konflikte die Decke des allgemeinen Wohlwollens und Schweigens breitet. Ist so gesehen in der österreichischen Politik nicht das ganze Jahr Weihnachten?

Nehmen wir nur die Staatsschulden. Würde man die harten Fakten des Budgets im brutalen Scheinwerferkegel der Realität betrachten, sähe die Angelegenheit recht unschön aus. Aber wer will das schon? Ho ho ho! Schon ist der Weihnachtsmann in Gestalt des Finanzministers zur Stelle und versichert, dass alles nicht so schlimm ist. Schon bald, lieber Kinder, werden wir nur noch drei Prozent Schulden machen, womit wir praktisch saniert sind. Ho ho ho! Und die Sub-Weihnachtsmänner an der Spitze der Bundesländer reden vom wirklich hartem Konsolidierungskurs, den sie eingeschlagen haben, und gönnen sich gleichzeitig in aller Stille ein paar Milliarden mehr Ausgaben und ein paar Prozent mehr Schulden. Ho ho ho!

Würde man die harten Fakten des Budgets im brutalen Scheinwerferkegel der Realität betrachten, sähe die Angelegenheit recht unschön aus.

Alexander Purger

Selbstverständlich wird hart an Reformen gearbeitet, das ist gar keine Frage. Schließlich sind Bund und Länder im Sommer eine Reformpartnerschaft eingegangen, deren Steuerungsgruppe uns schon jetzt – nur sechs Monate später – einen konkreten Zeitplan („bis 2027“) und einen „Ständigen Unterausschuss der Steuerungsgruppe“ unter den Christbaum legt. Diese ständige Arbeitsgruppe wird, wie ihr Name schon sagt, ständig, nämlich monatlich zusammentreten. Also mehr an Rasanz geht schon nicht mehr. Und das Weihnachtliche daran ist, dass in den ersten sechs Monaten über konkrete Reformen noch gar nicht gesprochen wurde. Das würde nur die ganzjährige, also in diesem Fall wirklich ständige Weihnachtsruhe stören.

Wie das ist, wenn man dieses absolute Ruhegebot der Republik bricht, hat unlängst die Salzburger Landesregierung erlebt. Man weiß nicht, welcher Krampus sie da geritten hat, aber sie wollte doch tatsächlich ihr Budget ausgabenseitig sanieren und irgendwo zu sparen beginnen. Na, mehr hat sie nicht gebraucht! Protestmärsche, Demonstrationen, Schimpforgien … Ja, wie passt denn das zur stillsten Zeit im ganzen Jahr? Kleinlaut hat die Salzburger Landesregierung daher alles wieder zurückgenommen. Gut so. Dabei hätten diese Tölpel doch von vorneherein nur eine Steuerungsgruppe samt Ständigem Unterausschuss einsetzen müssen, und schon hätte ewiger Friede geherrscht. Ho ho ho!

In diesem Sinne: Frohe Ganzjahresweihnachten!