Die „Herdprämie“ ist derzeit ein eher symbolischer Beitrag zur Wahlfreiheit

24. Januar 2025Lesezeit: 2 Min.
Sara Grasel Illustration
Kommentar von Sara Grasel

Sara Grasel ist Chefredakteurin von Selektiv. Sie ist seit fast 20 Jahren Wirtschaftsjournalistin mit Stationen bei „Die Presse“, Trending Topics und brutkasten. Zuletzt war sie Chefredakteurin der Magazine der Industriellenvereinigung.

Gerald Fleischmann, der Spindoktor von Sebastian Kurz, hat in einem seiner Bücher den Begriff des „strategisch notwendigen Unsinns“ (SNU) in der politischen Kommunikation beschrieben. SNU, so könnte man zusammenfassen, hat den Zweck, ein polarisierendes Thema zu setzen, um von einem Elefanten im Raum abzulenken, über den man nicht sprechen will. Aus dieser Perspektive ist die aktuelle Debatte um den von Linken als „Herdprämie“ umbenannten Kinderbetreuungsbonus natürlich ein genialer Schachzug. Die FPÖ will Frauen oder Männern also monatlich etwas mehr Geld aus der Staatskasse geben, wenn sie daheim kleine Kinder hüten. Sollen doch lieber zu diesem Vorschlag die Wogen hochgehen als zu fehlenden Pensionsreformen, an manchen Stellen wenig nachhaltigen Sparplänen oder anderen wirklich wichtigen Themen.

In Oberösterreich gibt es den Kinderbetreuungsbonus in einer einkommensunabhängigen Form seit 2009. 80 Euro pro Monat. Zuletzt ist er von rund 3.500 Familien in Anspruch genommen worden. Rund 31.000 Kinder im fraglichen Alter, also Drei- und Vierjährige, gab es laut Statistik Austria 2024 in Oberösterreich. Die Nachfrage ist überschaubar und das in einem Bundesland, das nicht gerade für eine gut ausgebaute Kindergarten-Landschaft bekannt ist. Selbst der Rechnungshof zweifelte schon 2020 an der Lenkungswirkung des Bonus. Grundsätzlich könnte man sich jedenfalls für diesen Beitrag zu mehr Wahlfreiheit – ja, es soll Menschen geben, die echt gerne daheim bei ihren Kindern sind – bedanken, auch wenn er offenbar nur einen sehr kleinen Teil der Allgemeinheit betrifft und es sich um einen eher symbolischen Beitrag handelt. Sehr aufmerksam! In Oberösterreich steht der Bonus übrigens auch für Väter bereit. Leiwand wären jetzt natürlich noch ein paar zusätzliche Kindergartenplätze für jene, die ihr Leben anders gestalten wollen.

2024 kostete der Kinderbetreuungsbonus in Oberösterreich Berichten zufolge 2,5 Millionen Euro. Wahrscheinlich würde auch bundesweit kein erschreckender Betrag zusammenkommen. Selbst dann nicht, wenn man die niedrigste bzw. längste Version des Kinderbetreuungsgeldes auf die Mindestsicherung aufstockt. Dennoch könnte man sich fragen, ob jetzt der passende Moment für symbolische Boni aus dem angeschlagenen Staatsbudget ist. In Zeiten schwindelerregender Defizite, bei denen es mit Müh‘ und Not gelungen ist, die allernotwendigste Spitze des Eisbergs am Papier abzutragen, um gerade noch ohne Defizitverfahren davonzukommen, vielleicht nicht unbedingt ein genialer Schachzug.

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