Diese Regierung ist noch nicht abgeschrieben

12. Dezember 2025Lesezeit: 3 Min.
Kommentar von Georg Renner

Georg Renner ist freier Journalist in Niederösterreich und Wien mit Fokus auf Sachpolitik. Er betreibt den Politik-Podcast „Ist das wichtig?“ und publiziert unter anderem für „Datum“ und „WZ“. Zuvor war er nach Stationen bei der „Presse“, „NZZ.at“ und „Addendum“ Innenpolitikchef der „Kleine Zeitung“.

Ich gestehe, ich hatte meine Zweifel. Nachdem am Donnerstagnachmittag noch kein weißer Rauch aufgestiegen war, war ich darauf eingestellt, dass schon wieder eine Regierung kein neues Strommarktgesetz zusammenbringt. Schon türkis-grün war bekanntlich daran gescheitert, das ElWOG aus dem Jahre 2010 in die Gegenwart zu holen – und mit dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) endlich Grundlagen für ein modernes Stromnetz im Zeitalter massiver Erneuerbaren-Spitzen und günstiger Speicherblöcke zu schaffen.

Nun haben sie es aber doch geschafft: Nach wochenlangen Verhandlungen stimmen die Grünen zu und sichern schwarz-rot-pink damit die nötige Zweidrittelmehrheit. (Dass das Ding jetzt „Günstiger-Strom-Gesetz“ heißt, soll uns an dieser Stelle nicht weiter stören.)

Auch wenn die Stimmung im Land schlecht ist und die Koalition weite Teile ihres selbst ausgerufenen „Reformherbsts“ zumindest kommunikativ vergeigt hat, geben die vergangenen paar Wochen doch Anlass zu einem Maß Optimismus:

Die „Entbürokratisierungsvorhaben“, die die Regierung Anfang Dezember präsentiert hat – zumindest jene davon, die bereits konkret sind -, lassen sich durchaus sehen. Und der zuständige Staatssekretär Josef Schellhorn ist klug genug, gleich dazuzusagen, dass das natürlich nur ein erster Schritt sein kann.

Der neue Stabilitätspakt, die Verteilung des Schuldenpotenzials zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, ist für sich auch kein großer Wurf. Aber erstens macht er die Republik deutlich transparenter, indem die Länder künftig monatlich Vollzugsdaten nach Wien liefern müssen. Und zweitens hat die Regierung – in einer ÖVP-SPÖ-Konstellation immer eine Gefahr – sich nicht von den Ländern übervorteilen lassen, die noch vor der letzten Verhandlungsrunde gern ein Viertel der Staatsschulden als Mindest-„rote Linie“ angesagt hatten.

Und drittens ist da jetzt eben das Strommarktgesetz, das es doch noch über die Ziellinie schafft.

Euphorie ist hier noch nicht angebracht, aber abschreiben sollte man die Regierung nicht.

Georg Renner

Jetzt kann man sagen, ok, das ist ja alles gerade einmal Pflichtprogramm – und noch weit weg von den tiefgreifenden Reformen, die die Republik unumstritten braucht. Aber es sind durchaus ansehnliche Erfolge in teils recht komplexen Materien. Materien, an denen andere Koalitionen davor gescheitert sind – die noch nicht in einer derartigen Doppelmühle aus Budgetklemme und Wirtschaftskrise gesteckt sind.

Euphorie ist hier noch nicht angebracht, Meisterstücke wie die Bundesstaatsreform bleibt schwarz-rot-pink noch schuldig. Aber abschreiben sollte man die Regierung nicht: Sie hat in diesen Tagen gezeigt, dass sie durchaus handlungsfähig ist.