„Konzerne enteignen!“ – staatliche Jugendförderung auf Irrwegen

Sara Grasel ist Chefredakteurin von Selektiv. Sie ist seit fast 20 Jahren Wirtschaftsjournalistin mit Stationen bei „Die Presse“, Trending Topics und brutkasten. Zuletzt war sie Chefredakteurin der Magazine der Industriellenvereinigung.
Die Sozialistische Jugend hat eine ganz eigene Vorstellung, wie Klimaschutz am besten gelingt: „Konzerne enteignen!“, fordert die Jugendorganisation vollmundig – offenbar keine weiteren Erklärungen notwendig. Auch „Miethaie“ sollen enteignet werden. Um diese Anliegen möglichst weit zu verbreiten, kann man sie in Form von Stickern auf der SJ-Website ordern. Jetzt könnte man das als jugendlich-empörte Zuspitzung links-linker Ideen abtun und hoffen, dass der Reifeprozess den Betroffenen ein differenzierteres Weltbild ermöglicht. Auf den Stickern prangt aber auch unübersehbar das Logo des Bundeskanzleramts.
Wie das? Das Kanzleramt fördert gemäß Bundes-Jugendförderungsgesetz „außerschulische Jugenderziehung und Jugendarbeit“ in Vereinen und Verbänden. Förderungswürdig ist unter anderem „politische und staatsbürgerliche Bildung“ – Wirtschaftsbildung findet sich nicht in der langen Liste. Die Höhe der Förderung für politische Jugendorganisationen richtet sich nach der Anzahl der Abgeordneten der zugehörigen Partei im Nationalrat. Pro angefangene 10 Abgeordnete gibt es fast 66.000 Euro und nochmal pro angefangene 10.000 Mitglieder rund 8.000 Euro on top.
Dass man als Dankeschön das Logo des Bundeskanzleramts auf kommunistische Sticker drucken muss, steht (zum Glück) nirgends. In den Förderrichtlinien ist die Verwendung des Logos zwar festgeschrieben, dieses wird „in der Regel“ auf „übergeordneten Kanälen einer Kampagne, wie bsw. auf einer Website, platziert“, heißt es dazu auf dem zuständigen Ministerium für Europa, Integration & Familie. Dass hier mit der Marke Bundeskanzleramt für eine Politik Stimmung gemacht wird, die schon ganze Staaten heruntergewirtschaftet hat, findet das Ministerium offenbar nicht so schlimm: „Solange sich die Inhalte innerhalb unseres Rechtsrahmens bewegen, stehen den Organisationen werbliche Maßnahmen wie diese frei.“

Ein kleiner historischer Einblick in das Kapitel „Enteignungen von Unternehmen“: Unter Hugo Chávez wurde mit der sozialistischen Politik der Staatswirtschaft im großen Stil Venezuela als ökonomische Ruine zurückgelassen – noch Jahre nach Chávez Tod ist Venezuela eines der ärmsten Länder der Welt. Wenn der Staat in jeden Winkel des Lebens eindringen kann, hat das noch eine weitere unangenehme Begleiterscheinung: die Freiheit, so zu leben und zu wirken, wie man will, tendiert gegen Null. Im „Freedom in the World“-Index erreicht Venezuela nur noch 13 von 100 Punkten und bei politischen Rechten 0 Punkte. Das Klima wurde mit der Staatswirtschaft leider auch nicht gerettet, um auf die These des SJ-Stickers zurückzukommen.
Julia Herr, heute stv. Klubvorsitzende im Nationalrat, hielt zumindest in ihrer Zeit als SJ-Vorsitzende Venezuela für ein gutes Vorbild für Österreich. Nicht nur alle Banken in Österreich hätte sie gerne verstaatlicht, sondern am besten auch Unternehmen in Schlüsselindustrien – um Gewinne „gerecht“ zu verteilen. So ähnlich dachte sich das Chávez einst auch. Links neben Andreas Babler ist halt doch noch Platz in der SPÖ.
Im Falle der „Miethaie“ braucht es eigentlich gar keine wirtschaftshistorische Lehrstunde, es sollte die Logik genügen: Würden Sie in einen Markt investieren, in dem Unternehmen die Enteignung droht? „In einen Markt investieren“ bedeutet in diesem Fall Wohnraum schaffen oder sanieren. Auch staatliche Eingriffe wie die Mietpreisbremse gehen regelmäßig nach hinten los – das kann man wunderbar anhand von Berlin beobachten. Dort hat der örtliche Mietpreisdeckel die Zahl der angebotenen Wohnungen und die Baugenehmigungen einbrechen lassen. Das Angebot wird knapper, wenn es sich nicht rentiert. Was passiert, wenn es weniger Angebot gibt, wird hoffentlich auch bei der SJ niemand falsch beantworten.
Falls Sie bei den Stickern nun zuschlagen wollen – natürlich sind sie dank staatlicher Förderung kostenlos: „Klima schützen, Konzerne enteignen!“ und „Miethaie enteignen“.