Warum die Strompreiskompensation für die Industrie auch dem Klima hilft

Christian Tesch ist Geschäftsführer von oecolution. Er war in vielen Aufgaben rund um politische Strategie und politisches Management tätig, zuletzt als selbstständiger Politikberater, davor als Direktor der Politischen Akademie der Volkspartei. oecolution ist die Klima-NGO der Wirtschaft. Sie setzt sich für eine nachhaltige Standortpolitik ein. Die Ziele der Klimawende sollen gemeinsam mit der Wirtschaft erreicht werden, marktwirtschaftliche Instrumente sollen die notwendige Transformation unterstützen und vorantreiben.
Die österreichische Bundesregierung verfolgt das lobenswerte Ziel, den heimischen Subventionsdschungel zu durchforsten. Dies erfolgt zwar weniger aus hehren ordnungspolitisch-marktwirtschaftlichen Gründen, als vielmehr aus budgetärer Notwendigkeit, ist aber restlos zu begrüßen. Gerade im Klimabereich wurden in den vergangenen Jahren Förderungen etabliert, die viel gekostet haben, aber keine relevanten Effekte bringen. Bekanntlich auch nicht den (von den Grünen) gewünschten Effekt, dass die Grünen wieder in der Regierung sitzen.
Die Frage der Abschaffung oder Reduktion kontraproduktiver Förderungen wird uns somit innenpolitisch weiter begleiten und für heftige Diskussionen sorgen. Definitiv nicht Gegenstand dieser Debatte kann aber, wie manche nun suggerieren, die Strompreiskompensation sein. Zur Erinnerung: Mit der Strompreiskompensation kann ein Teil jener CO2-Kosten kompensiert werden, die entstehen, weil Stromerzeuger in der EU CO2-Zertifikate kaufen müssen und diese Kosten 1:1 auf den Strompreis aufschlagen.
Die Strompreiskompensation ist gerade angesichts der hohen Energiekosten ein wichtiges Instrument zum Schutz der Industrie in Europa. Genau so begründet – und empfiehlt – die EU auch dieses Instrument. Die Mehrheit der EU-Staaten nützt, verlängert, erweitertet daher die Strompreiskompensation. Die neue deutsche Bundesregierung setzt in ihrem Regierungsprogramm massiv auf die Strompreiskompensation, will sie EU-weit sogar auf weitere Branchen ausweiten. Auch ein eigener – günstiger – Industriestrompreis, leistbare Netzkosten und ein Genehmigungs-Vorrang für Projekte der Energiewende sind von der CDU-CSU-SPD-Koalition geplant.
Und was tat bzw. tut Österreich? Die Strompreiskompensation gab es gerade mal für ein Jahr – nämlich 2022. Das freut die inner- und außereuropäische Konkurrenz unserer Industriebetriebe. Dass sich Österreichs energieintensive Industrie mit der Forderung an die Bundesregierung gewandt hat, die Strompreiskompensation zu verlängern, ist mehr als verständlich und nicht nur standortpolitisch legitim. Die Forderung nach einer Strompreiskompensation in Österreich ist auch ökologisch grundvernünftig, ja notwendig für den Klimaschutz.
Eine oecolution-Studie des Instituts für industrielle Ökologie („climAconsum II“) hat auf Basis einer konsumbasierten Treibhausgas-Bilanz für Österreich zuletzt gezeigt, dass importierter Stahl einen doppelt so hohen CO2-Ausstoß verursacht wie in Österreich produzierter Stahl. Ähnlich ist es übrigens bei Kunststoff (1,5-fache Emissionen) und bei vielen anderen Gütern. Der Befund ist klar: Die Herstellung industrieller Güter und Produkte in Österreich ist über fast alle Branchen hinweg im Durchschnitt effizienter und weniger emissionsintensiv als die vergleichbare Produktion im Ausland. Deshalb ist internationale Gleichbehandlung der österreichischen Industrie mit dem Instrument der Strompreiskompensation in jeder Hinsicht richtig. Zum Wohle von Wertschöpfung, Arbeitsplätzen und Klima müssen wir Produktion in Österreich halten – und nicht aus dem Land bzw. aus Europa hinausdrängen, worunter unsere Wirtschaft, unsere Arbeitsplätze und das Klima – bekannterweise ein globales Phänomen – weltweit leiden.
„Importierter Stahl verursacht einen doppelt so hohen CO2-Ausstoß wie in Österreich produzierter Stahl.“
Christian Tesch
Österreich muss gerade jetzt im Gleichklang mit dem wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschland agieren. Die Strompreiskompensation sollte auch in Österreich (wieder) eingeführt werden, die deutschen Bestrebungen nach einer Ausweitung der Branchen tatkräftig unterstützt werden. Die Strompreiskompensation ist keine sinnlose Subvention, sondern ein kluges, faires europäisches Standortinstrument und eine wichtige Investition fürs Klima genauso wie für Wertschöpfung und Arbeit im Land. Wirtschaft und Umwelt können darauf nicht verzichten.