Guten Morgen Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
🇦🇹 FMA hält an Regeln der KIM-Verordnung fest. In einem Rundschreiben soll die Finanzmarktaufsicht nach einer Konsultation ein Weiterführen der Regelungen aus der KIM-Verordnung empfehlen. Die Konsultation endete am 17. Juni – ein Entwurf ist bereits online. Die KIM-Verordnung schränkt die Vergabe privater (Immobilien)-Krediten ein und gilt als großer Hemmschuh bei der Schaffung neuen Wohnraums. Sie läuft mit 30. Juni offiziell aus. Die Empfehlung der FMA ist nicht rechtlich bindend, sorgt aber bei Banken, die sich nicht daran halten, für einen massiven Mehraufwand, heißt es von Seiten der ÖVP, die am Mittwoch mit Kritik reagierte. „Das ist eine überbordende Regulierung, zumal kein systemisches Risiko mehr besteht und die Ausfallquoten bei Wohnimmobilienkrediten nach wie vor niedrig sind“, meint auch IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Reaktion. [Quellen: FMA-Rundschreiben Entwurf, FMA-Vorstand Ettl auf LinkedIn, ÖVP I, ÖVP II, IV]
Kommentar: Der Staat darf kein barmherziger Samariter sein
von Martin Rhonheimer

Die Debatte um Einwanderungspolitik unter dem Titel des barmherzigen Samariters oder der christlichen Nächstenliebe zu führen, war von Anfang an ein Irrweg. Aufgabe des Staates ist nicht, Barmherzigkeit zu üben, sondern die öffentlichen Angelegenheiten, die in seine Kompetenz fallen, nach den Maßstäben der Gerechtigkeit zu ordnen. Gerechtigkeit bedarf freilich der Ergänzung durch Nächstenliebe und Barmherzigkeit – das aber eben mit eigenem Geld! Meine Nächstenliebe darf den Steuerzahler nichts kosten, mich selbst aber schon.
Grafik (von Christoph Hofer): Laut aktueller Prognose des Fiskalrats reichen die bisher beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen nicht aus, um den Budgetpfad der Regierung bis 2029 einzuhalten. Eine Lücke von 6,2 Mrd. Euro besteht. Sind bis 2029 Einsparungen in Höhe von 14,6 Mrd. Euro eingeplant, so kommt der Fiskalrat in seiner Rechnung bloß auf reale Einsparungen in Höhe von 8,4 Mrd. Euro. Die Differenz erklärt sich einerseits dadurch, dass der Fiskalrat nur Maßnahmen einberechnen kann, die bereits ausreichend konkretisiert sind. Andererseits schätzt dieser geplante Einsparungen (z. B. jene in der Verwaltung der Ministerien) für zu optimistisch ein. [Quellen: BMF, Fiskalrat]

🇦🇹 Raiffeisen hebt Wachstumsprognose, Österreich bleibe aber „Schlusslicht“. Auch Raiffeisen Research hebt die Wachstumsprognose für Österreich 2025 leicht an und geht nun von einem BIP-Plus von 0,2 % aus. Die Wirtschaftsleistung erreiche aber erst Ende 2027 wieder Vorkrisenniveau. „Das sind mehr als fünf verlorene Jahre für die österreichische Konjunktur“, lautet das Urteil. Trotz eines guten Jahresauftakts bleibe der Ausblick für die Industrie weiterhin verhalten und im Tourismus zeichne sich keine Trendwende ab. Österreich bleibe Wachstumsschlusslicht in der EU und auch in den kommenden 2 Jahren im unteren Teil der Wachstumsstatistik. [Quelle: Raiffeisen Research]
🇦🇹 Inflation im Mai nahezu unverändert bei 3,0 %. Im Mai sind die Verbraucherpreise im Jahresabstand um 3,0 % gestiegen – im April lag die Teuerung noch bei 3,1 %. Der stärkste Inflationstreiber war wieder die Gastronomie. Beim Strom gab es den kräftigsten Preisauftrieb, der Effekt auf die Inflation wurde aber durch Rückgänge bei anderen Energieträgern wie Gas oder Heizöl gedämpft. In der Eurozone lag die Inflation laut Eurostat im Mai im Jahresabstand bei 1,9 % und damit erstmals seit September 2024 unter der EZB-Zielmarke von 2 %. Im April lag die Inflation bei 2,2 %. Dämpfend wirkten die Energiepreise, während Lebensmittel und Dienstleistungen Preistreiber waren. [Quellen: Statistik Austria, Eurostat]
🇦🇹 Doppelbudget für 2025/26 und Pensionspaket beschossen. Am Mittwoch ging im Parlament die mehrtägige Budgetdebatte mit einer Schlussabstimmung zu Ende. Das Doppelbudget 2025/26 wurde mit den Stimmen der Koalitionspartner ÖVP, SPÖ und Neos im Nationalrat beschlossen. Finanzminister Markus Marterbauer geht weiterhin davon aus, dass beim Defizit bereits 2028 wieder die Maastricht-Grenze von 3 % erreicht wird. Der Fiskalrat hat daran zuletzt gezweifelt, wenn jene Maßnahmen berücksichtigt werden, die derzeit bereits konkretisiert sind. Ebenfalls am Mittwoch wurde das Pensionspaket beschlossen. Es umfasst die Teilpension und den Nachhaltigkeitsmechanismus. Bis 2030 soll sich dadurch ein Effekt ergeben, der mit einer Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters um 1 Jahr vergleichbar sei – die Neos bezifferten den Effekt mit knapp 2,5 Mrd. Euro. Der Nachhaltigkeitsmechanismus zwingt die Regierung ab 2030 zu weiteren Reformen, sollten bestimmte Ziele nicht erreicht werden. IV und ÖGB begrüßten die Schritte, forderten aber tiefgehende Strukturreformen (IV) und deutlichere Anreize, Menschen länger im Arbeitsleben zu halten. [Quellen: Parlamentskorrespondenz, Pressekonferenz der Klubobleute, BKA | Reaktionen: IV, ÖGB]
🇦🇹 IV fordert Strukturreformen nach dem Vorbild Dänemarks. Die Industriellenvereinigung erwartet von der Regierung größere Reformschritte bei Pensionen oder Verwaltung. Das Momentum sei jetzt gegeben, da 2 Jahre lang keine Wahlen anstehen. Als Beispiel könne Dänemark dienen, das volkswirtschaftlich eine ähnliche Größe hat, in internationalen Rankings aber zu den Spitzenreitern gehört. Im IMD-Ranking nach Wettbewerbsfähigkeit erreichte Dänemark heuer Platz 4, während Österreich auf Platz 26 liegt. Dänemark hat eine Staatsschuldenquote von 28 %, Österreich von 80 %. Das Pensionsantrittsalter liegt in Dänemark bei 67 Jahren und wird bis 2040 auf 70 Jahre angehoben. Durch konsequente Verwaltungsvereinfachungen habe Dänemark die Staatsausgabenquote von einem sehr hohen Niveau auf 47 % gesenkt, Österreich liegt bei 53 %. Durch Reformen könne in der Verwaltung eine halbe Mrd. Euro eingespart werden. [Quelle: Pressekonferenz, IV]
🇪🇺 Bulgariens Eurozone-Beitritt rückt näher. Die EU-Länder haben gestern für die Aufnahme Bulgariens in die Eurozone gestimmt. Nun müssen noch die Finanzminister der EU-Länder und dann die Staats- und Regierungschefs zustimmen – voraussichtlich Ende Juni. Danach müssen noch dei notwenidgen Rechtsakte verabschiedet werden. Bulgarien kann dann ab 1. Jänner 2026 Teil der Eurozone sein. [Quelle: EU-Rat]
🇪🇺 EU entbürokratisiert CO2-Ausgleich bei Importen. EU-Parlament und EU-Länder einigten sich auf Änderungen des CO2-Grenzausgleichssystems CBAM für CO2-intensive Importe. Pro Importeur sollen Einfuhren von bis zu 50 Tonnen jährlich nicht den Regelungen unterliegen. 90 % der Unternehmen würden dadurch entlastet, aber dennoch 99 % der Emissionen erfasst, sagte der zuständige EU-Kommissar Wopke Hoekstra. [Quelle: EU-Kommission, EU-Parlament]
🇪🇺 EU-Parlament richtet Arbeitsgruppe zu NGO-Förderungen ein. Das EU-Parlament hat gestern für die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Untersuchung der EU-Förderungen für NGOs gestimmt. In den vergangenen Wochen wurde das Thema öffentlich stärker diskutiert, da Medien wie die deutsche „Welt“ Einblicke in Verträge erlangten, die Fördergelder an bestimmte Ziele wie etwa Stimmungsmache gegen das Mercosur-Abkommen knüpfte. [Quellen: Politico, Welt | Kommentar: NGO-Förderung der EU – Linke Agenda auf Steuerzahlerkosten]
🇪🇺 Forschungsausgaben steigen trotz Umsatzeinbußen. Europäische Top-Unternehmen haben 2024 ihre Forschungsausgaben um 5,3 % gesteigert, obwohl sie Umsatzeinbußen von 2 % hatten. 2023 lag die Steigerung noch bei 6,0 %. Die Top 500 weltweit haben ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung 2024 um 6,0 % erhöht, weniger stark als im Jahr davor (11,6 %). Das Wachstum der F&E-Ausgaben von US-Unternehmen hat sich im Vergleich zu 2023 sogar halbiert – von 13,2 auf 6,1 %. Mit voestalpine und Andritz schafften es 2 österreichische Unternehmen unter die Top 500 der höchsten F&E-Ausgaben weltweit. [Quelle: EY]
🇬🇧 🇨🇭 Briten halten Zinsen konstant, Schweiz senkt auf 0,0 %. In Großbritannien lag die Inflation im Mai im Jahresvergleich bei 3,4 % – nur ein geringfügiger Rückgang um 0,1 Prozentpunkte im Monatsabstand und deutlich über dem von der Bank of England angepeilten 2 %. Treiber waren vor allem Dienstleistungen und Energie. Die Londoner Notenbank hielt das Zinsniveau wie erwartet konstant, der geldpolitische Schlüsselsatz bleibt bei 4,25 % – die nächste Sitzung findet Anfang August statt. In der Schweiz hat die Notenbank den Leitzins aufgrund der niedrigen Inflation – im Mai war sie leicht negativ – hingegen um weitere 25 Basispunkte auf 0,0 % gesenkt. [Quellen: ONS, BoE, SNB]
🇺🇸 US-Leitzins unverändert, Wachstumsprognose gesenkt. Die US-Notenbank Fed hat den Leitzins am Mittwoch in der Spanne von 4,25 bis 4,50 % belassen. Seit Dezember ist der Leitzins damit stabil. Gleichzeitig hat die Fed ihre Prognose für die US-Wirtschaft für 2025 von 1,7 % Wachstum auf 1,4 % Wachstum gesenkt. Auch die Prognose für die Inflation wurde mit 3,0 % leicht nach oben korrigiert. [Quelle: Fed I, Fed II]
Selektive Agenda:
Heute, Luxemburg: EU-Ministerrat für Beschäftigung, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz
Heute, Luxemburg: Finanzminister Marterbauer beim EU-Ministerrat für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin)
Selektives Networking:
Jobwechsel und Karriereschritte: Claudia Süssenbacher ist in den Aufsichtsrat der Spanischen Hofreitschule bestellt worden. Wolfgang Kostenzer wird neuer Geschäftsführer von Alpbachtal Tourismus. Sigi Menz ist als Obmann der WKÖ-Bundessparte Industrie, Hannes Dolzer als Obmann der Finanzdienstleister bestätigt worden. Nikolaus Kratzer wird 2027 künstlerischer Direktor der Landesgalerie Niederösterreich. Karin Puleo-Leodolter wurde in Paris einstimmig zur Vorsitzenden des Treffens der europäischen Generaldirektorinnen und Generaldirektoren (EUR/NAT-DGCA) der Internationalen Zivilluftfahrtkonferenz (ICAO) gewählt. Sigi Menz (Obmann), Clemens Malina-Altzinger und Thomas Salzer wurden in ihrer Funktion als Leitungsteam der Bundessparte Industrie der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) bestätigt.
Geburtstage: Wir gratulieren Alexander Schallenberg zum heutigen Geburtstag! Am Samstag haben Hans Peter Doskozil, Robert Menasse und Ruperta Lichtenecker Geburtstag und am Sonntag Klaus Maria Brandauer.
Sehen & gesehen werden:
Heute, Wien: Donauinselfest (bis 22.6.) [Info]
19:00 Uhr, Graz: Eröffnung der Styriarte 2025 in der Helmut-List-Halle [Info]
Samstag, 15:30 Uhr, Wien: Jubiläumsfeier der Sigmund Freud PrivatUniversität anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens u. a. mit Alexander Van der Bellen, Eva-Maria Holzleitner [invite only]