Niki Futter ist Business Angel © beigestellt / Montage: Selektiv
Niki Futter ist Business Angel © beigestellt / Montage: Selektiv
Interview

Startup-Investor: „Alle versuchen, ihr Portfolio zu retten“ 

Niki Futter gehört zu den bekanntesten Business Angels in Österreich. Futter führte 35 Jahre lang das Familienunternehmen Compass-Gruppe gemeinsam mit seinem Bruder, bevor er sich hauptberuflich seinen Startup-Investments widmete und sich auch politisch für Jungunternehmen und Investoren einsetzt, unter anderem als Präsident des Investoren-Netzwerks invest.austria. Im Interview spricht er über das derzeit schwierige Finanzierungsumfeld, den in Österreich unterentwickelten Kapitalmarkt und welche Maßnahmen in Österreich Kapital für (junge) Unternehmen freisetzen würden.

Das Finanzierungsumfeld für Startups ist in Österreich schwieriger geworden. Liegt das vor allem an der schwierigen wirtschaftlichen Situation oder gibt es noch andere Gründe?

Niki Futter: Während der Corona-Zeit hatten wir eine überraschend positive Finanzierungssituation. Das lag auch daran, dass aus dem Startup-Bereich viel Innovation im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Krise gekommen ist. Auch die daraus folgende Inflation war schon im Markt eingepreist. Aber der Überfall Russlands auf die Ukraine hat dann alles zunichte gemacht. Wir sind das dritte Jahr in einer echten Rezession und Österreich hat es geschafft, das schwächste Land in Europa zu werden. Solange dieser Krieg nicht zu Ende ist, wird sich das nicht substanziell verbessern. Die Politik von Donald Trump macht es auch nicht besser, weil sich auch in den USA bei Startup-Finanzierungen Zurückhaltung abzeichnet.

Fließt aus den USA weniger Geld in europäische Startups?

Es herrscht eine grundsätzliche Zurückhaltung. Venture-Fonds, die zum Teil eigentlich überkapitalisiert sind, wissen nicht, wie sie das Geld im Markt unterbringen sollen. Gleichzeitig haben wir täglich Meldungen von Insolvenzen im Startup-Bereich. Das Geld sitzt weniger locker.

Gleichzeitig kommt das Thema Kapitalmarkt im Regierungsprogramm kaum vor. Macht Ihnen das Sorgen?

Wer, wenn nicht der Kapitalmarkt, kann denn für Finanzierung sorgen? Dass das der Staat übernimmt, sehe ich nicht als Perspektive. Ich glaube aber fest daran, dass die EU jetzt massiv in Richtung Kapitalmarktunion zieht und wir mitgehen müssen. Es besteht sonst die Gefahr, dass sich der Kapitalmarkt noch stärker aus Österreich verabschiedet. Ein echtes Public Offering hatten wir an der Wiener Börse auch seit einigen Jahren nicht mehr. Wenn A1 die technische Infrastruktur an die Börse bringt, ist das kein IPO, wie man ihn sich vorstellt.

Für Startups ist das in Österreich ohnehin kein Thema.

Die Wiener Börse wirbt für Startups im dritten Segment. Damit schafft man sich aber auch einen großen Overhead an, auch wenn die Prospektpflichten eingeschränkt sind.

Ökonomen fordern seit langem eine umfassende Pensionsreform – auch mit einer Stärkung der 2. und 3. Säule. Könnten Pensionskassen die Finanzierungssituation von Startups in Österreich verbessern?

Nicht im Sinne einer direkten Finanzierung – Pensionskassen verwalten Milliardenvermögen, die gehen nicht mit 500.000 Euro in ein Startup. Die Lösung dafür ist der Dachfonds, den wir seit Jahren fordern und der sich auch im Regierungsprogramm findet. Ich bin zuversichtlich, dass wir es diesmal tatsächlich schaffen.

Wessen Geld hebelt ein solcher Dachfonds?

Es geht nicht um einen Staatsfonds wie in Norwegen, sondern um ein Fund-of-Fund-Konzept. Das gibt es bereits in fast allen europäischen Ländern und wird vom Europäischen Investment Fund massiv unterstützt und gefördert. Ein solcher Fonds soll und darf nur in andere Fonds investieren – damit sind nicht nur Venture-Fonds gemeint, sondern auch Private-Equity-Fonds. Wir haben ja auch ein Riesenproblem mit der Nachfolge im industriellen Mittelstand in Österreich. Das ist eine der Säulen der heimischen Wirtschaft – es geht um Tausende an Arbeitsplätzen, um viel Wertschöpfung und viel Know-how und IP. Ich sehe Private-Equity-Fonds in diesem Bereich als große Chance, Übernahmen, Restrukturierungen und Konsolidierungen zu finanzieren. Wenn man das auch über den Dachfonds finanzieren will, braucht man aber ein gewisses Volumen. Deshalb muss der Dachfonds mit mindestens 500 Millionen Euro ausgestattet sein. Dieser Fonds wäre dann auch eine attraktive Option für risikoaverses Kapital wie Pensionskassen, Pensionsversicherungen, Banken, Family Offices, Stiftungen. Wenn wir das nicht haben, finanzieren wir die Fonds in anderen Ländern. Es gibt keine Beispiele, in denen Dachfonds wirklich abgestürzt wären – die durchschnittliche Performance liegt typischerweise zwischen 8 und 10 Prozent.

„Wir haben ein Riesenproblem mit der Nachfolge im industriellen Mittelstand in Österreich.“

Niki Futter

Woher soll das Basiskapital des Dachfonds kommen?

In Deutschland hat der Dachfonds binnen kürzester Zeit aus den genannten Kapitalgebern mehr als eine Milliarde Euro aufgestellt. Wir brauchen aber ein Cornerstone-Investment, das zumindest aus dem Umfeld der öffentlichen Hand kommt. Nicht direkt aus dem Budget – das ist derzeit unrealistisch, auch wenn das Geld schnell zurück käme. Aber es könnte zum Beispiel die ÖBAG einen Teil ihrer Dividenden – wir reden hier von 30 bis 50 Mio. Euro – verteilt über zwei bis drei Jahre in den Dachfonds investieren. Die ÖBAG war auch im Gespräch, den Dachfonds zu betreiben, ich bin da aber skeptisch.

Wann rechnen Sie mit dem Dachfonds?

Mein klares Ziel ist, dass wir 2026 starten können. Derzeit gibt es eine Arbeitsgruppe im Wirtschaftsministerium, in der wir mit invest.austria auch die treibende Kraft sind.

Wie entwickelt sich Corporate Venture Capital derzeit – eine Zeit lang haben große Unternehmen in Österreich ihre Aktivitäten verstärkt.

Da ist eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Smartworks gibt es nicht mehr, Uniqa Ventures auch nicht. Auf der anderen Seite ist zum Beispiel der Verbund sehr aktiv. Ich wurde auch schon gefragt, ob auch CVCs für ein Investment durch den Dachfonds in Frage kommen. Das wäre durchaus eine Möglichkeit, vor allem dann, wenn ein Corporate-Venture-Fonds nicht nur ins eigene Unternehmen hineinwirkt, sondern breiter und unabhängiger gedacht ist.

Österreich ist bekannt für sein ausgeprägtes Förderwesen, das Startups vor allem in der Frühphase anschiebt. Alle Förderungen sind nun auf dem Prüfstand für Einsparpotenziale – könnte das auch Startup-Förderungen treffen?

Die Startup-Förderungen sind in Österreich sehr positiv und haben viel bewirkt. An der einen oder anderen Stelle kann man sicher etwas aufräumen, vor allem wenn es um Parallel-Programme geht. Kürzungen sehe ich aber problematisch gerade für die Frühphase von DeepTech-Startups oder bei Biotech – ohne Förderungen wird es da schwierig, etwas vom Boden zu bringen, weil uns dafür das Kapital fehlt. Abwanderungen schon in der Frühphase können nicht das Ziel sein.

„Ohne Förderungen wird es schwierig, etwas vom Boden zu bringen, weil uns dafür das Kapital fehlt. Abwanderungen schon in der Frühphase können nicht das Ziel sein.“

Niki Futter

Welche Maßnahmen könnten die Finanzierungssituation von Startups noch verbessern?

Für invest.austria gibt es zwei Maßnahmen, die ganz unmittelbar Auswirkungen hätten. Das eine ist der Investitionsfreibetrag, der es leider nicht ins Regierungsprogramm geschafft hat. Dieses Modell ist in UK und Deutschland super erfolgreich und in vielen anderen Ländern gibt es ähnliche Strukturen. Im Wesentlichen geht es darum, dass Investoren einen Teil ihrer Steuerlast verringern können, wenn sie in Startups investieren. Das können natürlich nur Menschen in Anspruch nehmen, die eine sehr hohe Steuerlast haben. Aber was ist denn die Alternative? Wenn es nicht in Startups investiert wird, fließt dieses Geld in Immobilien und Konsum. Wer, wenn nicht die, die Geld haben, sollen die Wirtschaft finanzieren? Der Investitionsfreibetrag würde in Österreich einiges an Kapital freisetzen. Ich glaube schon, dass der Finanzminister dafür offen sein könnte – er muss ja nichts bezahlen und wahrscheinlich geht es um eher geringe Mindereinnahmen und das Geld kommt direkt dort an, wo es hinsoll, nämlich bei den jungen Unternehmen. Sollten Förderungen gekürzt werden, wäre das eine blitzgescheite Maßnahme zur Abfederung.

Und die zweite Maßnahme?

Der Verlustausgleich. Als natürliche Person hatte ich in den letzten zwei Jahren vier Abschreibungen und es ist nichts zurückgekommen, ich kann aber nur im selben Jahr ausgleichen. Hilfreich wäre, wenn man diesen Verlustausgleich drei, besser fünf Jahre lang mitnehmen könnte.

In wie viele Startups sind Sie derzeit investiert?

In ungefähr 12. Vergangenes Jahr habe ich außerdem mit Angels United ein Konsortium aus Business Angels mitgegründet – mit meinem Bruder Hermann Futter, Karl Büche und Markus Ertler. Die Angels United sind auch Teil eines aws-Programms, das unsere Investments verdoppelt, was es besonders attraktiv macht. Gerade, weil derzeit viele Business Angels on hold sind – alle versuchen, ihr Portfolio zu retten.