GBV-Vorstand Michael Gehbauer © Lendl – Montage: Selektiv
GBV-Vorstand Michael Gehbauer © Lendl – Montage: Selektiv
Interview

Mietpreisdeckel: „2.000 Wohnungen weniger“

Michael Gehbauer ist seit Mai Vorstand des österreichischen Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV). Besonders die gemeinnützigen Bauträger wurden durch den Mietpreisdeckel stark getroffen. „Dadurch können wir insgesamt 2.000 Wohnungen weniger bauen“, kritisiert Gehbauer im Selektiv-Interview. Die Baubranche sieht er an einem Tiefpunkt angekommen, von dem es ab jetzt eigentlich nur mehr aufwärts gehen kann – aber „einen Anreiz für Investitionen stellt die Mietpreisbremse sicher nicht dar“, so Gehbauer.

Ist die Mietpreisbremse eine Wohnbaubremse?

Michael Gehbauer: Die Mietpreisbremse hat im gemeinnützigen Bereich zu ganz wesentlichen Einbußen geführt, sowohl beim Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag als auch bei der WGG-Grundmiete. Pro Jahr sind uns hier 150 Mio. Euro für Sanierungen entgangen und eine ähnliche Größenordnung aus den Grundmieten. Dadurch wurden uns Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten erschwert und Mittel für Neubauprojekte haben uns gefehlt. Die WGG-Grundmiete beträgt 2,05 Euro pro Quadratmeter – die niedrigste Miete zu deckeln, die das österreichische Wohnrecht kennt, ist natürlich nicht sonderlich inflationsmindernd. Vielleicht passiert das jetzt mit dem Mechanismus im ungeregelten Bereich, wo in Zukunft eine über 3 % liegende Inflation nur mehr zur Hälfte weitergegeben werden darf.

Wie viele Wohnungen werden durch die drei gedeckelten Jahre (2025: 0 %, 2026: 1 %, 2027: 2 %) im gemeinnützigen Bereich weniger gebaut werden können?

Diese Deckelung führt dazu, dass wir in diesen drei Jahren insgesamt 2.000 Wohnungen weniger bauen können.

Welches Ausmaß hat der Sanierungsrückstau angenommen?

Nachdem wir kostendeckende Mieten einnehmen, gibt es keine Rücklagen für Reparaturen und Sanierungen. Daher heben wir einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag ein. Wenn man diesen nicht wertsichern darf, aber gleichzeitig Instandhaltungsmaßnahmen teurer werden, ergibt sich eine Schere, die langfristig die Instandhaltung erschwert. Erfreulicherweise sind wir hier nach langer Zeit bei der Politik auf Resonanz gestoßen und konnten eine Ausnahme erwirken.

Leider ist aber in der Zwischenzeit ein beträchtlicher Rückstau entstanden. Wir gehen davon aus, dass es in drei Jahren insgesamt 780 Mio. Euro waren. Diese 780 Mio. Euro wären direkt als Aufträge in die Bauwirtschaft geflossen und fehlen jetzt natürlich.

Im ungeregelten Bereich fällt der Preiseingriff weniger stark aus, welche Entwicklung würden Sie hier erwarten?

Dadurch, dass dort kein fixer Deckel eingezogen wird sondern der Mechanismus die Wertsicherung erst ab 3 % begrenzt, werden die Auswirkungen nicht so dramatisch wie bei den Gemeinnützigen sein. Aber auch dort wird es Auswirkungen geben – einen Anreiz für Investitionen stellt die Mietpreisbremse sicher nicht dar.

Wir haben mittlerweile einen Tiefpunkt erreicht, von dem es eigentlich nur wieder in die Höhe gehen kann.

Michael Gehbauer

Laut KSV1870 steht der Immobiliensektor weiterhin „massiv unter Druck“, besonders Projektentwickler sind in einer „brenzligen Lage“ – wie schätzen Sie die Gesundheit der Baubranche ein, ist ein Ende der Pleitewelle abzusehen?

Der Mietpreisdeckel wird sich für die Unternehmen sicherlich teilweise nachteilig auswirken. In Wirklichkeit hatten die Veränderungen im Bereich der Finanzierungsmöglichkeiten – Zinsen, KIM-Verordnung, Teuerung – aber wesentlich dramatischere Auswirkungen auf den Rückgang der Bautätigkeit von privaten Immobilienunternehmen und teilweise auch auf den Bestand dieser Unternehmen.

Was erwarten Sie also für die weitere Entwicklung am Bau im Hinblick auf einerseits gesunkene Zinsen, andererseits eben dieser Markteingriffe?

Wir haben mittlerweile einen Tiefpunkt erreicht, von dem es eigentlich nur wieder in die Höhe gehen kann. Wir hoffen also, dass die Talsohle durchschritten ist und es in den nächsten Jahren wieder zu einer verstärkten Bautätigkeit kommen wird.

Im Regierungsprogramm gäbe es viele positive Ansätze, die die Bautätigkeit ankurbeln könnten und wir würden uns hierzu möglichst bald Gespräche wünschen. Grundstücke im Besitz der öffentlichen Hand sollten für den geförderten Wohnbau zur Verfügung gestellt werden – aber auch über eine entsprechende Umwidmung könnten viele Grundstücke für den Wohnbau mobilisiert werden.