Auch die besten Fachkräfte kommen und gehen

26. März 2025Lesezeit: 3 Min.
Kommentar von Markus Hengstschläger

Der Genetiker Markus Hengstschläger ist Leiter des Instituts für Medizinische Genetik und Organisationseinheitsleiter des Zentrums für Pathobiochemie und Genetik an der Medizinischen Universität Wien und u.a. auch stellvertretender Vorsitzender der österreichischen Bioethikkommission, Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft für Forschungsförderung Niederösterreich, Kuratoriumsmitglied des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds und Gründer und Leiter des Symposiums „Impact Lech“.

Getrieben von dem Wunsch nach besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen machen sich viele Menschen auf den Weg in ein anderes Land und stellen damit Staaten und Regierungen vor Herausforderungen. Darüber wird aktuell auch in Österreich sehr viel diskutiert und gestritten. Ein Spezialaspekt gewinnt dabei gerade immer mehr an Bedeutung: Was in der Wissenschaft gefühlt schon immer der Fall war, gilt mittlerweile mehr oder weniger für alle Branchen auf dem Arbeitsmarkt – auch hochqualifizierter Fachkräfte denken und arbeiten global.

Gerade hat das Erwin-Schrödinger-Stipendium des österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung sein 40-jähriges Bestehen gefeiert. Wer für seinen Forschungsantrag dieses Stipendium bekommt kann sich damit seine Mitarbeit an einer ausländischen Forschungsstätte finanzieren. Bei mir war es die Yale University in den USA. Nicht nur in der Genetik waren damals Topuniversitäten in den USA der „place to be“. Auch wenn mittlerweile im Life Science-Bereich US-Kolleginnen und -Kollegen nach Österreich kommen, um zu arbeiten, haben gerade private Universitäten in den USA nichts an Attraktivität für Talente aus der ganzen Welt eingebüßt. Ganz aktuelle Entwicklungen zeigen allerdings auch, dass die Faktoren, die Talente dazu bewegen, Karrierechancen im Ausland zu suchen, ganz unterschiedlicher Natur sind und sich auch rasch ändern können.

Donald Trumps Pläne für die Wissenschaft in den USA reichen von radikalen Kürzungen finanzieller Mittel, über Einschränkungen der Forschungsfreiheit bis hin zu Entlassungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Schon seit vielen Jahren ist China auf dem besten Weg den USA den führenden Rang in bestimmten Forschungszweigen abzulaufen. Die Effekte der Politik von Donald Trump scheinen beste Voraussetzungen für eine der vielen Strategien, die China schon seit langem dabei verfolgt, zu schaffen – die Abwerbung von in den USA ausgebildeten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Monika Schnitzer, die Vorsitzende der deutschen Wirtschaftsweisen (korrekt: des Sachverständigenrats der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) beschreibt in einem aktuellen Interview im Magazin „Der Spiegel“, dass man für KI-Forschung einerseits Geld und umsichtige nicht-erstickende Regulierungen benötig: „Und es braucht Know-how, für das wir übrigens auch US-Wissenschaftler anwerben könnten. Denn für die ist es eine Katastrophe, was unter Trump gerade passiert.“
Wie auch immer sich die Situation in den USA weiterentwickelt eines steht fest: Länder und Unternehmen, die sich in Zeiten von Fachkräftemangel, detailliert mit der Frage beschäftigen warum jemand wo hingeht um zu arbeiten, werden im globalen „War for talents“ die Nase vorne haben. Das gilt ganz besonders in diesen Zeiten vieler Umbrüche.

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