Die Bewährungsprobe der Fed

21. März 2025Lesezeit: 4 Min.
Kommentar von Heike Lehner

Heike Lehner ist freiberufliche Ökonomin und Generalsekretärin der Aktion Generationengerechtigkeit. Ihre Spezialgebiete liegen im Bereich der Geldpolitik und Finanzwirtschaft, wozu sie aktuell ebenso promoviert.

„Wir haben es nicht eilig“, betonte Jerome Powell, Chef der US Notenbank Federal Reserve (Fed), bei der Verkündung des Ergebnisses des letzten Fed-Meetings mehrmals. Die Zinsen wurden wie erwartet nicht gesenkt. Zu groß sei die Unsicherheit darüber, wie es nun weitergeht. Während die Zentralbankprognosen für Wachstum gesunken und für Inflation gestiegen sind, bleibt die Fed genau da, wo sie ist.

Dabei ist der Elefant im Raum seit Monaten immer derselbe: Zölle. Die Inflationseffekte dieser sind noch offen. Aktuell geht die Fed noch davon aus, dass der Inflationseffekt nur vorübergehend sein wird – und somit die Fed durch den Effekt „durchschauen“ kann und die Zinsen nicht anpassen muss. Sie möchte das Problem aussitzen. Es scheint wie ein Déjà-Vu zu den Jahren nach der Pandemie, wo Zentralbanken vielerorts den Inflationsanstieg als „temporär“ abgetan haben. Die Fed hat jetzt allerdings die einzigartige Chance zu zeigen, was die Zentralbanken gelernt haben. Nämlich, dass sie mit diesem Inflationsanstieg nicht leichtfertig umgeht.

Für die Europäische Zentralbank (EZB) ist dies ebenfalls relevant. Auch wenn sie sich gerne so eigenständig gibt, folgt sie der Fed meist wie ein Schatten. Macht die Fed jetzt wieder denselben Fehler, können wir uns für die kommenden Jahre warm anziehen. Denn auch die Zukunft kann etwa wegen steigender Preisen durch den Klimawandel oder geopolitischer Spannungen herausfordernd werden. Die Bewährungsprobe hat begonnen.

Dass die Lage nach der hohen Inflation in den vergangenen Jahren eine andere ist als noch vor der Pandemie, ist jedem bewusst. Erste Umfragen zeigen, dass die Konsumstimmung der Haushalte eingetrübt ist und diese langfristig eine immer höhere Inflation erwarten. Das Problem? Ohne langfristige Inflationserwartungen, die rund um das Inflationsziel der Fed schwanken, kann sie ihre aktuelle Herangehensweise, den einmaligen Inflationsanstieg zu ignorieren, vergessen. Denn die Idee ist ja gerade, dass die Inflation bei einem einmaligen Anstieg rasch wieder zurück geht, eben weil die Konsumenten mit dieser niedrigen Inflation weiterhin rechnen. Wenn sie das nicht tun, kommt es leichter zu Zweitrundeneffekten. Dann werden auch Löhne und Gehälter stärker ansteigen, was die Inflation wiederum befeuern wird. Lohn-Preis-Spirale – wir kennen das Spiel.

Inflation ist und bleibt ein Schreckgespenst.

Powell hat diese eine Statistik zu erhöhten langfristigen Inflationserwartungen bei der Pressekonferenz damit abgetan, dass sie ein Ausreißer gewesen sei. Schön wär’s – es wird sich weisen, ob das tatsächlich der Fall bleibt. Aber wir befinden uns in einem gänzlich anderen Umfeld als noch vor ein paar Jahren. Die Inflation ist weiterhin erhöht und den Bürgern steckt der Schock der letzten Jahre noch in den Knochen. Viele sind in den vergangenen Jahren Inflationsexperten geworden und beobachten die Entwicklungen viel stärker als in den Jahren zuvor. Unternehmen passen bei erhöhter Inflation die Preise öfter und schneller an – und die Arbeitnehmer wollen schneller höhere Löhne. Eine Fed, die nicht vorsichtig genug ist, gießt nur weiter Öl ins Feuer. Die Bürger sind nun sensibilisiert, Inflation ist und bleibt ein Schreckgespenst.

Auch die politische Realität ist eine andere im Vergleich zur ersten Amtszeit Trumps. Es gibt diesmal deutlich größere Unsicherheiten, die auch die Notenbank spürt: Das Weiße Haus handelt nun offensiver, risikofreudiger – und nimmt dafür höhere Inflation und schwächeres Wachstum bewusst in Kauf. Das Schreckenswort „Stagflation“ ist mittlerweile in aller Munde.

Ein Tipp aus der Eurozone, die mit eben dieser Stagflation mittlerweile so ihre Erfahrungen gesammelt hat: Augen zu und auf die Lösung hoffen ist keine Strategie. Das Mandat der Fed, die nicht nur auf Preisstabilität wie die EZB, sondern auch auf Arbeitslosigkeit achten muss, macht es ihr nicht leicht. Doch wenn Fed-Chef Powell jetzt zu lange zögert, steht er bald vor einem viel härteren Dilemma: hohe Inflation, steigende Arbeitslosigkeit – und der Verlust der eigenen Glaubwürdigkeit.

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