Drei große Überraschungen aus und in der SPÖ

7. Oktober 2025Lesezeit: 3 Min.
Kommentar von Rainer Nowak

Rainer Nowak ist CEO der Tageszeitung „Die Presse“. Zuvor war er Journalist und Ressortleiter für Wirtschaft und Politik bei der „Kronen Zeitung“ und davor Chefredakteur, Herausgeber und Geschäftsführer der Tageszeitung „Die Presse“.

Michael Ludwig flog sehr lange unter dem Radar. Kaum ein Innenpolitik-Journalist rechnete noch vor wenigen Jahren mit der steilen Karriere des Floridsdorfers. Selbst als er gegen Andreas Schieder in den Ring um den Bürgermeistersessel stieg, räumte ihm die veröffentliche Meinung wenig Chancen ein. Er gewann das Duell natürlich, führt die Stadt seither mit ruhiger Hand und wenig Faust, die vergangene Gemeinderatswahl gewann er souverän. Nun überlegen der Wiener Bürgermeister und sein sehr kleines Team einen ultimativen letzten großen Karrieresprung: Michael Ludwig lässt per Umfragen abtesten, ob und wie eine Kandidatur als Bundespräsidentschaftskandidat Sinn machen würde.

Er wäre nicht der erste Wiener Bürgermeister, der in die Hofburg einziehen würde. Theodor Körner war das in der Nachkriegszeit gelungen. Helmut Zilk galt als logischer Kandidat für das Amt, wurde ständig danach gefragt, bis er es mittels Notariatsakt genervt ausschloss. Und nun Michael Ludwig? Er würde 2028 schon wollen, meint man im Rathaus. Allerdings gilt er als besonders risikoavers. Nach dem persönlichen Desaster vom mittlerweile verstorbenen Sozialminister Rudolf Hundstorfer scheuen nicht wenige Spitzenpolitiker diesen Wahlkampf. Wie ÖVP-Mann Andreas Khol war Hundstorfer gegen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen untergegangen. Bei Ludwigs Umfragen wird vor allem der immer stärker werdende Stadt-Land-Unterschied wichtig: Kann Ludwig außerhalb der Stadtgrenzen überhaupt punkten? Einen nicht zu unterschätzenden Vorteil hat Ludwig dort: Im Gegensatz zu jedem Regierungspolitiker der vergangenen Jahre kann Ludwig eine fast weiße Covid19-Weste vorweisen. Es war ihm immer geschickt gelungen, weniger hysterisch bis beinhart auf jede Entwicklung des Virusgeschehens zu reagieren. Sein Wiener Weg gefiel vielen.

Im Gegensatz zu jedem Regierungspolitiker der vergangenen Jahre kann Ludwig eine fast weiße Covid19-Weste vorweisen.

Rainer Nowak

Ob er antritt oder nicht hängt auch von der ÖVP ab: Verzichtet die Partei auf einen starken oder vielleicht sogar eigenen Kandidaten, stehen Ludwigs Chancen wesentlich besser. Und: Ludwigs Entscheidung hängt auch von der FPÖ ab. Herbert Kickl spricht von einem Joker als Kandidaten, wer das sein kann, ist noch nicht klar. Norbert Hofer gilt nicht als Kickl-Wahl, mit einer eigenen Kandidatur kokettiert Kickl schlimmsten- oder bestenfalls. Viele Überlegungen für einen langen Entscheidungsprozess im Bürgermeister-Büro-Saal.

Einer, der wenig Einfluss darauf hat, heißt Andreas Babler, den schon viele abgeschrieben hatten. Als Vizekanzler verblüfft er diese Tage immer wieder die Koalitionspartner: Ausgerechnet der Links-außen-SPÖ-Chef ist neben Kanzler Christian Stocker der wichtigste Stabilitätsanker im Regierungsteam. Sagen ÖVP-Minister. Könnte also doch noch irgendwann schwierig für Babler in der SPÖ werden…

Ausgerechnet der Links-außen-SPÖ-Chef ist neben Kanzler Christian Stocker der wichtigste Stabilitätsanker im Regierungsteam. Sagen ÖVP-Minister.

Rainer Nowak

Georg Dornauer hat das Gröbste hinter sich: Er provozierte seine Landespartei gekonnt bis zum Parteiausschluss. Wofür ein offener Porsche als Waffenkammer, die spezielle Damenwahl und der Jagdausflug mit René Benko nicht reichten, gelang mit einem Initiativantrag gegen den Koalitionsfrieden in Innsbruck und für die Millionenzahlung des landeseigenen Energieversorgers an die Verbraucher. Dornauer ist raus. Als wilder Abgeordneter plant er nun die Gründung einer eigenen Liste für die Landtagswahl. Solche wilden Listen gehören seit Andreas Hofer in Tirol dazu und sorgen für demokratiepolitische Unterhaltung. Wie so vieles in Österreich. 

Meistgelesene Artikel