In sozialistischen Luftschlössern kann man nicht wohnen

18. September 2025Lesezeit: 3 Min.
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Kommentar von Sara Grasel

Sara Grasel ist Chefredakteurin von Selektiv. Sie ist seit fast 20 Jahren Wirtschaftsjournalistin mit Stationen bei „Die Presse“, Trending Topics und brutkasten. Zuletzt war sie Chefredakteurin der Magazine der Industriellenvereinigung.

Sind die wirtschaftsliberalen Kräfte in der Regierung so machtlos, dass sie jetzt jedes sozialistische Luftschloss durchwinken müssen? „Unser Problem ist nicht, dass es zu wenige Wohnungen gibt. Unser Problem ist, dass es zu wenig leistbare Wohnungen gibt“, sagt Finanzminister Markus Marterbauer im Interview mit Selektiv. Und zack: Wenige Tage später ziehen SPÖ, ÖVP und Neos völlig falsche Schlüsse aus diesem kurzsichtigen Befund. 

Die Mietpreisbremse wird nicht dafür sorgen, dass es mehr günstige Wohnungen gibt, sondern dafür, dass Wohnraum knapper wird und dann in weiterer Folge teurer – das hat Berlin schmerzlich vorgelebt, wo ein gut gemeinter Markteingriff die Situation noch schlimmer gemacht hat. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat ausgerechnet, dass ein deutschlandweites Ausrollen dieses Negativbeispiels das Angebot an Mietwohnungen um 60 Prozent reduzieren würde. Weitere Folgen des Mietendeckels: Es wird nicht in den Bestand investiert und der Zustand von Mietwohnungen verschlechtert sich stark. Erste Vorboten davon kündigen sich bereits auch in Österreich an. So warnen die gemeinnützigen Bauträger vor einem Sanierungsrückstand in den kommenden Jahren allein aufgrund der bereits umgesetzten Preisdeckel. Am Rande sei noch darauf hingewiesen, dass der radikale Abbau sozialistischer Bremsen am Wohnungsmarkt durch Milei in Argentinien das Angebot von Mietwohnungen verdoppelt hat. 

Die Mietpreisbremse wird nicht dafür sorgen, dass es mehr günstige Wohnungen gibt, sondern dafür, dass Wohnraum knapper wird.

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Auch eine weitere Rechnung wird nicht aufgehen – als Maßnahme gegen die Teuerung taugt die Mietpreisbremse gar nicht. Die Mieten sind kein Inflationstreiber. Wie Matthias Reith hier schon richtig ausgeführt hat: „Mieten haben zuletzt zur Inflation nur mit 0,2 Prozent beigetragen“. Da müsste man schon dickere Bretter bohren. Ob die Gewerkschaft bei den Lohnverhandlungen – egal ob im öffentlichen Dienst oder im privaten Bereich – einen ebenso engagierten Kampf gegen die Inflation führen wird, kann man wohl bezweifeln.

So wird also mit der Mietpreisbremse keines der (angeblichen) Probleme gelöst. Dafür werden Investoren verunsichert, was noch selten zu einem größeren und günstigeren Angebot geführt hat. 

Schon klar, dass diese bittere Showpolitik auf das Konto der SPÖ einzahlt. Doch welches wirtschaftsfreundliche Ass haben ÖVP und Neos im Abtausch dafür zugestanden bekommen? Während es für den drohenden Scherbenhaufen, den Preisbremsen hinterlassen, offenbar keine Ausgleichsmaßnahmen geben muss, zeigt sich der Finanzminister bei standortpolitischen Sinnhaftigkeiten wie einer Lohnnebenkostensenkung nur gesprächsbereit, wenn er dafür eine Erhöhung der Körperschaftssteuer, eine Erbschaftsteuer und die Rückkehr der Kalten Progression bekommt, wie er in den OÖ-Nachrichten sagt. In ein paar Jahren werden wir feststellen, dass man in sozialistischen Luftschlössern nicht wohnen kann und neue Steuern keine Arbeitsplätze schaffen.

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