Wie die Merz-CDU die Stocker-ÖVP rettet

Rainer Nowak ist österreichischer Journalist und Ressortleiter für Wirtschaft und Politik bei der „Kronen Zeitung“. Zuvor war Nowak Chefredakteur, Herausgeber und Geschäftsführer der Tageszeitung „Die Presse“.
Die Lage ist hoffnungslos, aber dank Deutschland nicht ernst. Wie war das schnell noch? In Österreich versuchte die ÖVP mit Karl Nehammer entgegen allen Umfrageprognosen Platz eins zu holen und dann eine Koalition ohne FPÖ zu bilden. In Deutschland plante deren Großschwesterpartei CDU allen Umfragen folgend Platz eins zu realisieren und dann mit der geschlagenen SPD eine Koalition zu bilden.
Die ÖVP scheiterte, die FPÖ, eine AfD mit Messer und Gabel, aber auch mit viel Schmiss, gewann. Die Koalitionsverhandlungen mit den anderen Parteien scheiterten zwei Mal, einmal mit SPÖ und Liberalen, einmal mit der FPÖ, beim dritten Anlauf ging es dann doch mit der Austro-Ampel. Irgendwie.
Die CDU gewann hingegen klar, die SPD wurde pulverisiert, die AfD, eine FPÖ ohne demokratische Vergangenheit, legte stark zu. Ein dritter Koalitionspartner war nicht nötig. Die GroKo mini ist im Werden.
Logisch, dass der über Nacht eingewechselte Christian Stocker in Österreich wenig inhaltlich erreichte und mit Andreas Babler und dessen neuem Finanzminister Markus Marterbauer wie einst Erhard Busek die Internationale intonieren musste. Friedrich Merz hingegen kann den Ton angeben und die Konkursmasse-SPD zur Regierungsbank führen.
Doch halt! Merz kann offenbar als Verhandler wenig bis nichts. Lars Klingbeil und Boris Pistorius toppen Ministerpoker-Genie Andreas Babler und zeigen, wie man einen Wahlsieger vorführen kann.
Stimmt, der große Wurf für Industrie und Wirtschaft fehlt auch in Österreich. Das Diktat der leeren Kassen war Autor des hiesigen Regierungsprogramms. Notwendige Steuersenkungen und Investitionsanreize kommen erst in zwei Jahren. Deutschland will hingegen, zwecks Zustimmung zum 500 Milliarden Euro Infrastruktur-Sondertopf (?), Sozialleistungen etwa beim Kindergeld oder Pendlerpauschale erhöhen. Das ist aber erst der Anfang. Immerhin soll die Stromsteuer gesenkt werden. (Wien glaubt hingegen, Strom oder Energie werden günstiger, wenn man sie besteuert.)
Soll also heißen: Christian Stocker kann sich trösten, dass ein CDU-Wahlsieger genauso von den Sozialdemokraten über den Tisch gezogen wird wie eine geprügelte ÖVP. Aber: Für (Mittel)europas Industrie, Wirtschaft und Budgets sind das aus beiden Ländern nicht sehr gute Nachrichten.