Guten Morgen Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank, Sara Grasel und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
„Eher Staatswirtschaft als Marktwirtschaft“. Das Budgetdefizit lag in Österreich 2024 bei 4,7 Prozent des BIP (22,5 Mrd. Euro) und damit deutlich über den vergangene Woche prognostizierten 4,1 Prozent. 8 Mrd. Euro hätten vergangenes Jahr eingespart werden müssen, um die Maastricht-Grenze von 3 Prozent erreichen zu können, sagte Statistik-Austria-Direktor Tobias Thomas gestern. Alle anderen 8 EU-Länder mit einem Defizit in dieser Größenordnung waren vergangenes Jahr bereits in einem EU-Defizitverfahren. Neben der Rezession seien auch die Entwicklung bei den Einnahmen und Ausgaben wichtige Faktoren. Die Einnahmen sind um 4,9 Prozent auf 248,8 Mrd. Euro gestiegen. Treiber waren vor allem die hohen Lohnabschlüsse und daraus resultierend die Steigerungen bei Sozialbeiträgen (+7,9 Prozent) und Lohnsteuer (+8,3 Prozent). Die Ausgaben sind 2024 um 8,8 Prozent auf 271,3 Mrd. Euro gestiegen v.a. durch die Gehaltsabschlüsse im öffentlichen Dienst (Personalaufwand +10,0 Prozent), Pensionen (Sozialausgaben +10,6 Prozent) und Subventionen (+11,3 Prozent). „In Österreich herrschte 2024 eher Staatswirtschaft als Marktwirtschaft“, so Thomas. Finanzminister Markus Marterbauer betonte, das Ziel sei, die Staatsfinanzen wieder in Ordnung zu bringen, aber am vereinbarten Konsolidierungskurs festzuhalten. Es sei wichtig, die Konjunktur nicht durch neue Steuern zu belasten. [Quellen: Pressekonferenz, Statistik Austria, Statistik Austria Präsentation, BMF]
Kommentar: War Jesus ein Kapitalist?
von Gerhard Jelinek

War Jesus Christus, jener charismatische Prediger und jüdische Reformator, ein Kapitalist oder doch ein radikaler Vorläufer des Sozialismus des 19. Jahrhunderts? Und wie halten es die Amtsträger der katholischen Kirche heute mit Eigentum, Marktwirtschaft, Steuerlast und sozialen Fragen?
Grafik (von Christoph Hofer): Kärnten ist das gemessen an der Bevölkerungszahl am höchsten verschuldete Bundesland Österreichs. 2024 kamen auf jeden Kärntner 7.697 Euro Schulden (Land + Gemeinden). Am anderen Ende befindet sich Tirol mit kumuliert 3.045 Euro Pro-Kopf-Verschuldung. Den stärksten Anstieg der Verschuldung verzeichneten Salzburg (+26,8 Prozent), Vorarlberg (+17 Prozent) und Wien (+14,9 Prozent). Vorarlberger (2.556 Euro) und Steirische (2.459 Euro) Gemeindekassen sind am stärksten belastet, Kärntner (617 Euro) und Salzburger (690 Euro) am geringsten. Während die Neuverschuldung des Gemeindesektors ohne Wien leicht rückläufig war (2023: -993,9 Mio. Euro; 2024: -952,3 Mio. Euro) stieg jene der Länder deutlich. [Quellen: Statistik Austria I, Statistik Austria II, Statistik Austria Präsentation, Die Presse]

Erste Sparmaßnahmen in Kraft. Mit heute treten die ersten Sparmaßnahmen der Regierung in Kraft. U.a. die erhöhte Bankenabgabe, der verlängerte Energiekrisenbeitrag Strom, den Energieunternehmen leisten müssen, die Einhebung der motorbezogenen Versicherungssteuer für E-Autos, die Abschaffung der Mehrwertsteuer-Befreiung für PV-Anlagen, die Erhöhungen von Gerichtsgebühren sowie der Tabaksteuer und der Wettgebühr. Die Bildungskarenz ist ausgelaufen, die letzten, bereits vereinbarten, Bildungskarenzen werden mit 31. Mai angetreten. Der Spitzensteuersatz von 55 Prozent wird bis 2029 verlänngert. Die Mietpreisbremse greift – ohne sie wären die Altbau-Mieten im April gestiegen. [Quelle: Parlamentskorrespondenz I, Parlamentskorrespondenz II]
Sparquote steigt weiter. Die Sparquote ist im Jahr 2024 auf 11,7 Prozent gestiegen, insgesamt wurden 33,7 Mrd. Euro angespart. Die Sparquote liegt damit 3 Prozentpunkte über dem Jahr 2023 (8,7 Prozent) und auch über dem Schnitt der Vorkrisenjahre 2010-2019 (8,0 Prozent). Unter Berücksichtigung der Inflation hatten die österreichischen Haushalte im Jahr 2024 um 3,5 Prozent mehr verfügbares Einkommen als 2023 – der private Konsum ist jedoch nur minimal um 0,1 Prozent gewachsen. Im Jahr 2023 gingen sowohl verfügbares Einkommen als auch Konsum um 0,5 Prozent zurück. [Quelle: Statistik Austria]
Staatssekretär Schellhorn will über Pension mit 67 „reden“. Aufgrund der dramatischen Budgetsituation will Deregulierungs-Staatssekretär Sepp Schellhorn auch eine Anhebung des Pensionsantrittsalter andenken. „Wenn wir nicht bald über diese Fragen zu reden beginnen, wird das Land an die Wand fahren“ wird Schellhorn von den Salzburger Nachrichten zitiert. [Quelle: SN]
Arbeiterkammer ortet Missstände bei Überstunden. Im Vorjahr haben österreichische Arbeitnehmer 168,9 Mio. Über- und Mehrstunden geleistet (Männer 112,7 Mio., Frauen 56,2 Mio.). Laut Arbeiterkammer sei im Schnitt ein Viertel dieser Überstunden nicht in Geld oder Zeit abgegolten worden, ein leichter Rückgang gegenüber 2023 (25,8 Prozent) – der Anteil der unbezahlten Überstunden bei Männern ging auf 23 Prozent zurück, jener bei Frauen ist auf 29,2 Prozent gestiegen. Die AK fordert u.a. eine verpflichtende Meldung der vereinbarten Arbeitszeiten bei der Anmeldung zur Sozialversicherung. [Quellen: Arbeiterkammer, Statistik Austria]
Konzept eines neuen Teilchenbeschleunigers veröffentlicht. CERN hat eine Machbarkeitsstudie zum Nachfolger des derzeit größten Teilchenbeschleunigers (Large Hadron Collider, LHC) vorgestellt. Sein Nachfolger könnte der Future Circular Collider (FCC) werden, der mit 91 km Durchmesser den 27 km großen LHC deutlich übertreffen würde. Der FCC würde 15 Mrd. Franken (15,7 Mrd. Euro) kosten. Ob das Projekt verfolgt wird, soll im Jahr 2028 entschieden werden. [Quelle: CERN]
Deutsche Inflation sinkt leicht. Laut einer ersten Schnellschätzung sinkt die Inflation in Deutschland im März auf 2,2 Prozent (Februar: 2,3 Prozent). Dabei sanken Energiepreise um 2,8 Prozent, während sich Dienstleistungen um 3,4 Prozent verteuerten; Waren wurden um 1,0 Prozent teurer. Das Ifo-Institut erwartet auch für die kommenden Monate eine „weitgehend unveränderte“ Inflationsrate von 2 Prozent. [Quellen: Statistisches Bundesamt, Ifo]
Dunkle Aussichten für deutsche Industrieproduktion und teure Importe. Der deutschen Industrie steht das inzwischen vierte Jahr mit sinkender Produktion bevor, heuer soll das Minus 0,5 Prozent betragen, nach minus 4,8 Prozent im Vorjahr. Damit ist die Produktion seit 2019 um 11 Prozent zurückgegangen und hat entsprechend auf europäischer Ebene an Boden verloren. Gleichzeitig gingen die Importpreise nach Deutschland vor allem getrieben von teureren Lebensmitteln um 3,6 Prozent im Jahresvergleich nach oben. Das ist der stärkste Anstieg seit Jänner 2023. [Quellen: BDI, Statistisches Bundesamt]
Italienische Inflation zieht an. Mit 2,1 Prozent Teuerung im Jahresvergleich stieg die Inflationsrate in Italien nach EU-Berechnung im März auf den höchsten Wert seit September 2023. Im Februar betrug sie 1,7 Prozent. Preistreiber waren Energie, Tabak und Lebensmittel. Damit ist die Teuerung wieder knapp über dem langfristigen Ziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent. [Quelle: Italienische Statistikbehörde]
Neue Einreiseregeln nach UK. Ab morgen ist die Einreise für EU-Bürger nach Großbritannien nur mehr mit gültiger Electronic Travel Authorisation (ETA), die im Vorhinein bewilligt werden muss, möglich. Der Antrag auf die ETA kann via App oder online gestellt werden, die Bearbeitung erfolgt meistens in einigen Minuten, kann aber bis zu drei Tage dauern. Da man beim Boarding bereits die ETA nachweisen muss, sollte diese schon vor Flugbuchung beantragt werden. Die Einreisebewilligung kostet momentan noch rund 12 Euro (10 Pfund, ab 9. April 16 Pfund) und ist für 2 Jahre gültig. [Quelle: Europäisches Verbraucherzentrum | Service: ETA-Homepage]
Unsicherheiten vor Inkrafttreten der US-Zölle. Morgen sollen laut US-Präsident Trump Zölle auf „alle Länder“ bekanntgegeben werden. Der 2. April wurde von Trump vor längerem als „Tag der Befreiung“ (Liberation Day) auserkoren. Bereits fixiert für den Tag ist das Inkrafttreten der 25-Prozent-Zölle auf importierte Autos und Autoteile. Die Börsen weltweit gaben am Montag nach. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sieht das Vorgehen der USA als Startschuss für den „Marsch in Richtung Unabhängigkeit“ für Europa. [Quellen: BBC, Interview Lagarde]
Nächster Rekordwert für Gold. Gut zwei Wochen nach der 3.000-Dollar-Marke hat der Goldpreis auch die Marke von 3.100 US-Dollar pro Feinunze überschritten. Vor dem Hintergrund der US-amerikanischen Zoll- und Handelspolitik wird erwartet, dass der Goldpreis weiter steigen wird. Erst kürzlich hat Goldman Sachs die Preisprognose für Jahresende auf 3.250-3.520 US-Dollar pro Feinunze angehoben. [Quellen: Goldpreis, Reuters]
Selektive Agenda:
Weltweit: Die freiwilligen Erdöl-Förderkürzungen der OPEC+-Mitgliedsstaaten laufen ab heute schrittweise aus.
Weltweit: Ganztägige Warnung vor Aprilscherzen [Info]
Österreich: Das Bundesministeriengesetz tritt in Kraft, womit die Zuständigkeiten in der Ministerien und Staatssekretariate nun auch offiziell neu geregelt sind – zB. aus dem BMK wird das BMIMI, Umwelt und Wirtschaft werden auf 2 Ministerien aufgeteilt [Parlamentskorrespondenz, Gesetz]
Wien: Das AMS veröffentlicht die Arbeitsmarktzahlen für März.
Budapest, Ungarn: Europaministerin Plakolm auf Amtsbesuch in Budapest
Straßburg, Frankreich: Europäisches Parlament tagt (bis 3.4.), heute u.a. Abstimmung über Dringlichkeitsantrag zur Verschiebung der Lieferkettenrichtlinie (CSRD u. CSDDD)
9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Schnellschätzung Verbraucherpreisindex (VPI) März
9:45 Uhr, Graz: Deregulierungsgipfel des Landes Steiermark mit Experten, Sozialpartnern, Städte- und Gemeindevertretern sowie Klubobleuten der Regierungsfraktionen
11:00 Uhr, Luxemburg: Die EU-Arbeitsmarktdaten sowie die Vorabschätzung für die Verbraucherpreise für März werden veröffentlicht.
11:30 Uhr, Bern: Außenministerin Meinl-Reisinger in der Schweiz, Treffen mit Amtskollegen Cassis
14:30 Uhr, Brüssel: EU-Kommissar Brunner präsentiert Strategie für innere Sicherheit
Selektives Networking:
Jobwechsel und Karriereschritte: Christian Tesch ist neuer Geschäftsführer von oecolution. Tanja Pfaff-Röders wird Head of Global Human Resources bei der Witersdorfer Gruppe. Doris Erhard übernimmt die Leitung des ScienceCenter-Netzwerks von Barbara Streicher. Bei Binder+Co wird Jörg Rosegger Vorstandsvorsitzender; Mario Stockreiter und Peter Gradwohl ergänzen das Führungsgremium im Bereich Finanzen sowie Produktion und Logistik. Michael Kretz übernimmt ab Mai die Geschäftsführung der RegionalMedien Salzburg, Oswald Hicker wird Geschäftsführer und Chefredakteur der RegionalMedien Niederösterreich.
Geburtstage: Wir gratulieren Toni Innauer, Barbara Weinzierl und Katharina Liensberger zum Geburtstag!
Sehen & gesehen werden:
10:00 Uhr, Wien: SMATRICS lädt zum „E-Mobility-Talk“: „Wie die EU-Gebäuderichtlinie den Ladeinfrastrukturausbau verändert“, mit u.a. GF Wagner (Verbund Energy4Business), GF Engert (ÖGNI – Österr. Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft), GF Ebner (Österr. Volkswohnungswerk Gemeinnützige), CEO Hinrichs (SMATRICS) [invite only]
12:00 Uhr, Wien: Austrian Startups lädt zum „Startups Summit 2025“ in die Ottakringer Brauerei [Info]
18:30 Uhr, Wien: Das Haus der Geschichte lädt zur Buchpräsentation und Gespräch: „Augenblicke der Republik. Ein persönlicher Streifzug durch die Geschichte Österreichs“ mit Tarek Leitner, Heinz Fischer und hdgö-Direktorin Monika Sommer [Info]
19:00 Uhr, Wien: Diskussion „Hybride Bedrohungen für Europa in der Russlandkrise: Schwedische Sicherheits- und Friedensperspektiven“ [Info und Anmeldung]