Morning in Brief

Morning in Brief, 10. Juni 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel, Stephan Frank und Christoph Hofer – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

🇦🇹 Strompreiskompensation wird wieder eingeführt. Die energieintensive Industrie soll für 2025 und 2026 je 75 Mio. Euro Stromkostenausgleich erhalten, wenn sich die Förderwerber im Gegenzug zu Investitionen in Energieeffizienz verpflichten. Als stromintensives Unternehmen gilt ein Betrieb ab 1 GWh Stromverbrauch pro Jahr. Ohne Stromkostenausgleich „droht die Gefahr, dass diese Unternehmen in Länder mit geringeren Umweltauflagen abwandern (Carbon Leakage)“, so Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer. Der Bonus soll in den nächsten 2 Wochen im Ministerrat beschlossen und auch rückwirkend für 2025 ausbezahlt werden. Die IV begrüßt die Strompreiskompensation als „essenzielles Standortinstrument für Österreich“, wünscht sich aber Planungssicherheit bis 2030. Die IV weist ebenso wie die Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer darauf hin, dass Deutschland den vollen zeitlichen Rahmen bis 2030 ausnutzt und Österreich somit ein Wettbewerbsnachteil entsteht, wenn die Kompensation in Österreich nur bis 2026 gewährt wird. Auch die FPÖ fordert eine Verlängerung bis 2030. [Quellen: APA, WKÖ, WKÖ II, IV, FPÖ, Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer auf Linkedin]

Grafik (von Christoph Hofer): Mit der Wiedereinführung der Strompreiskompensation für 2025 und 2026 schließt Österreich vorerst an die Mehrheit der Länder im EU-ETS an. Derzeit sehen 15 Länder diese vor, 13 bis zur maximalen Laufzeit Ende 2030. Bereits 2022 gewährte Österreich energieintensiven Unternehmen befristet einen Ausgleich indirekter CO2-Kosten. Diese entstehen, wenn Energieversorger die Kosten für den Erwerb von CO2-Zertifikaten über höhere Strompreise an Unternehmen weitergeben. [Quellen: Europäische Kommission, EFTA Surveillance Authority]

Kommentar: Künstliche Intelligenz – Europa hat eine zweite Chance
von Markus Hengstschläger

Der Mensch ist ein Meister der Abstraktion, er kann aber auch scheinbar unwichtige Details erfassen und später verwenden. Er kann Ergebnisse im gesellschaftlichen Kontext oder unter ethischen Gesichtspunkten bewerten und er hat Intuition und Empathie. KI hat keinen eigenen Willen, verfolgt keine Interessen, hat kein echtes Verständnis von der Welt und auch kein Bewusstsein. Folgerichtig liegt die Zukunft in der „kooperativen Intelligenz“.

🇦🇹 Österreichische Wirtschaft im 1. Quartal leicht gewachsen. In Österreich ist die Wirtschaft im 1. Quartal 2025 im Vergleich zum Vorquartal um +0,1 % gewachsen. Im Jahresabstand ist das reale BIP jedoch um -0,5 % zurückgegangen. Nach 7 negativen Quartalen verzeichnete die Industrie erstmals wieder ein Wachstum von +1,0 %. Der Dienstleistungsbereich ist getrieben von öffentlicher Verwaltung, Bildung und Gesundheitswesen um +0,7 % gewachsen. Handel, Gastronomie und Verkehr waren Dämpfer. Der öffentliche Konsum stieg um +2,3 %, der private Konsum um +0,1 %. Die Warenexporte stiegen leicht, die Dienstleistungsexporte und Investitionen sanken. Insgesamt lagen die Exporte um -1,7 % unter dem Vorjahreszeitraum. [Quelle: Statistik Austria]

🇦🇹 OeNB rechnet heuer mit Wachstumsjahr für Österreich. Die Oesterreichische Nationalbank rechnet im Unterschied zu EU-Kommission, IWF und OECD mit keiner Verlängerung der heimischen Rezession. Die aktuelle Prognose geht von +0,2 % BIP-Wachstum für 2025 aus. Laut Raiffeisen-Ökonom und Selektiv-Kommentator Matthias Reith könnte das u. a. daran liegen, dass die Statistik Austria das BIP-Wachstum der vergangenen Quartale nach oben korrigiert hat: „Der Rucksack, mit dem die heimische Konjunktur ins Jahr 2025 gestartet ist, ist nun deutlich leichter als gedacht“. Für 2026 und 2027 rechnet die OeNB mit +0,9 % und +1,1 % Wachstum. Die Industrieproduktion sei heuer bisher „überraschend positiv“, dämpfend wirkt die US-Zollpolitik. Gleichzeitig setzt den heimischen Unternehmen der „Verlust an preislicher Wettbewerbsfähigkeit“ zu – die Lohnkosten sind zuletzt über das hinausgegangen, was Österreichs Wettbewerbsfähigkeit erhalten hätte, so OeNB-Gouverneur Robert Holzmann. Mit Blick auf die steigende Sparquote meint Holzmann: „Höhere Löhne zu bezahlen, die dann gespart werden, ist ökonomisch nicht sinnvoll“. [Quellen: OeNB, Reith via LinkedIn, ZIB2 | Grafik: Prognosen von EU, OECD und IWF]

🇦🇹 Einigung auf Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG). Die Bundesregierung hat sich auf eine Grundsatzreform des österreichischen Energiesektors verständigt. Mit dem lange erwarteten Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) sollen sinkende Großhandelspreise schneller an Endkunden weitergegeben werden, sowie ein „Krisenmechanismus“ greifen, sollte es in Zukunft erneut zu starken Preisanstiegen kommen. Dynamische Tarife sollen Angebot und Nachfrage besser aufeinander abstimmen, für armutsgefährdete Menschen soll ein Sozialtarif eingeführt werden. Für den Beschluss des Gesetzes ist eine Verfassungsmehrheit nötig und somit die Zustimmung von FPÖ und/oder Grünen. [Quellen: APA, Kronen Zeitung, Bundeskanzleramt]

🇦🇹 KV-Abschluss in Elektro- und Elektronikindustrie. Nach 5 Verhandlungsrunden konnte eine Einigung für die 60.000 Beschäftigten in der Elektro- und Elektronikindustrie erzielt werden: Die Mindestlöhne und Grundgehälter sowie Lehrlingseinkommen steigen um +3 %, die Ist-Löhne und -Gehälter werden rückwirkend mit 1. Mai um +2,75 %, maximal aber um 115 Euro angehoben. Wie schon in der Papierindustrie wurde eine „Rezessionsklausel“ vereinbart, durch welche die Hälfte der Ist-Erhöhung in Betrieben mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Freizeit oder Einmalzahlungen umgewandelt werden kann. [Quellen: FEEI, ÖGB]

🇦🇹 Fitch stuft Kreditwürdigkeit Österreichs auf AA ab. Die Ratingagentur Fitch hat Österreichs langfristiges Ausfallsrating (IDR) von „AA +“ auf „AA“ herabgestuft. Der Ausblick sei „stabil“. Die Gründe für die Herabstufung liegen laut Fitch in den fortgesetzten fiskalischen und makroökonomischen Problemen Österreichs, die Aussichten hätten sich seit der letzten Bewertung verschlechtert. Die Bemühungen zur Budgetkonsolidierung sind laut Fitch weiterhin durch „anhaltende wirtschaftliche Schwäche“ bedroht. Positiv werden die Stabilität des Bankensektors, die lange Laufzeit der Staatsschulden sowie die starken externen Bilanzen des Privatsektors hervorgehoben. [Quelle: Fitch Ratings]

🇦🇹 „Reformpartnerschaft“ will bis Ende 2026 Ergebnisse liefern. Die Bundesregierung, die Landeshauptleute sowie Gemeinde- und Städtebund geben sich bis Ende 2026 Zeit, Reformen in den Bereichen Verwaltungsvereinfachung und Kompetenzbereinigung, Gesundheit, Bildung und Energie umzusetzen. Ein Steuergremium soll den Reformprozess leiten, diesem sollen neben dem jeweiligen fachlich zuständigen Minister auch Vertreter der Landeshauptleute sowie von Städte- und Gemeindebund angehören. Zwischenergebnisse will man in einigen Monaten vorlegen. [Quellen: Pressekonferenz, Bundeskanzleramt]

🇦🇹 Handelsbilanz im März erstmals negativ. Im März 2025 sank der Wert der Warenexporte im Vergleich zum Vorjahresmonat um -0,3 % auf 16,57 Mrd. Euro. Der Exportrückgang war vor allem auf chemische Erzeugnisse zurückzuführen (-13,1 %). Gleichzeitig stieg der Wert der Importe um +7,6 % auf 17,46 Mrd. Euro. Somit ergibt sich erstmals im Jahr 2025 ein Handelsbilanzdefizit von 888 Mio. Euro. [Quelle: Statistik Austria]

🇪🇺 Irland trieb Eurozonen-Wirtschaftswachstum im 1. Quartal. In der Eurozone ist die Wirtschaft im 1. Quartal 2025 mit +0,6 % zum Vorquartal stärker gestiegen als bisher geschätzt. Das lag vor allem an dem durch Pharma-Exporte in die USA getriebenen Wachstum in Irland von +9,7 %. Österreich liegt mit +0,1 % im hinteren Mittelfeld – die stärksten Rückgänge gab es in Luxemburg (-1,0 %), Slowenien (-0,8 %), Dänemark und Portugal (je -0,5 %). Deutschland wuchs mit +0,4 % leicht unterdurchschnittlich. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ist die Wirtschaft im Euroraum um +1,5 % gewachsen. [Quelle: Eurostat]

🇪🇺 EU-Import-Ausnahmen für Ukraine ausgelaufen. Die Ausnahmen für Zölle und Importbegrenzungen für die Ukraine, die seit 3 Jahren in Kraft waren, sind letzte Woche ausgelaufen. Laut EU-Agrarkommissar Christophe Hansen sind jetzt vorübergehende Regeln in Kraft, während ein neues Abkommen verhandelt wird. Die Ukraine könnte das 3 Mrd. Euro an Exporten kosten, von 2021 bis 2024 haben sich ukrainische Exporte in die EU von 39 % auf knapp 60 % erhöht. Der niederösterreichische Bauernbund begrüßt die Verschärfung und fordert klare Regeln für alle Drittstaaten, um Importe unterhalb europäischer Standards zu unterbinden. [Quellen: Reuters, Euronews, Bauernbund, Medienberichte]

🇩🇪 100.000 deutsche Industriejobs in 1 Jahr verloren gegangen. Die deutsche Industrie hat zwischen März 2024 und März 2025 etwa 101.000 Stellen abgebaut. Die Zahl der Beschäftigung schrumpfte im Jahresschnitt um -1,8 %. Verglichen mit dem Vorkrisenjahr 2019 sank die Beschäftigung sogar um -3,8 % bzw. 217.000 Jobs. Am stärksten betroffen war die Autoindustrie, in der binnen eines Jahres knapp 6 % der Stellen bzw. 45.400 Jobs abgebaut werden mussten. Der Umsatz sank im 1. Quartal 2025 im Vorjahresvergleich um -0,2 %. Während sich der Umsatzrückgang verlangsamt, verstärkt sich der Beschäftigungsabbau weiter: Bis Jahresende könnten weitere 70.000 Jobs verlorengehen. Die durch die US-Zölle verursachte geringere Dynamik der Industrieproduktion trägt laut deutscher Bundesbank zur Abkühlung am Arbeitsmarkt bei und dämpft das Lohnwachstum; die Industriekapazitäten bleiben noch länger deutlich unterausgelastet. [Quellen: EY, Bundesbank]

🇺🇸 USA und China verhandeln im Zollstreit. US-Handelsminister Howard Lutnick, US-Finanzminister Scott Bessent und US-Handelsdelegierter Jamieson Greer verhandelten gestern mit einer chinesischen Delegation, angeführt von Vizepremier He Lifeng, in London. Obwohl die gegenseitigen Zölle Mitte Mai für 90 Tage pausiert werden konnten, sorgen derzeit verzögerte und ausfallende Lieferungen seltener Erden für Probleme. Im Vorfeld betonte US-Wirtschaftsberater Kevin Hassett, dass man buchstäblich ein „Handschlagabkommen“ erzielen will. Die chinesischen Exporte sind im Mai auf ein 3-Monats-Tief gefallen, vor allem die Exporte in die USA sind im Jahresvergleich um -34,5 % zurückgegangen, während Exporte in die EU um +12 % gestiegen sind. Aktuell wurden noch keine Ergebnisse verkündet – die Gespräche sollen am Dienstag fortgesetzt werden. [Quellen: Reuters I, Reuters II, Reuters III, CNBC, | Grafik: Wie der US-Zollkrieg Chinas Warenhandel umlenkt]

🇨🇳 Seltene Erden: China gibt grünes Licht für „grünen Kanal“. China will die Exportanträge europäischer Unternehmen für seltene Erden schneller bearbeiten und hierfür einen „grünen Kanal“ (green channel) einrichten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnte bereits vor einer „Metallkrise, ähnlich wie die Energiekrise 2022“ – die Abhängigkeit von chinesischen Rohstoffen sei „systemkritisch“. Im Gegenzug haben chinesische Vertreter die Erwartung anklingen lassen, dass die EU China u. a. bei den Zöllen auf Elektroautos „auf halbem Wege entgegenkommt“. [Quellen: Reuters, Spiegel, China Daily]

Wochenvorschau:

Heute Vormittag um 9 Uhr konstituieren sich der Wiener Gemeinderat und der Wiener Landtag, danach wird die Wiener Stadtregierung gewählt. Die Oesterreichische Nationalbank präsentiert um 10 Uhr ihren halbjährlichen Finanzstabilitätsbericht. Zu Mittag zieht die Regierungsspitze in einer Pressekonferenz Fazit zu den ersten 100 Tagen im Amt. Heute Abend starten dann die SPÖ-Regierungsmitglieder ihre Sommertour unter dem Titel „Gemeinsam auf Kurs“, den Auftakt macht Finanzminister Markus Marterbauer in der Urania – Thema ist das Doppelbudget 2025/2026.

Am Mittwoch trifft sich die Regierung wie üblich am Vormittag zum Ministerrat. Von Mittwoch bis Freitag findet das Europaforum Wachau unter dem Titel „Facing Challenges – Embracing Visions“ im niederösterreichischen Stift Göttweig statt. Zur Eröffnung werden u. a. der ungarische Europaminister Bóka sowie EU-Kommissarin Zaharieva erwartet. Auch Bundeskanzler Stocker, Außenministerin Meinl-Reisinger, Europaministerin Plakolm, Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer und Wissenschaftsministerin Holzleitner werden am Europaforum Wachau teilnehmen.

Am Freitag soll Karoline Edtstadler zur neuen Obfau der Salzburger ÖVP gewählt werden.

Am Samstag um 10 Uhr stellt sich FPÖ-Chef Herbert Kickl am 35. FPÖ-Bundesparteitag in Kitzbühel der Wiederwahl. Ab Samstagmittag findet in Wien die Regenbogenparade „Vienna Pride 2025“ statt.

Am Sonntag treffen sich die Neos im Arsenal zu einer Mitgliederversammlung.

Selektive Agenda:

Heute, Brüssel: Strategischer Dialog EU-Indien, 12:30 Uhr Pressekonferenz mit EU-Außenbeauftragter Kallas und indischem Außenminister Jaishankar [Info]

9:00 Uhr, Wien: Die Statistik Austria gibt den Produktionsindex für April bekannt.

9:00 Uhr, Wien: Konstituierende Sitzungen des Wiener Gemeinderats und Landtags mit Wahl der Stadtregierung

10:00 Uhr, Wien: Die OeNB präsentiert den halbjährlichen „Financial Stability Report“.

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Christoph Wecht folgt Herbert Grüner als Rektor an der NDU. Katharina Kotisch wird neue Geschäftsführerin der HC immOH. Daniel Heintz wird neuer JVP-Obmann im Burgenland. Roland Prettner ist neuer Fachverbandsobmann, der WKO-Sparte Fahrzeugindustrie, Obmann-Stellvertreter ist Hansjörg Tutner. Julia Deutsch wurde zur Neos-Bundesrätin für Wien gewählt, Selma Arapović zur Klubobfrau. Lukas Renz ist „Young Energy Ambassador“.

Geburtstage: Wir gratulieren Herwig van Staa, Veit Sorger und Georg Kapsch zum Geburtstag!

Sehen & gesehen werden:

17:00 Uhr, Wien: „Europa im Gespräch: Eine neue Ära für die europäische Sicherheit und Verteidigung“ mit Patrick Lobis, Michael Böheim, Lukas Mandl, Sabine Radl und Christian Ségur-Cabanac im Haus der Europäischen Union [Info]

18:00 Uhr, Wien: Diskussionsabend mit Nikolaus Kowall und Monika Köppl-Turyna zum Thema „Make Trade Fair Again – Zölle, Fairness, Klimaziele – Wohin steuert der Welthandel?“ am Campus Wohlmutstraße, FH des BFI Wien [Info]

18:30 Uhr, Wien: Auftakt der SPÖ-Tour „Gemeinsam auf Kurs“ mit Markus Marterbauer, Klaus Seltenheim und Doris Bures in der Urania [Info, invite only]

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