Morning in Brief

Morning in Brief, 11. November 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank, David Schima, Sara Grasel und Christoph Hofer – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

🇦🇹 Budgetdefizit soll auf 4,9 % steigen. Aufgrund höherer Verschuldung von Ländern und Gemeinden soll das gesamtstaatliche Defizit heuer auf 4,9 % steigen. Noch am Freitag hatte der Fiskalrat ein Budgetdefizit von 4,4 % für realistisch gehalten; das Finanzministerium selbst plante mit 4,5 %. Hauptverantwortlich für die Ausweitung des Budgetdefizits ist die höhere Verschuldung der Stadt Wien. Das Wiener Defizit soll im Jahr 2025 laut Heute-Informationen 3,2 Mrd. Euro und damit fast halb so viel wie die Gesamtverschuldung aller Bundesländer i. H. v. rund 6,5 Mrd. Euro ausmachen. Finanzminister Marterbauer will die Zahlen gegenüber der Presse nicht bestätigen und verweist auf die laufenden Verhandlungen zum Stabilitätspakt, die er noch heuer abschließen will. Zur Frage nach einem neuen Sparpaket kann Marterbauer aber „nicht ausschließen, dass man nachjustieren muss“. [Quellen: APA, Die Presse, Marterbauer in der Presse, Heute | Grafik von Christoph Hofer]

Kommentar: Was, wenn Javier Milei die Zentralbank wirklich abschafft?
von Heike Lehner

Die vielzitierte Kettensäge, mit der Javier Milei Argentinien wieder auf Vordermann bringen möchte, wirkt. Die Zentralbank abzuschaffen war nur eines seiner vielen radikalen Wahlversprechen im Jahr 2023. Bisher hat er aber viele Wahlversprechen eingehalten, Milei ist kein Mann leerer Worte. 

🇦🇹 WKÖ überarbeitet Formel für Gehaltsanpassung. Die Wirtschaftskammer wird die Belegschaftsvertretung einladen, die Systematik der Gehaltsanpassung zu überarbeiten. Die bisherige Formel orientierte sich an den Gehaltsabschlüssen der Privatwirtschaft des Vorjahres. Bereits kommendes Jahr soll eine neue Systematik greifen, die dann für den Abschluss für 2027 wirksam ist. Gleichzeitig soll der Rechnungshof die Funktionärsentschädigungen prüfen und die WKÖ will ihre Strukturen und Leistungen einer externen Prüfung unterziehen. WKÖ-Präsident Harald Mahrer will zudem „zeitnah“ als OeNB-Präsident zurücktreten, um sich auf seine Aufgaben bei der Wirtschaftskammer fokussieren zu können. Einer Senkung oder einem Aussetzen der Kammerumlage erteilte er erneut eine Absage – eine große Senkung habe es bereits mit 1.1.2024 gegeben. [Quelle: Pressekonferenz | Reaktionen: FPÖ, Unos, Grüne Wirtschaft | Grafik: Zwischenstand in den Herbstlohnrunden]

🇦🇹 Mattle will Bund bei Sozialwirtschafts-KV einbinden. Der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) fordert ein Verhandlungsmandat des Bundes in den KV-Verhandlungen der Sozialwirtschaft. Der Finanzminister sollte laut Mattle „ein wesentlicher Verhandlungspartner“ sein, da vor allem die öffentliche Hand die Gehälter in der Sozialwirtschaft bezahlen müsse. Die Gewerkschaft fordert eine Gehaltserhöhung von 4 % und erteilt Mattles Vorstoß eine Absage. „Die Politik tut gut daran, sich aus kollektivvertraglichen Verhandlungen herauszuhalten“, so GPA-Chefverhandlerin Eva Scherz. Der Vorschlag sei „mehr als absurd“ und „entbehrlich“. Am Donnerstag findet die 2. Verhandlungsrunde statt. [Quellen: APA via Medienberichte, ÖGB I, ÖGB II]

🇦🇹 Zahl der Firmeninsolvenzen steigt weiter. Heuer mussten in den ersten 3 Quartalen insgesamt 5.145 Unternehmen Insolvenz anmelden – das sind um 6,8 % mehr als im Vorjahreszeitraum. Allein im 3. Quartal lag die Zahl mit 1.626 Firmenpleiten um 6,5 % über dem Niveau des Vorjahresquartals. Am stärksten traf es im 3. Quartal Finanz- und sonstige Dienstleistungen (468), gefolgt von Handel (274), Bau (245) sowie Beherbergung und Gastronomie (203). Die Registrierungen zogen hingegen nur leicht an: Mit 15.813 lagen sie lediglich 0,3 % über dem Wert des 3. Quartals 2024 und knapp 5 % unter dem Niveau des Vorquartals. Die meisten Unternehmensregistrierungen gab es im Bereich der Finanz- und sonstigen Dienstleistungen (4.830), bei persönlichen Dienstleistungen (3.474) und im Handel (2.879). [Quelle: Statistik Austria]

🇦🇹 Heimische Produktion schrumpft. Im September verzeichnete der Produktionsindex im Vergleich zum Vorjahresmonat einen Rückgang von 1,7 % und liegt nun bei 106,4 Punkten. Gegenüber August sank das Barometer um 0,9 %. In der Industrie verringerte sich die Produktion im Jahresvergleich um 1,3 %. Die Baubranche produzierte sogar um 3,1 % weniger als noch im September 2024. Hauptbetroffen waren die Hersteller von Gebrauchsgütern (-8,6 %), Energie (-8,0 %) und Investitionsgütern (-5,1 %). Lediglich bei der Produktion von Vorleistungsgütern (+5,8 %) gab es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Plus zu beobachten. [Quelle: Statistik Austria]

🇦🇹 Baupreise ziehen weiter an. Im 3. Quartal 2025 stieg der Baupreisindex gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,0 % auf 124,3 Punkte. Die Preise im Tiefbau lagen mit 105,4 Punkten um 0,9 % über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Hier legten alle Teilindikatoren zu: Brückenbau (+1,4 %), Straßenbau (+0,9 %) und sonstiger Tiefbau (+0,6 %). Im Hochbau stiegen die Preise insgesamt um 1,0 % im Jahresvergleich auf 137,9 Zähler. Der Wohnhaus- und Siedlungsbau verzeichnete einen Preisanstieg von 1,0 %, der sonstige Hochbau ein Plus von 1,1%. [Quelle: Statistik Austria]

🇦🇹 Herkunftsnachweise von Strom zu 86,5 % von Erneuerbaren. Im Vorjahr wurden 86,52 % des Stroms mit Herkunftsnachweisen aus erneuerbaren Quellen versehen, in den Jahren davor lag dieser Anteil bei 84,72 % bzw. 82,93 %. Auf Wasserkraft entfielen 62 % der Nachweise, danach folgte Windkraft mit knapp 13 % und Sonnenenergie mit 7,5 %. Herkunftsnachweise können getrennt vom Strom selbst gehandelt werden, daher liegen die Werte unter dem Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung (94 %). Bei Gas wurden nur 0,15 % der gehandelten Mengen mit Herkunftsnachweisen versehen, somit war nahezu das gesamte Gas unbekannter Herkunft. [Quelle: E-Control – Aussendung, Kennzeichnungsbericht]

🇪🇺 Investitionen kommen nicht in die Gänge. Der europäische Arbeitgeberverband BusinessEurope rechnet für heuer in der EU mit einem Wirtschaftswachstum von 1 % und 2026 mit 1,3 %, was minimal pessimistischer ist als noch im Frühjahr. Deutlich eingebrochen sei aber das Wachstum der Investitionen. Die Mitgliedsorganisationen – darunter auch die österreichische Industriellenvereinigung – meldeten für 2025 lediglich eine Erwartung von 0,6 % Wachstum des Investitionsgeschehens. Im Frühjahr war man noch von 1,4 % ausgegangen. Die EU hinke vor allem bei der Finanzierung strategisch wichtiger Bereiche wie Umwelt, Digitalisierung und F&E hinterher. Es seien jährlich zusätzliche Investitionen in Höhe von Hunderten von Mrd. Euro erforderlich. [Quelle: BusinessEurope]

🇪🇺 Herbstaufschwung in Eurozone abgesagt. Der Sentix-Konjunkturindex gilt als einer der frühesten Gradmesser für die Entwicklung in der Eurozone auf Monatsbasis und verschlechterte sich für November überraschend stark. Der Index basiert auf einer Befragung von Finanzmarktexperten und fiel um 2,0 Punkte auf minus 7,4 Zähler. Von einem Herbstaufschwung sei wenig zu sehen. Im Oktober war der Indikator noch gestiegen. Der deutsche Index ist um 2,5 Punkte auf minus 20,4 Zähler abgerutscht, sowohl aktuelle Lageeinschätzungen als auch Erwartungen lagen im rezessiven Bereich. In Österreich haben sich die aktuellen Lageeinschätzungen um 4,3 Punkte auf minus 27,3 Zähler verschlechtert, die Erwartungen jedoch von 0 auf 6 Zähler gebessert. Der Gesamtindex legte somit um 0,5 Punkte auf minus 11,4 Zähler zu. [Quelle: Sentix]

🇪🇺 Europa hinkt bei Rechenzentren hinterher. Die Kapazitäten von europäischen Rechenzentren sollen sich bis 2030 insgesamt um etwa 70 % auf 28.000 Megawatt (MW) erhöhen. Im selben Zeitraum wollen die USA ihre Rechenleistung mehr als verdoppeln und auf 95.000 MW steigern. Auch China plant einen schnelleren Ausbau als Europa. Deutschland möchte seine Kapazitäten bis 2030 um 60 % erhöhen, käme in diesem Fall aber immer noch auf lediglich 5.000 MW. Mehr als 2.000 MW sollen für Künstliche Intelligenz verwendet werden. [Quelle: Bitkom | Kommentar: Datencenter dürfen nicht die neuen Windräder werden]

🇩🇪 Stimmung in deutscher Chemieindustrie bricht ein. Das Geschäftsklima in der deutschen Chemiebranche trübte sich im Oktober stark ein. Im Vergleich zum Vormonat fiel das entsprechende Barometer des Ifo-Instituts um 7,4 Punkte auf minus 19,4 Zähler. Die aktuelle Lage bewerteten die Unternehmen mit minus 25,3 Zählern deutlich schlechter als noch im September (-19,8 Zähler). Ihre Erwartungen gingen sogar um 9,6 Punkte auf minus 13,3 Zähler zurück. Auch der Indikator für die Preispläne brach ein: von 0,6 auf minus 10,6 Zähler. Grund dafür sei der gestiegene Wettbewerbsdruck aus dem Ausland. Den Auftragsbestand bewerteten die Chemiebetriebe mit minus 68,9 Zählern – das ist der tiefste Wert seit über 30 Jahren. [Quelle: Ifo]

Selektive Agenda:

Heute, Belém, Brasilien: UN-Klimakonferenz COP30 (bis 21.11.) [Info]

9:00 Uhr, Linz: Finanzminister Marterbauer nimmt an der Vollversammlung der Arbeiterkammer Oberösterreich teil [Info]

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Kfz-Neuzulassungen im Oktober und Einbürgerungen im 3. Quartal 2025

9:00 Uhr, Wien: Wifo veröffentlicht Konjunkturbericht

10:00 Uhr, Wien: OeNB-Gouverneur Kocher präsentiert „Financial Stability Report 50“ [Info]

11:05 Uhr, Mannheim: Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) veröffentlicht Konjunkturerwartungen November

Selektive Agenda, Termine & Events 🗓️

Was steht auf der Agenda der Bundesregierung und wo treffen sich Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zum Austausch? Die wichtigsten Termine im Überblick.

Der Link zum Selektiv-Terminkalender wechselt jeden Montag.

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Karl Mahrer hat sein Mandat im Wiener Landtag zurückgelegt, Judith Edelmann rückt für ihn nach. VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch wurde für weitere drei Jahre zum Präsidenten der Deutschen Handelskammer in Österreich gewählt. Harald Mahrer legt sein Mandat als Präsident der Österreichischen Nationalbank „zeitnah“ zurück.

Geburtstage: Wir gratulieren Gertrude Tumpel-Gugerell, Verena Altenberger, Robert Palfrader und Friedrich Merz zum Geburtstag!

Sehen & gesehen werden:

ab 9:00 Uhr, Wien: Symposium „Energiewende am Scheideweg“ an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften u. a. mit Georg Brasseur, Verena Winiwarter, Barbara Prainsack, Daniel Huppmann und Karl Rose [Info]

18:00 Uhr, Wien: Die Industriellenvereinigung lädt zum Networking „Café Industrie“ in die Bar Campari [invite only]

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