Morning in Brief

Morning in Brief, 13. November 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Maximilian Kern, Sara Grasel und Stephan Frank – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

🇦🇹 WKÖ-Chef Mahrer offenbar vor Rücktritt. Die Wirtschaftskammer-Präsidentinnen von Tirol und Oberösterreich haben WKÖ-Präsident Harald Mahrer offen zum Rücktritt aufgefordert. Auch die Tiroler Adler Runde forderte seinen „sofortigen Rücktritt“. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer legten ihm diesen zumindest nahe. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge soll der Druck nun zu groß geworden sein und Mahrer demnächst zurücktreten. Die Wirtschaftskammer Niederösterreich kündigte an, die Anpassung der Funktionärsentschädigungen bis zur Rechnungshof-Überprüfung auszusetzen. [Quellen: ORF, Tiroler Adler Runde, WKNÖ, Die Presse, Kronen Zeitung]

Kommentar: Selbst die Kronjuwelen können das Budget nicht retten
von Gerhard Jelinek

Österreich schlittert in ein Budgetdefizit von 4,9 Prozent – trotz höchster Steuerbelastung. Welch ein Glück, dass in Kanada ein Juwelenschatz der Habsburger gefunden wurde. Der SPÖ-Vorsitzende wittert „Staatseigentum“. Befreit der gelbschimmernde Diamant von Herzog Karl dem Kühnen Österreich aus der Schuldenkrise? Fragen über Fragen!

💡 6 von 10 Sozialhilfebeziehern sind Ausländer. Im Jahresdurchschnitt 2024 bezogen 205.781 Personen Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung – ein Anstieg um 4,5 % oder rund 8.800 Personen gegenüber dem Vorjahr. Mehr als die Hälfte der Bezieher mit zuordenbarer Staatsbürgerschaft kommen aus Drittstaaten (54,2 %), 7,4 % sind EU-Bürger und 38,4 % österreichische Staatsbürger. In Vorarlberg, Wien und Tirol machen Österreicher nur etwa ein Drittel der Bezieher aus, im Burgenland und in Kärnten knapp zwei Drittel. 72,5 % aller Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherungsempfänger lebten 2024 in Wien. Die Gesamtausgaben stiegen auf 1,3 Mrd. Euro (2023: 1,1 Mrd. Euro), der Anteil der Ausgaben am BIP lag bei 0,27 %. [Quelle: Statistik Austria | Grafik von Christoph Hofer]

🇦🇹 Österreichs Bevölkerung schrumpft ab 2040. Die österreichische Bevölkerung wird von derzeit 9,2 Mio. Menschen bis ins Jahr 2040 auf 9,4 Mio. anwachsen und danach wieder schrumpfen. Für das Jahr 2080 wird ein Bevölkerungsstand von 9,1 Mio. berechnet. „Die neuen Erkenntnisse zu Fertilität und Lebenserwartung ergeben ein geringeres Wachstum als vielleicht noch früher angenommen“, so Statistik-Austria-Generaldirektorin Manuela Lenk. Der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung wird von rund 20 % bis 2080 auf knapp 30 % ansteigen. Das derzeitige Verhältnis von 3 Personen im erwerbsfähigen Alter pro 1 Person im Pensionsalter wird sich ab dem Jahr 2031 auf 2,5 zu 1 verschlechtern, im Jahr 2050 kommen dann nur mehr 2 Erwerbspersonen auf 1 Pensionist. Bis 2080 sinkt das Verhältnis dann weiter auf 1,8 zu 1. Der Alterungsprozess der österreichischen Bevölkerung würde sich laut Statistik Austria auch durch einen starken Anstieg bei Geburten, Zuwanderung und Lebenserwartung nicht aufhalten lassen. [Quelle: Pressekonferenz, Statistik Austria | Reaktionen: Aktion Generationengerechtigkeit | IV]

🇦🇹 Stabilitätspakt wird Thema für LH-Konferenz. Das Finanzministerium hat laut Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl „vor wenigen Tagen“ eine neue Gesamtprognose von den Bundesländern erhalten, die „doch deutlich“ von den ursprünglichen Planungen abweicht. Für eine endgültige Beurteilung würden aber noch Details fehlen. Sie drängt daher auf eine „sehr rasche“ Einigung in den Verhandlungen zum Stabilitätspakt. Auch Staatssekretär Alexander Pröll „würde sehr stark darauf plädieren, dass wir im Rahmen der LH-Konferenz zu einem Ergebnis finden“. Die Landeshauptleutekonferenz startet heute Nachmittag in Schloss Seggau. Finanzminister Marterbauer schickte den Ländern Vorschläge für höhere Einnahmen mit: Sie könnten den Wohnbauförderungsbetrag und die Grundsteuer erhöhen sowie Leerstandsabgaben einheben. [Quellen: Eibinger-Miedl vor dem Ministerrat, Pröll nach dem Ministerrat, Marterbauer in den OÖN]

🇦🇹 Inbetriebnahme der U5 auf 2030 verschoben. Die Wiener U-Bahnlinie U5 soll nicht wie geplant bereits nächstes Jahr in Betrieb gehen, sondern erst im Jahr 2030. Die Verschiebung erfolgt aus budgetären Gründen, „mehrere Millionen Euro Betriebskosten“ sollen dabei gespart werden. Der U5-Betrieb bis Frankhplatz wird erst aufgenommen, wenn die U2 bis Matzleinsdorfer Platz fertiggestellt ist. Eine Doppelführung der Linien U5 und U2 zwischen Karlsplatz und Rathaus soll es somit auch nicht mehr geben, diese wäre finanziell nicht zu rechtfertigen. Die Opposition kritisiert die Entscheidung scharf. [Quelle: Wiener Linien | Reaktionen: ÖVP Wien, FPÖ Wien, Grüne Wien]

🇦🇹 Betriebe fordern bessere Bedingungen für Lehrlingsausbildung. Die Zahl der Lehrlinge ist im vergangenen Jahr um 1,7 % auf rund 106.000 gesunken. Die Industriellenvereinigung Oberösterreich und der Verein zukunft.lehre.österreich sehen Handlungsbedarf, um die duale Ausbildung als zentralen Wettbewerbs- und Standortvorteil Österreichs zu sichern. Sie fordern den Abbau bürokratischer Hürden, eine einheitliche Koordinierungsstelle statt der derzeit 4 zuständigen Ministerien sowie den Erhalt der Basisförderung. Zudem soll Berufsorientierung früher ansetzen und die MINT-Ausbildung stärker beworben werden, um mehr Jugendliche, auch aus AHS-Schulen, für Lehrberufe zu gewinnen. [Quelle: APA via Medienberichte]

🇪🇺 EU-Parlament vor Zustimmung zu neuem Unternehmenssteuerrahmen. Das Europäische Parlament wird heute voraussichtlich dem Vorschlag der EU-Kommission für einen einheitlichen Rahmen zur Unternehmensbesteuerung (BEFIT) zustimmen. Die Initiative soll eine gemeinsame statt national unterschiedliche Berechnung der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für multinationale Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Mio. Euro schaffen und damit grenzüberschreitende Geschäftstätigkeiten in der EU vereinfachen. [Quelle: EU-Parlament]

🇪🇺 Rat der EU prüft Zollfreigrenze. Die EU-Wirtschafts- und Finanzminister befassen sich heute mit der geplanten Aufhebung der Zollfreigrenze von 150 Euro für Pakete aus Drittstaaten. Nach Angaben der EU-Kommission kamen 2024 rund 91 % aller E-Commerce-Importe unterhalb dieser Grenze aus China, das entspricht 4,17 Mrd. von insgesamt 4,6 Mrd. Sendungen. Händler haben derzeit den Anreiz, Lieferungen aufzuteilen, um die Grenze zu umgehen, was das Paketaufkommen weiter erhöht. Ziel der Maßnahme ist es, Wettbewerbsverzerrungen zu verringern und europäische Hersteller zu stärken. Der Handelsverband beziffert den wirtschaftlichen Schaden für Österreich auf bis zu 4,5 Mrd. Euro. Finanzminister Markus Marterbauer wird aus terminlichen Gründen nicht am Rat teilnehmen. [Quellen: APA via Medienberichte, Handelsverband]

🇩🇪 Selbstständige blicken zunehmend pessimistisch in die Zukunft. Der Geschäftsklimaindex für Selbstständige und Kleinstunternehmer ist im Oktober auf -23,7 Punkte gefallen, nach -19,8 im September. Laut Ifo-Institut befürchtet rund jeder 5. Selbstständige, seinen Betrieb schließen zu müssen. Etwa 47 % berichten von fehlenden Aufträgen (Juli: 43 %), und 33,7 % können ihre künftige Geschäftsentwicklung nicht einschätzen (September: 30,4 %). In der Gesamtwirtschaft fallen Unsicherheit (22,6 %) und Auftragsmangel (36,9 %) deutlich geringer aus. [Quelle: Ifo-Institut]

🇩🇪 Wirtschaftsweise veröffentlichen Wachstumsprognose und fordern Strukturreformen. Der Sachverständigenrat rechnet für Deutschland mit einem BIP-Wachstum von 0,2 % im Jahr 2025 und 0,9 % im Jahr 2026. Das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität habe laut Gutachten nur geringe Wachstumseffekte, die Schuldenstandsquote könnte bis 2035 auf über 85 % des BIP steigen. Der Rat fordert Reformen der Unternehmensbesteuerung und der Bürokratie, um Investitionen zu erleichtern und Verfahren zu beschleunigen. Digitalisierung und künstliche Intelligenz sollen dabei helfen, Kosten zu senken und den Strukturwandel produktiv zu gestalten. [Quelle: Sachverständigenrat Wirtschaft]

🇫🇷 Frankreich setzt Pensionsreform aus. Die französische Nationalversammlung hat eine Verschiebung der Pensionsreform beschlossen. Die Anhebung des Pensionsantrittsalters von 62 auf 64 Jahren wird somit auf das Jahr 2028 verschoben. Die Kosten belaufen sich 2026 auf 300 Mio. Euro und 2027 dann bereits auf 1,9 Mrd. Euro und sollen teilweise durch eine Erhöhung der Vermögenssteuer gedeckt werden. [Quelle: Le Monde]

🇺🇸 Längster US-„Shutdown“ der Geschichte beendet. Nachdem der US-Senat bereits zu Beginn der Woche für eine Wiedereröffnung der Regierungsgeschäfte abgesegnet hatte, hat gestern auch das US-Repräsentantenhaus mit 222 zu 209 Stimmen dafür gestimmt. Mit der Unterschrift von US-Präsident Trump wurde der längste „Government Shutdown“ am Mittwochabend (Ortszeit) nach 43 Tagen beendet. Das vorübergehende Budgetgesetz garantiert die Finanzierung der Regierungsausgaben nun bis Ende Jänner 2026. [Quellen: New York Times, Weißes Haus auf X]

🌐 Weltweiter Strombedarf soll stark steigen. Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigen einen steigenden Strombedarf von 40 % bis zum Jahr 2035. Bei einem Netto-Null-Ziel bis 2050 würde der Strombedarf bis 2035 um über 50 % steigen. Entgegen dem Trend der letzten Jahre steigt der Strombedarf auch in Industrienationen wieder, getrieben durch den Bau von Rechenzentren und KI. Das „Zeitalter der Elektrizität“ ist gekommen, so IEA-Chef Fatih Birol. Am Ölmarkt wird auch für die nächsten Jahre ein Überangebot erwartet. Kritische Rohstoffe stellen laut IEA einen Flaschenhals für die Elektrifizierung des Energiesystems dar, da 19 von 20 strategisch wichtigen Mineralien und seltenen Erden vorrangig von China gefördert werden. Der durchschnittliche Marktanteil Chinas beträgt hierbei 70 %. [Quelle: IEA – Aussendung, World Energy Outlook 2025]

Selektive Agenda:

Heute, Belém, Brasilien: UN-Klimakonferenz COP30 (bis 21.11.) [Info]

Heute, Brüssel: Plenartag des Europäischen Parlaments, u. a. Abstimmung über EU-Lieferkettengesetz [Info]

Heute, Brüssel: EU-Rat „Wirtschaft und Finanzen“ [Info]

Heute, Leibnitz: Landeshauptleutekonferenz im Schloss Seggau (auch 14.11.) [Info]

Heute, Wien: 2. Runde der KV-Verhandlungen im Handel [Info]

Heute, Wien: 2. Runde der KV-Verhandlungen in der Sozialwirtschaft [Info]

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Baufertigstellungen 2024

10:00 Uhr, Paris: IEA veröffentlicht Monatsbericht Ölmarkt

11:00 Uhr, Luxemburg: Eurostat gibt Industrieproduktion der Eurozone im September bekannt

Selektive Agenda, Termine & Events 🗓️

Was steht auf der Agenda der Bundesregierung und wo treffen sich Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zum Austausch? Die wichtigsten Termine im Überblick.

Der Link zum Selektiv-Terminkalender wechselt jeden Montag.

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Christian Lindner wird stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Autoland AG. Gernot Neuwirth übernimmt die Geschäftsführung des Naturschutzbundes Österreich. Heike Lehner ist neue Generalsekretärin der Aktion Generationengerechtigkeit.

Geburtstage: Wir gratulieren Sonja Zimmermann und Gerhard Karner zum Geburtstag!

Sehen & gesehen werden:

18:00 Uhr, Wien: Festakt anl. 150 Jahre Haus der Barmherzigkeit u. a. mit Christoph Schönborn, Ulrike Königsberger-Ludwig und Peter Hanke in der Aula der Wissenschaften [invite only]

18:00 Uhr, Graz: Clubabend mit Landeshauptmann-Stellvertreterin Manuela Khom im Steirischen Presseclub [Info]

18:30 Uhr, Wien: „Rede an die Freiheit“ von Marta Kos im österreichischen Parlament; danach Podiumsdiskussion mit Beate Meinl-Reisinger und Helmut Brandstätter [Info]

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