Morning in Brief

Morning in Brief, 15. April 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank, Sara Grasel und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Firmeninsolvenzen: Prognosen nach oben revidiert. Nachdem der KSV1870 für heuer zuletzt zwischen 6.500 und 7.000 Firmeninsolvenzen prognostizierte, hat der Informationsdienstleister CRIF seine Prognose auf bis zu 8.000 Insolvenzen angehoben. Im 1. Quartal 2025 stiegen die Insolvenzen um 8 Prozent auf 2.004 Fälle, den stärksten Anstieg gab es hierbei in Tirol (76,7 Prozent). In absoluten Fällen führt Wien mit 802 Firmeninsolvenzen. Bei den Branchen führt der Handel (384) vor dem Baugewerbe (315) und der Gastronomie (242). [Quelle: CRIF]

„Der Staat hat seine bürokratischen Krakenarme ausgefahren“
Interview mit Barbara Kolm

„Die Politik bzw. der Staat sollte sich nicht anmaßen, etwas besser zu wissen als der Markt. Hayek beschreibt Wettbewerb als ein Entdeckungsverfahren, das jedem Unternehmen zugestanden werden muss. Auch Scheitern muss möglich sein“, sagt Ökonomin Barbara Kolm, die dem österreichischen Hayek-Institut als Präsidentin vorsteht. Wie aktuell sind Hayeks Theorien heute wieder?

Grafik (von Christoph Hofer): Bereits 2026 droht Österreich laut Fiskalrat ein neues Allzeithoch der heimischen Staatsverschuldung. Mit 86,1 Prozent Schulden gemessen am BIP soll der alte Rekordstand aus dem Jahr 2015 (85,6 Prozent des BIP) übertroffen werden. Seit fast einem Jahr verschlechtern sich heimische Fiskalprognosen stetig. Im Budget 2024 ging das Finanzministerium noch von einem leichten Absinken der heimischen Schuldenquote auf 76,2 Prozent bis ins Jahr 2027 aus. Schon im Juni 2024 prognostizierte der Fiskalrat hingegen ein Ansteigen der Staatsverschuldung auf rund 80 Prozent des BIP. Im Dezember 2024 und nun im April 2025 kam es zu weiteren Verschlechterungen der Prognosen. Als Gründe werden die anhaltende Rezession und mangelhafte Sparmaßnahmen der Regierung genannt. [Quellen: Statistik Austria, BMF, Fiskalrat]

Pensionskassen im 1. Quartal mit kleinem Minus. Auch die österreichischen Pensionskassen konnten sich der Volatilität an den internationalen Kapitalmärkten nicht entziehen und beenden das 1. Quartal mit einem Ergebnis von -0,72 Prozent. Die Gründe dafür sind laut Wirtschaftskammer protektionistische Maßnahmen in den USA, eine schwächelnde Wirtschaft in der Eurozone und die anhaltenden Auswirkungen der Immobilienkrise in China. Die langfristige Performance liegt laut WKÖ-Spartenobmann Andreas Andreas Zakostelsky bei 5,03 Prozent. Im Vorjahr erzielten die Pensionskassen 7,76 Prozent. [Quelle: WKÖ]

Anheben des Frauen-Pensionsantrittsalters positiv für Arbeitsmarkt. Eine Analyse von EcoAustria zeigt positive Arbeitsmarkteffekte durch die schrittweise Anhebung des Frauen-Pensionsantrittsalters. Mit der Anhebung des Antrittsalters auf 60,5 Jahre hat die Zahl der unselbstständig Beschäftigten im Laufe des Vorjahres deutlich zugenommen und lag in der zweiten Jahreshälfte 2024 bei durchschnittlich 31.400, also um 15.900 Beschäftigte mehr als 2023. Trotz der aktuell herrschenden Wirtschaftskrise waren rund 85 Prozent der zusätzlichen 60-jährigen Frauen am Arbeitsmarkt in einem Beschäftigungsverhältnis. Die Anhebung des Antrittsalters fördert die Beschäftigung kräftiger als gleichzeitig die Arbeitslosigkeit erhöht wird. Die steigende Arbeitslosigkeit erklärt die Studie dahingehend, dass nicht die Arbeitslosenquote älterer Personen insgesamt ansteigt, sondern die Arbeitslosigkeit in die letzten Monate vor den Pensionsantritt verschoben wird. [Quelle: EcoAustria]

Ärztekammer lehnt „Solidarbeitrag“ ab und fordert externen Krisenmanager. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) erwartet für 2025 ein Defizit von über 900 Mio. Euro. Zur finanziellen Sanierung wurde kürzlich ein „Solidarbeitrag“ der Ärzte eingefordert. Diesen lehnt die Ärztekammer strikt ab, die Kasse solle Synergieeffekte aus der Kassenfusion besser nutzen sowie die eigenen Strukturprobleme lösen. Das österreichische Gesundheitssystem sei darüber hinaus nicht auf über 9 Mio. Einwohner ausgelegt, so der Ärztekammerpräsident Johannes Steinhart. Weiters fordert die Ärztekammer einen „externen Krisenmanager zur finanziellen Sanierung“ der ÖGK, eine kritische Überprüfung bzw. Schließung von ÖGK-Ambulatorien sowie einen Kassasturz für alle Träger des Dachverbands der Sozialversicherungen. Die ÖGK fordert „Dialog statt Konfrontationskurs“ und sieht die Vorwürfe der Ärztekammer „wenig fundiert“. [Quellen: Ärztekammer, ÖGK]

Kritik an Arzneimittelbevorratung. Die heimische Pharmabranche warnt vor Engpässen bei der Versorgung, wenn die Pflicht zur Bevorratung von gewissen Medikamenten mit 21. April in Kraft tritt. Die Produktion von Generika würde jetzt schon eine Auslastung von 80 bis 100 Prozent aufweisen, es sei unklar, wie noch mehr für das Füllen der Lager hergestellt werden könnte. Die Branche pocht dagegen auf eine europaweite Strategie, um den Standort zu sichern und Versorgungssicherheit zu garantieren. [Quellen: Pharmig, Generikaverband

Inflationserwartung und Zinsen in Eurozone gesunken. Unternehmen in der Eurozone rechnen für heuer mit einer Inflationsrate von 2,9 Prozent, das ist ein Rückgang um 0,1 Prozentpunkte zu Ende 2024. Die Löhne sollen demnach heuer um 3,0 Prozent steigen, bei der vorigen Umfrage war man noch von 3,3 Prozent ausgegangen. Indes gaben die Unternehmen an, dass die Zinsen für Kredite um 12 Prozent im ersten Quartal 2025 gesunken sind [Quelle: EZB]

OPEC senkt Prognose für Ölnachfrage. Laut neuester OPEC-Prognose wird die Ölnachfrage 2025 um 1,30 Mio. Barrel pro Tag und 2026 um 1,28 Mio. Barrel pro Tag steigen. Beide Prognosen liegen damit um 150.000 Barrel pro Tag unter der vorherigen Prognose im März. Die US-Zölle sowie die Ausweitung der Öl-Fördermenge durch die OPEC+ drücken derzeit den Ölpreis. [Quelle: Reuters, OPEC]

EU verschiebt Gegenzölle um 3 Monate. Die EU-Gegenzölle auf US-Produkte wurden nun auch offiziell per Durchführungsverordnung auf 14. Juli verschoben. Ursprünglich wären diese heute in Kraft getreten. Auch wenn die „reziproken“ Zölle seitens der USA verschoben wurden, sind die Zölle von 25 Prozent auf Autos, Stahl und Aluminium sowie 10 Prozent „Basiszoll“ auf alle Produkte weiterhin in Kraft. EU-Handelskommissar Maros Šefčovič befindet sich derzeit für Verhandlungen in Washington D.C., um auch diese Barrieren wieder abzubauen – laut US-Verhandler Kevin Hassett gäbe es dabei „enorme Fortschritte“. Šefčovič sieht bis zu einer Einigung noch „erhebliche gemeinsame Anstrengungen“. [Quellen: Šefčovič auf X, Fox Business, EU-Durchführungsverordnung]

Deutsche Wirtschaft von US-Zöllen betroffen. Die Handelspolitik der USA ergibt ein „turbulentes Umfeld“ für die deutsche Wirtschaft, so die aktuelle Einschätzung des deutschen Wirtschaftsministeriums. Vor allem die Export-Industrie dürfte enorm leiden. Gleichzeitig stieg im Vorjahr der US-Anteil an dem deutschen Exportgeschäft auf den höchsten Wert seit 2002 mit 161,3 Mrd. Euro. 23,8 Prozent aller deutschen Pharmaexporte gingen in die USA, bei Kfz sind es 13 Prozent. [Quellen: Monatsbericht Wirtschaftsministerium, Statistisches Bundesamt]

Frankreich will Reichensteuer permanent einführen. Der französische Finanzminister Eric Lombard hat sich dafür ausgesprochen, eine eigentlich nur temporär geltende Reichensteuer in permanentes Recht überzuführen. Aus Gründen der „Solidarität“ sollen unter anderem Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Die genaue Umsetzung befindet sich noch in Ausarbeitung. Im Jahr 2026 will Frankreich zusätzliche 40 Mrd. Euro einsparen, um ein Budgetdefizit von 4,6 Prozent des BIP zu erreichen. Für 2025 wird ein Defizit von 5 Prozent angepeilt, 2024 lag es über 6 Prozent. [Quelle: Le Monde]

DAX-Chefs mit deutlichem Gehaltsplus. Um 10,4 Prozent mehr verdienten die Vorstandschefs der größten deutschen börsennotierten Unternehmen im Vorjahr, insgesamt 231,4 Mio. Euro. Die aufsummierten Gehälter der Vorstandsmitglieder stiegen um 5,2 Prozent auf insgesamt 893,2 Mio. Euro. Die Nettogewinne der Unternehmen stiegen im selben Zeitraum um rund ein Prozent. [Quelle: HRI

Exporte aus China stiegen stark. Im März stiegen die Exporte China um 12,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, während Importe um 4,3 Prozent sanken. Um die US-Zölle zu verhindern, dürften viele Unternehmen noch im März Importe aus China abgewickelt haben. Im 1. Quartal 2025 verzeichnete China einen Rekord-Handelsüberschuss von 273 Mrd. US-Dollar. [Quelle: Reuters, Robin Brooks]

US-Regierung sperrt Harvard Milliarden-Förderung. Die US-Regierung hat der Harvard Universität Bundesmittel in Höhe von 2,3 Mrd. Dollar gesperrt. Dei Vorgeschichte: Das US-Bildungsministerium hatte die Uni zu Änderungen in der Lehre, unter anderem die Einstellung von Diversity-Programmen, aufgefordert. In einem offenen Brief hatte der Präsident der Universität, Alan Garber, auf die Unabhängigkeit der Universität gepocht: „Keine Regierung – unabhängig davon, welche Partei an der Macht ist – sollte vorschreiben, was private Universitäten lehren dürfen, wen sie aufnehmen und einstellen dürfen und welche Studien- und Forschungsbereiche sie verfolgen dürfen“. [Quelle: Medienberichte, Harvard-Brief]

Selektive Agenda:

Warschau, Polen: Informelle Tagung der Sozialminister [Info]

Wien: Bank Austria veröffentlicht Konjunkturindikator April

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht den Baukostenindex März

11:00 Uhr, Mannheim, Deutschland: Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung veröffentlicht Konjunkturerwartungen April

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Sebastian Wolf wird neuer CFO von TGW Logistics. Uwe Blümel ist jetzt Senior Communications & PR Manager bei AVILOO Battery Diagnostics. Lukas Kokail wird neuer Geschäftsführer des GAK 1902.

Geburtstage: Wir gratulieren Peter Stauber zum Geburtstag!

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