Morning in Brief

Morning in Brief, 15. Mai 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel, Stephan Frank und Christoph Hofer – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

EU legt nächsten Entbürokratisierungs-„Omnibus“ vor. Die EU-Kommission hat im Zuge der Entbürokratisierungs-Initiative ein zweites „Omnibus“-Paket vorgelegt. Im ersten Paket wurden Lieferkettenrichtlinie und Nachhaltigkeits-Berichterstattung vereinfacht, nun folgt ein Paket für die Landwirtschaft. Die Kommission rechnet mit jährlichen Entlastungen im Umfang von 1,58 Mrd. Euro für Landwirte. Die Pauschalzahlung für kleine Bauern soll steigen, bestimmte Umweltanforderungen für Förderungen sollen für Bio-Betriebe automatisch als erfüllt gelten und der Verwaltungsaufwand bei Kontrollen soll gesenkt werden. EU-Parlament und Rat der Mitgliedsstaaten müssen noch zustimmen. [Quellen: EU-Kommission, FAQ der Kommission | Reaktionen: Bio Austria, Land&Forst Betriebe]

Kommentar: Es müsste Strafen hageln für diese schlimme Budgetpolitik
von Alexander Purger

Alexander Purger Illustration

Ungefähr gleichzeitig mit der Budgetrede des Finanzministers wurde im Parlament übrigens über ein geplantes Gesetz debattiert, laut dem Eltern schlimmer Schüler, die das Gespräch mit dem Lehrpersonal verweigern und ihre Mitwirkungspflicht an der Erziehung ihrer Kinder vernachlässigen, künftig bestraft werden können. Nun soll man zwar nicht Äpfel mit Birnen und Schlingel mit Ministern vergleichen, aber sind nicht die Mitglieder der Bundesregierung und auch die Abgeordneten des Parlaments irgendwie die Eltern des Budgets?

Grafik (von Christoph Hofer): Das Budgetdefizit soll heuer -4,7 % betragen und bis 2029 auf -2,8 % zurückgehen. Während die Staatseinnahmen gerechnet am BIP auf einem Rekordniveau stagnieren, soll dies vor allem durch Ausgabensenkungen erreicht werden. Trotz beschlossenem Sanierungspaket der Bundesregierung würde die Budgetlücke auch im Jahr 2029 noch rund 15,7 Mrd. Euro betragen. Die Staatsschuldenquote soll derweil von 84,7 % (2025) auf den Rekordwert von 87 % am BIP im Jahr 2028 ansteigen. [Quellen: OeNB, BMF, Agenda Austria]

Tourismus als „Konjunkturbremse“. In der Wintersaison 2024/2025 wurde in Österreich ein neuer Gäste-Rekord von 17,8 Mio. aufgestellt. Die nominellen Umsätze im Gesamtreiseverkehr stiegen preisbereinigt um 2,3 %. Binnentourismus nahm um 0,6 % zu, ausländische Nachfrage um -1,0 % ab. Die preisbereinigte Bruttowertschöpfung sank 2024 jedoch um -3,9 % und entwickelte sich damit „deutlich ungünstiger“ als die Gesamtwirtschaft (-1,4 %). „Der Tourismus wirkte 2024 – anders als oft dargestellt – nicht als Konjunkturmotor, sondern im Gegenteil als leichte Konjunkturbremse. Ohne den negativen Beitrag dieses Sektors wäre der Rückgang der realen Wirtschaftsleistung 2024 um 0,1 Prozentpunkt geringer ausgefallen“, so Wifo-Ökonom Oliver Fritz. [Quellen: Wifo Tourismusanalyse, Wifo auf X | Reaktionen: ÖHV, Grüne]

Höhere Einkommen erreichten Vorkrisenniveau später. Der Budgetdienst des Parlaments hat die Entwicklung der Einkommen von 2020 bis 2024 untersucht. Dabei waren in den unteren drei Einkommensdezilen die real verfügbaren Einkommen im gesamten Betrachtungszeitraum im Durchschnitt höher als im Vorkrisenjahr 2019. In den mittleren und oberen Einkommensdezilen lag das real verfügbare Einkommen 2022 und insbesondere 2023 unter dem Vorkrisenniveau. Die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen konnten die realen Einkommensverluste in diesem Zeitraum im Durchschnitt nicht ausgleichen. Erst 2024 überstiegen die realen Einkommen auch in diesen Einkommenssegmenten wieder das Niveau von 2019. [Quelle: Budgetdienst]

Hattmannsdorfer fordert „Binnenmarkt Plus“. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) will den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auch „über die Grenzen unseres Kontinents hinaus“ ausweiten. „Es braucht eine neue europäische Handelsarchitektur, die verlässliche Handelspartner wie Kanada und Israel noch stärker einbindet“, so Hattmannsdorfer. Nicht-tarifäre Handelshindernisse sollen durch gegenseitige Anerkennung von Normen, Standards und Abschlüssen abgebaut werden. Die Abkommen sollen über herkömmliche Freihandelsabkommen hinaus gehen. [Quelle: BMWET]

Weniger Mittel für Bahnausbau, aber höhere Bahnausgaben. Im Zuge der Budgetkonsolidierung wird auch der ÖBB-Rahmenplan gekürzt. Für Infrastruktur-Investitionen stehen nun 19,7 Mrd. Euro für den Zeitraum 2025-2030 zur Verfügung. Laut ÖBB sah der Plan für die Jahre 2024-2029 zuvor noch 21,1 Mrd. Euro vor – 3,2 Mrd. Euro pro Jahr. 2025 wird laut BMF um 0,3 Mrd. Euro gekürzt und 2026 um 0,6 Mrd. Euro. Laut ÖBB werden alle begonnenen Projekte abgeschlossen – nur eben manche verschoben. Laut trend steigen die Bahnausgaben insgesamt in den kommenden beiden Jahren an – vor allem aufgrund von Zinszuschüssen und den Kosten für den Bahnbetrieb. [Quellen: ÖBB, BMF, trend | Reaktionen: WKO, FPÖ, FPÖ NÖ]

Kürzungen bei Forschungsförderungen. Auch auf den „Fonds Zukunft Österreich“ kommen Kürzungen zu. Für 2025 wird er mit 140 Mio. Euro dotiert, 2026 soll das Volumen auf 50 Mio. Euro sinken. Im Regierungsprogramm ist noch von einer Erhöhung auf 200 Mio. Euro pro Jahr die Rede. Der Wissenschaftsfonds FWF rechnet mit Einschnitten bei den Förderprogrammen. [Quellen: APA via Medienberichte, Regierungsprogramm]

Frühjahrslohnrunde stockt. Gestern gab es nach 4 ergebnislosen Kollektivvertrags-Verhandlungs-Runden wieder Betriebsversammlungen in Betrieben der Elektro- und Elektronikindustrie und auch heute sind wieder Versammlungen geplant. Noch gibt es keinen Termin für eine weitere Gesprächsrunde. Auch in der Papierindustrie stocken die Verhandlungen. Bereits abgeschlossen haben die Chemieindustrie (+2,65 %) und die Holzindustrie (+2,8 %). [Quelle: Medienberichte]

Industriestrompreis deutlich über US-Niveau. Der Branchenverband Oesterreichs Energie empfiehlt die Wiedereinführung der Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen. Die Kompensation wurde in Österreich einmalig im Jahr 2022 gewährt, während sie in den meisten EU-Ländern bis 2030 verlängert wurde. Bei einem mittleren Verbrauch lag der Industriestrompreis in Österreich bei 19,9 Cent pro Kilowattstunde (Platz 19 in der EU) und bei hohem Verbrauch bei 13,3 Cent/kWh (Platz 14) – der EU-Schnitt liegt bei 13 Cent/kWh, in den USA und China sind es je 8 Cent/kWh. Die Energiekostenanteile (Strom und sonstige) am Umsatz liegen in Österreich je nach Branche bei 0,4 – 5,8 %. [Quelle: Oesterreichs Energie]

„Sonderjahr“ 2024 in der Stromerzeugung. Im Jahr 2024 stieg die österreichische Stromerzeugungskapazität um 8 %, die Volllaststunden um 3,4 % und die Stromerzeugung um 12 %. Durch mehr Kapazität und besserer Ausnutzung dieser erzielte Österreich im Vorjahr einen Stromüberschuss von fast 7 TWh. Hauptfaktoren waren die starke Auslastung der Laufwasserkraft (5.436 Volllaststunden) sowie der Ausbau von Photovoltaik (+2.130 MW) und Windkraft (+196 MW). Der Gesamtverbrauch lag 2024 bei 64 TWh, dabei reduzierte sich der Verbrauch aus dem Stromnetz aufgrund steigender Eigenversorgung (10 TWh) auf 54 TWh – etwa das Niveau des Jahres 2006. [Quelle: E-Control]

17. EU-Sanktionspaket beschlossen. Die EU-Staaten haben sich auf ein neues Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. Vor allem die sogenannte Schattenflotte von Öltankern soll damit ins Visier genommen werden. Weiters soll auch Russlands Zugang zu „Dual-Use“-Produkten, die im Angriffskrieg gegen die Ukraine eingesetzt werden könnten, erschwert werden. „Dieser Krieg muss enden. Wir werden den hohen Druck auf den Kreml aufrechterhalten“, so EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Das Sanktionspaket soll nächsten Dienstag beschlossen werden und dann sofort in Kraft treten. [Quellen: Von der Leyen auf X, Dombrovskis auf X]

Deutsche Inflation sinkt auf 2,1 %. Nach 2,3 % im Februar und 2,2 % im März sinkt die deutsche Inflationsrate im April auf 2,1 %. Die Entwicklung der Energiepreise (-5,4 %) dämpfte die Inflation, während Nahrungsmittel (+2,8 %) preistreibend wirkten. Die Kerninflation (ohne Nahrungsmittel und Energie) lag im April bei 2,9 %. Von März auf April stieg der Verbraucherpreisindex um 0,4 %. Saisonbedingt stiegen die Preise für Flugreisen (+21,0 %) und Pauschalreisen (+5,5 %) deutlich. [Quelle: Statistisches Bundesamt]

Selektive Agenda:

Heute, Brüssel, Belgien: EU-Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ (Handel) mit Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer, Pressekonferenz: 14:30 Uhr [Info, Live]

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht den Baukostenindex für April

11:00 Uhr, Luxemburg: Bekanntgabe der Industrieproduktion in der Eurozone im März sowie des BIP-Wachstums im 1. Quartal

11:00 Uhr, Wien: Festakt im Parlament zu 70 Jahren Staatsvertrag, mit u. a. Bundespräsident Van der Bellen, Bundespräsident a. D. Fischer [Info]

14:30 Uhr, Washington D. C., USA: Bekanntgabe der US-Erzeugerpreise und des Einzelhandelsumsatzes im April

15:15 Uhr, Washington D. C., USA: Bekanntgabe der US-Industrieproduktion und Kapazitätsauslastung im April

18:30 Uhr, Wien: EU-Budgetkommissar Serafin trifft Europaministerin Plakolm [Info]

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Johannes Hahn wird EU-Sonderbeauftragter für Zypern. Alexandra Supper wird neue Vermarktungschefin des Nachrichtenmagazins „Profil“. Rudolf Mayrhofer-Grünbühel wird Franchise-Partner bei „global office“. Johannes Bock wurde zum Stellvertreter des Spartenobmanns in der Wirtschaftskammer Burgenland bestellt.

Sehen & gesehen werden:

18:00 Uhr, Wien: Podiumsdiskussion „70 Jahre Bundesheer – Der Einfluss der neuen sicherheitspolitischen Ordnung in Europa auf Österreich“ im Hotel Imperial [Info]

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