Morning in Brief

Morning in Brief, 17. Jänner 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Gregor Plieschnig und Christoph Hofer – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Sparpaket I. FPÖ und ÖVP haben gestern Details zum Sparpaket vorgelegt, mit dem heuer rund 6,4 Mrd. Euro eingespart und ein Defizitverfahren der EU abgewendet werden soll. Große Brocken sind die avisierte Abschaffung des Klimabonus (1,97 Mrd. Euro) sowie der Bildungskarenz (0,35 Mrd. Euro) und die Kürzung ministerialer Aufwendungen um 15 Prozent (1,1 Mrd. Euro). Durch eine Inflationsanpassung von Bundesgebühren wird die Ausstellung von Reisepässen, Führerscheinen und anderen Dokumenten teurer. Im Klimabereich sollen 20 Prozent der Umweltförderungen gekürzt werden, das Gratis-Klimaticket für 18-Jährige fallen und eine motorbezogene Versicherungssteuer für Elektro-Fahrzeuge kommen. Die Mehrwertsteuerbefreiung bei der Beschaffung von Photovoltaik-Modulen soll früher auslaufen, das Kilometergeld für Motorräder wird auf 25 Cent halbiert, jenes für Fahrräder auf 12 Cent geviertelt. Ausgeweitet werden soll die Digitalsteuer und in Zukunft auch die Bereitstellung von Online-Plattformen sowie den Verkauf von Nutzerdaten umfassen. Bei der Grunderwerbssteuer soll es zu einem Lückenschluss bei Share Deals kommen. Laut Standard sollen auch Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten steigen. [Quellen: FPÖ, ÖVP, Medienberichte, Standard-Bericht

„Das ist eine zusätzliche Belastung der jungen Generation“
Interview mit Monika Köppl-Turyna

Ökonomin Monika Köppl-Turyna findet es gut, dass das Budget primär ausgabenseitig saniert wird. „Positiv überrascht“ ist sie von Steueranpassungen für E-Autos. Bei Klimaticket und Pensionen wäre aus ihrer Sicht jedoch mehr drin gewesen. Grundsätzlich mahnt sie, nicht aus dem Blick zu verlieren, dass der Sparbedarf für ein ausgeglichenes Budget noch wesentlich höher wäre – 12 Mrd. Euro müssten dafür pro Jahr eingespart werden.

Grafik (von Christoph Hofer): 2020 erreichte die US-Staatsverschuldung mit 126,3 Prozent des BIP bzw. 26,9 Bio. US-Dollar ihren vorläufigen Höchstwert. Zuletzt wurde unmittelbar in Folge des Zweiten Weltkriegs mit 118,9 Prozent (1946) ein vergleichbarer Wert erreicht. Prognosen für die nächsten Jahre sehen einen weiteren Anstieg der Schuldenlast voraus. [Quelle: Office of Management and Budget]

Sparpaket II. Die Reaktionen auf das vorgestellte Sparpaket der Koalitionsverhandler fielen gemischt aus. Die SPÖ warnt davor, dass die Hauptlast der geplanten Einsparungen auf „die Schultern der arbeitenden Bevölkerung“ gelegt werde. Die Grünen kritisierten eine „ideologisch getriebene“ und „gefährliche“ Sparpolitik im Klimabereich. Alles, was das Klima schützen und die Zukunft sicherer machen würde, werde teurer. Neos vermissen eine langfristige Perspektive und nachhaltige Reformen zur Budgetsanierung, begrüßten aber die Ambition, den Staatshaushalt ohne EU-Defizitverfahren zu sanieren. Positiv bewertet werden die Sparpläne von der Industrie: Das Vorhaben der Koalitionsverhandler, das Budget aus eigener Kraft zu sanieren und somit ein Defizitverfahren abzuwenden, sei „ein begrüßenswerter erster Schritt“, so IV-Präsident Georg Knill. Während Umweltschutz-Organisationen wie der WWF die Pläne als „fahrlässig und kontraproduktiv“ kritisierten, hofft der ÖAMTC auf eine „deutliche Zunahme der Elektromobilität in Kombination mit ambitionierteren Zielen bei der Beimischung alternativer Kraftstoffe.“ [Quellen: Medienberichte, SPÖ, Grüne, Neos, WWF, ÖAMTC

Ökonomen zur Budgetsanierung. In einer Diskussion mit dem neuen WKO-Generalsekretär Wolfgang Hattmannsdorfer sprachen sich die Ökonomen Gabriel Felbermayr (Wifo-Chef) und Monika Köppl-Turyna (Eco-Austria-Direktorin) für mutige strukturelle Reformen aus. „Wir müssen jetzt über sieben Jahre einen Plan vorlegen – da wird man die berühmte Kettensäge an ein paar Ecken im Dickicht wahrscheinlich tatsächlich brauchen“, betonte Felbermayr, während Köppl-Turyna die Probleme des Arbeitskräftemangels ansprach. Zusätzliche qualifizierte Zuwanderung ist nötig: „Wir brauchen mehr geleistete Stunden, auch pro Person, und damit auch mehr Menschen.“ Ohne entsprechende Migrationsströme würde das Arbeitskräftepotenzial in 40 Jahren um 1,7 Mio. Menschen schrumpfen. [Quelle: Medienberichte]

Gewerbe und Handwerk. Wenig Grund für Optimismus haben Gewerbe und Handwerk für das heurige Jahr. Nach vorläufigen Schätzungen schließt die Branche 2024 mit einem realen Umsatzminus von 4,5 Prozent ab. Damit ist 2024 schon das fünfte Jahr in Folge mit einem realen Umsatzminus. WKÖ-Spartengeschäftsführer Reinhard Kainz drängt auf Bürokratieabbau. Das Zurückfahren des bürokratischen Mehraufwandes um nur 10 Prozent würde die Betriebe um 430 Mio. Euro pro Jahr entlasten und 4.200 Vollzeitbeschäftige für produktive Tätigkeiten freispielen. [Quelle: WKO

Agrarindustrie. In den ersten drei Quartalen des Vorjahres wuchs das heimische Handelsdefizit mit Lebensmitteln stark von 285 Mio. Euro (2023) auf 1,2 Mrd. Euro an. Der Gesamtwert der Exporte stieg geringfügig um 0,4 Prozent auf 12,65 Mrd. Euro, bei den Importen gab es einen Zuwachs von 7,9 Prozent auf 13,89 Mrd. Euro. Grund für das wachsende Defizit seien unter anderem die stark gestiegenen Preise für Obst und Gemüse sowie von Produkten wie Olivenöl, Kakao und Orangensaft. [Quelle: Medienberichte] 

Lehrausbildung. 92 Prozent der Unternehmen in Österreich wünschen sich für die Lehrausbildung einen höheren Stellenwert auf der politischen Agenda, so eine Studie des Market-Instituts im Auftrag von Industriellenvereinigung (IV) und zukunft.lehre.österreich (z.l.ö.). Die Umfrage beleuchtet auch, welche Reformen sich Betriebe von der Politik wünschen. 80 Prozent möchten eine stärkere Vermittlung von Grundkompetenzen in den Schulen, 79 Prozent sprechen sich für bessere Vorbereitung auf das Arbeitsleben aus. [Quelle: IV, z.l.ö.]

EZB-Leitzins. Portugals Notenbankchef Mario Centeno plädiert für eine Senkung des Leitzinses der Europäischen Zentralbank (EZB) auf zwei Prozent. Die Inflation im Euroraum sei generell unter Kontrolle, auch der jüngste Anstieg auf 2,4 Prozent im Dezember war erwartet worden, betonte er. Die EZB solle die Zinssätze in den nächsten Monaten graduell kürzen. Er warnte jedoch davor, Inflationsdruck über die Nachfrage zu erzeugen. Regierungen sollten in ihrer Haushaltspolitik zurückhaltend agieren, ebenso die Unternehmen bei ihren Gewinnmargen. Zurückhaltung sei auch bei den Lohnerhöhungen geboten. [Quelle: Reuters

Autoindustrie. Um im globalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten, fordert die europäische Autoindustrie in einem offenen Brief an die EU-Kommission eine Lockerung von Klimaschutzregeln. Im Brief wird betont, dass die Branche am Ziel einer emissionsfreien Mobilität festhält, doch das Tempo des Umschwungs hänge vom Kunden ab. Die Vorschrift, das Verfehlen von CO2-Abbauzielen ab diesem Jahr mit Bußgeldern zu bestrafen, solle geändert werden. Im vergangenen Jahr sank der Absatz von reinen E-Autos in der EU bis November um 5,4 Prozent, der Marktanteil schrumpfte auf 13 Prozent. ACEA zufolge müsste er 10 Prozentpunkte höher sein, um den geforderten Rückgang des CO2-Ausstoßes der Neuwagenflotten auf knapp 94 Gramm pro Kilometer im Schnitt zu schaffen. Den Autobauern drohen nach Schätzung von ACEA rund 15 Mrd. Euro an Strafen. [Quelle: ACEA, Medienberichte] 

Globale Konjunkturentwicklung und Arbeitslosigkeit. Heuer und 2026 wird die weltweite Wirtschaft um 2,7 Prozent wachsen, prognostiziert die Weltbank. Das sei aber nicht genug, um den Schaden auszugleichen, der in den vergangenen Jahren durch wirtschaftliche Schocks wie die Coronapandemie oder die hohe Inflation angerichtet wurde. Ein hohes Risiko für ein langsameres Wirtschaftswachstum bestünde, sollte der nächste Woche sein Amt antretende US-Präsident Donald Trump seine Ankündigungen weitreichender Zölle in die Tat umsetzen. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) erwartet für 2025 eine globale Arbeitslosenquote von rund fünf Prozent, ein historisch niedriges Niveau. Gleichzeitig bremst das moderate Wirtschaftswachstum die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Besonders junge Menschen sind weiterhin von hoher Arbeitslosigkeit betroffen (12,6 Prozent). [Quelle: Weltbank, ILO]

US-chinesischer Handelsstreit. Die chinesische Regierung hat im schwelenden Handelsstreit mit den USA über Technologien eine Untersuchung möglicher Verstöße der Vereinigten Staaten gegen Wettbewerbsregeln bei Mikrochips bekanntgegeben. Chinesische Firmen würden den Vorwurf erheben, dass der US-Chipsektor „erheblich subventioniert“ werde. Diese Ankündigung Chinas kommt einen Tag nach der von der US-Regierung angekündigten Verschärfung der Exportkontrollen bei der Ausfuhr von hochmodernen Halbleitern nach China, die auch für militärische Zwecke genutzt werden können. [Quelle: Medienberichte] 

Atomenergie. Mit einer globalen Produktion von rund 2.900 Terawattstunden durch Atomkraftwerke dürfte es 2025 einen neuen Rekord geben. Das entspricht knapp zehn Prozent der gesamten Stromproduktion weltweit, schätzt die Internationale Energieagentur (IEA). Heuer seien weltweit Reaktoren mit Kapazitäten in Höhe von 70 Gigawatt im Bau. Angetrieben wird der Trend auch von der wachsenden Stromnachfrage für Technologien wie Künstliche Intelligenz. Vor allem in China werden viele neue Atommeiler gebaut. [Quelle: IEA

US-Wirtschaft. Im Dezember 2024 wuchsen die Umsätze des Einzelhandels in den Vereinigten Staaten um 0,4 Prozent zum Vormonat, ein schwächeres Wachstum als erwartet wurde. Ebenfalls keine guten Nachrichten gab es am Donnerstag bei den Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe. Ihre Zahl legte in der vergangenen Woche um 14.000 auf 217.000 zu, von Reuters befragte Volkswirte hatten im Schnitt nur einen Anstieg auf 210.000 Anträge erwartet. [Quellen: US-Handelsministerium, Reuters

Inflation Deutschland. Die Teuerung im vergangenen Jahr in Deutschland betrug 2,2 Prozent und war damit deutlich geringer als 2023 (5,9 Prozent) und 2022 (6,9 Prozent). Im letzten Monat des Vorjahres zog die Inflation mit 2,6 Prozent zum Vorjahresmonat an. Das entsprach der zweithöchsten Monatsinflation 2024, nach dem Jänner mit 2,9 Prozent. Inflationstreiber waren vor allem der Anstieg des CO2-Preises für Benzin, Heizöl und Gas sowie die Verteuerung des Deutschlandtickets. [Quelle: Statistisches Bundesamt]

Selektive Agenda:

Heute, 10:30 Uhr, Wien: Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter in Österreich, Empfang durch Bundespräsident Van der Bellen 

Samstag, 11:00 Uhr, Vösendorf: Neujahrstreffen der FPÖ mit Reden von u.a. Bundesparteiobmann Kickl und NÖ-LH-Stv. Landbauer 

Sonntag, Burgenland: Landtagswahl (letzte Wahllokale schließen um 16 Uhr)  

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Mario Paier ist zum neuen Präsidenten des Forum Mobilkommunikation bestellt worden. Patricia Nickel-Dönicke wird Leiterin des Landestheaters NÖ. 

Geburtstage: Wir gratulieren Adele Neuhauser und Stefan Petzner zum Geburtstag! Am 18. Jänner haben Alexander Van der Bellen, Friedrich Stickler und Andreas Prenner Geburtstag.

Sehen & gesehen werden:

Heute, ab 10:00 Uhr, Berlin: Beginn der weltgrößten Agrarmesse „Grüne Woche“ mit u.a. Landwirtschaftsminister Totschnig (bis 26. 1.) [Info & Tickets

Heute, ab 16:00 Uhr, Wien: Winterfest mit Performance von Monster Chetwynd im Belvedere 21 [Info]

Samstag, 14:00 Uhr, Wien: Dankgottesdienst für Kardinal Schönborn im Wiener Stephansdom mit Ansprache von Bundespräsident Van der Bellen [Info]

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