Guten Morgen Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Maximilian Kern und Stephan Frank – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
🇦🇹 „Grundsatzeinigung“ bei ElWG. Ein überarbeiteter Entwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) liegt nun vor, das bestätigten das Energieministerium und Neos-Klubobmann Yannick Shetty gestern. Laut Shetty wird das „Billigstromgesetz“ morgen dem Nationalrat zugewiesen, ein „paar Feinschliffe“ wären noch notwendig. Für die nötige Zweidrittelmehrheit will Shetty mit sowohl FPÖ als auch Grünen sprechen, auch wenn es mit den Grünen mehr Schnittmengen gäbe. Es werde jedenfalls „Kompromisse“ brauchen. Wirtschafts- und Energieminister Wolfgang Hattmannsdorfer sieht die „Verantwortung“ nun bei den Oppositionsparteien: „Es geht hier nicht um Ideologie, sondern um eine Grundsatzentscheidung für leistbare Strompreise und eine stabile Versorgung“, so Hattmannsdorfer. [Quellen: Shetty im Ö1 Morgenjournal, Statement BMWET | Reaktionen: EEÖ, Stadt Wien]
„Können nicht länger mit Vollgas gegen die Wand steuern“
Interview mit Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer
Anfang November führte Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer eine Wirtschaftsdelegationsreise in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) an. „Die VAE sind ein starker neuer Allianzpartner – unser Gateway zur Golfregion“, so Hattmannsdorfer. Große Wachstumschancen sieht er in den Bereichen Maschinenbau und grüner Energie. Der kürzlich abgeschlossene OMV/Masdar-Deal bringe eines der größten europäischen Wasserstoff-Projekte nach Österreich. Vor Ort spüre man jedoch auch Kritik an Europa: „Wir müssen aufpassen, dass Europa im Welthandel keinen Platz an der Außenlinie zugewiesen bekommt.“ Österreich wird hingegen als „verlässlicher Partner und Tempogeber“ gesehen.
💡 Heimisches BIP soll nächstes Jahr um 0,9 % wachsen. Die Europäische Kommission erwartet in ihrer Herbstprognose für Österreich ein Wirtschaftswachstum von 0,3 % im heurigen Jahr, 0,9 % im Jahr 2026 und 1,2 % im Jahr 2027. Die österreichische Wirtschaftsentwicklung liegt damit weiterhin unterhalb des EU-27-Schnitts von 1,4 %. Österreich erreicht mit 0,9 % Wachstum den drittletzten Platz innerhalb der EU, nur Italien und Irland wachsen nächstes Jahr noch schwächer. Das heimische Budgetdefizit dürfte laut EU-Kommission heuer bei 4,4 % liegen, nächstes Jahr auf 4,1 % sinken und 2027 wieder auf 4,3 % ansteigen. Die Inflation soll sich nächstes Jahr auf 2,4 % abschwächen, damit aber weiterhin über dem Eurozonen-Durchschnitt von 1,9 % liegen. „Die Zeit der Negativrekorde bei Wachstum und Inflation ist vorbei, die Herausforderungen sind aber geblieben. Weniger schlecht ist noch lange nicht gut“, mahnt Raiffeisen-Research-Ökonom Matthias Reith. [Quellen: EU-Kommission – Herbstprognose, Österreich; Reith auf Linkedin | Reaktionen: FPÖ, IV | Grafik von Stephan Frank]

🇦🇹 FPÖ und Neos fordern Rücknahme von WKÖ-Lohnerhöhung. Neos-Klubobmann Yannick Shetty forderte eine Rücknahme der „absolut unverständlichen Lohnerhöhungen“ sowie der „unverschämten Funktionärsbezüge“. Die Neos erneuerten ebenfalls ihre Forderung nach einer Abschaffung der Kammerumlage 2 und sehen sich dabei von Bundeskanzler Stocker unterstützt. SWV-Chef Bernd Hinteregger will die Kammerumlagen deckeln und strebt die „größte und umfassendste WKÖ-Reform aller Zeiten“ an. Die FPÖ will die Causa Wirtschaftskammer morgen im Rahmen einer „aktuellen Stunde“ im Nationalrat thematisieren. Weiters hat die Freiheitliche Wirtschaft eine Petition zur Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft gestartet. Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos-Trauttmansdorff kritisierte wiederum die FPÖ, da diese der „unverschämten Erhöhung“ in der WKÖ zugestimmt hätte. [Quellen: Shetty im Ö1 Morgenjournal, Unos, APA via Medienberichte, FPÖ, Freiheitliche Wirtschaft, Neos | Grafik: WKÖ-Kammerumlage 2 steigt seit 2010 um 65,4 %]
🇦🇹 🇪🇺 Europaministerin Plakolm lehnt Budgetvorschlag ab. Der von der EU-Kommission geplante Haushalt 2028-2034 mit einem Volumen von rund 2 Bill. Euro würde Österreichs Jahresbeitrag nach Angaben von Europaministerin Plakolm um etwa 40 % erhöhen. Sie fordert eine Reduktion des Gesamtvolumens und erklärt, es gehe darum, „besser auszugeben, nicht mehr“. Im aktuellen Entwurf sei zudem kein Ausgleichsmechanismus für Nettozahler vorgesehen. Auch andere EU-Minister äußerten, dass der Finanzrahmen zu hoch sei, obwohl die Schwerpunktsetzungen grundsätzlich richtig seien, so der finnische Europaminister Joakim Strand und die schwedische Kollegin Rosencrantz. [Quellen: Doorstep Plakolm, Doorstep Strand, Doorstep Rosencrantz, Budgetvorschlag der Kommission]
🇪🇺 Risiken für die Finanzstabilität bleiben hoch. Die Risiken für die Finanzstabilität im Euroraum bleiben hoch. Die anhaltende Unsicherheit über die globale Wirtschaft und die Folgen neuer Zölle belastet die Märkte. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos sieht drei zentrale Risikofelder: überhöhte Bewertungen und eine starke Konzentration auf große US-Techkonzerne, steigende Kreditrisiken bei zollsensitiven Unternehmen und wachsende fiskalische Belastungen in mehreren großen Industrieländern. Zur Stabilisierung verweist er auf die Bedeutung robuster makroprudenzieller Regeln für Banken, einer stärkeren Aufsicht über den Nichtbankensektor sowie auf Fortschritte bei der europäischen Kapitalmarkt- und Sparunion. [Quelle: EZB]
Kommentar: Viel heiße Luft um die heiße Luft
von Christian Tesch
Die Weltklimakonferenz im brasilianischen Urwald ist voll im Gange. Aber geht auch was weiter? Zur COP30 kommen innerhalb von zwei Wochen etwa 50.000 Delegierte zusammen. Bei unzähligen Side-Events werden konkrete Maßnahmen diskutiert, wird an echten Lösungen gearbeitet, werden Kontakte und Kooperationen gestartet. Das ist gut so. Im „politischen“ Teil hingegen verkommen die Verhandlungen zum praxisfernen Selbstzweck, da der Klimawandel nun mal nicht wegverhandelt werden kann.
🇩🇪 China-Besuch, steigende Importe, neue China-Kommission. Der deutsche Finanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil ist als erstes Mitglied der neuen Bundesregierung nach China gereist und sprach dort gestern bei einem Finanzdialog über regelbasierten Handel, Rohstoffe und Finanzmarktkooperation. Gleichzeitig meldet das Institut der deutschen Wirtschaft, dass die Importe aus China im 1. Halbjahr 2025 gegenüber dem Vorjahr um 11 % gestiegen sind. Bei einigen Industrieprodukten lagen die Zuwächse bei bis zu 100 %, häufig zu Niedrigpreisen. In der vergangenen Woche setzte der Bundestag eine Kommission ein, die die Abhängigkeit Deutschlands von chinesischen Importen prüfen soll, insbesondere bei Energie und Rohstoffen. [Quellen: PK Klingbeil, Institut der deutschen Wirtschaft, Deutscher Bundestag]
🇩🇪 Stimmung im deutschen Wohnungsbau wieder gesunken. Der Ifo-Geschäftsklimaindex für den Wohnungsbau ist im Oktober nach einem deutlichen Anstieg im September um einen Punkt auf minus 23 Punkte gefallen. Die Unternehmen bewerteten ihre aktuelle Lage schlechter und blickten pessimistischer auf die kommenden Monate. Der Anteil der Betriebe, die über zu wenige Aufträge klagen, sank jedoch von 46,7 auf 44,4 % und erreichte damit den niedrigsten Wert seit rund 2 Jahren. Die Stornierungsquote ging von 8,4 auf 8 % zurück und bleibt hoch. [Quelle: Ifo-Institut]
🇨🇭 Schweizer BIP geschrumpft. Die Wirtschaftsleistung der Schweiz ist im 3. Quartal im Vergleich zum Vorquartal um 0,5 % gesunken. Grund dafür sind starke Rückgänge in der chemisch-pharmazeutischen Industrie bzw. der Industrie allgemein. Auch der Dienstleistungssektor wuchs nur unterdurchschnittlich. Für das Gesamtjahr erwartete das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft jedoch BIP-Wachstum. [Quellen: Seco, Seco auf X]
🇯🇵 Japans BIP sinkt erstmals seit 6 Quartalen. Im 3. Quartal sank das BIP um 0,4 % im Vergleich zum Vorquartal, vor allem weil Exporte nach vorgezogenen Lieferungen vor Inkrafttreten der US-Zölle sanken. Im 2. Quartal war das BIP noch um 0,6 % gestiegen. Ökonomen erwarten dennoch nur einen vorübergehenden Dämpfer und keine beginnende Rezession. [Quelle: ESRI]
🇺🇸 Anzeichen für bessere US-Industriestimmung. Der von der New Yorker Notenbank erhobene „Empire State“-Industrie-Index hat im November mit 18,7 Zählern (+8,0 Punkte) den besten Wert seit einem Jahr erzielt und die Erwartungen damit deutlich übertroffen. Der Indikator misst zwar nur die Geschäftsaktivität im Bundesstaat New York, gilt aber als richtungsweisend. Die Unternehmen erwarten weiterhin eine Verbesserung der Lage, steigende Auftragseingänge aber auch steigende Preise. [Quelle: New York Fed]
Selektive Agenda:
Heute, Belém, Brasilien: UN-Klimakonferenz COP30 (bis 21.11.) [Info]
Heute, Istanbul, Türkei: Herbsttagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE (bis 19.11.) [Info]
Heute, Berlin, Deutschland: Berliner Sicherheitskonferenz [Info]
Heute, Berlin, Deutschland: Konferenz zur Europäischen Digitalen Souveränität mit Staatssekretär Pröll [Info]
Heute, Wien: 2. Runde der KV-Verhandlungen für Handelsarbeiter
10:00 Uhr, Wien: Ministerrat im Bundeskanzleramt [Info]
Selektive Agenda, Termine & Events 🗓️
Was steht auf der Agenda der Bundesregierung und wo treffen sich Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zum Austausch? Die wichtigsten Termine im Überblick.
Der Link zum Selektiv-Terminkalender wechselt jeden Montag.
Selektives Networking:
Jobwechsel und Karriereschritte: Georg C. Niedersüß ist Technischer Geschäftsführer von Griffner. Manfred Juraczka wird zweiter Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien. Markus Reichart wird Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft Österreich. Ab 1. Jänner 2026 wird die Paracelsus Medizinische Privatuniversität von Annemarie Weißenbacher, Elmar Aigner und Christian Datz geführt.
Geburtstage: Wir gratulieren Karl Schranz zum Geburtstag.
Sehen & gesehen werden:
18:00 Uhr, Wien: Veranstaltung BDO Austria „Infrastruktur im Wandel“ u. a. mit Peter Hanke und Judith Engel im Quartier Belvedere Central [Info]