Morning in Brief

Morning in Brief, 19. Mai 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel und Stephan Frank – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Hattmannsdorfers Offensivmaßnahmen. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer will sich bei Offensivmaßnahmen auf die Erhöhung der Arbeitsproduktivität, die Forschungsquote und die Exportquote konzentrieren. In dem steuerfreien Mitarbeiterbonus, und dem Ende des Zuverdienstes in der Arbeitslosigkeit sieht er ein „klares Bekenntnis zu mehr Leistung“. Der FTI-Pakt soll leicht erhöht werden. Für exportierende Unternehmen will er Unterstützungsprogramme neu aufstellen – heuer soll es für Unternehmen, die neue Märkte erschließen, zusätzlich 40 Mio. Euro geben. Die Transformationsmittel für die Industrie sollen nicht gekürzt werden. Angesichts der hohen Energiepreise werde für die energieintensive Industrie geprüft, welches Angebot man machen könne – auf die Frage, ob der Strompreiskostenausgleich komme, wollte Hattmannsdorfer nicht direkt antworten. Auf die Lohnnebenkosten-Senkung angesprochen, meinte er, dass es zuerst Wirtschaftswachstum brauche, damit „die Einnahmen sprudeln“. Bis Jahresende wird die Regierung eine Industriestrategie ausarbeiten. [Quelle: BMWET – Pressegespräch, Aussendung]  

Kommentar: Mit Lohnpolitik auf alten Pfaden in die Sackgasse?
von Matthias Reith

Der wirtschaftliche Gegenwind kann noch so groß sein, am Mantra „Inflation als absolute Untergrenze“ in den Lohnverhandlungen wird hierzulande kaum gerüttelt. Damit steht Österreich im Kreis der Euroländer ziemlich alleine da. Dass am Ende des Tages nur das verteilt werden kann, was auch erwirtschaftet worden ist, ist dort kein Tabu, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Grafik (von Sara Grasel): 2024 wuchsen österreichische Löhne inflationsbereinigt so stark wie in fast keinem anderen Land der Eurozone. Das liegt vor allem an der starren Kopplung der jährlichen Lohnerhöhungen an die Teuerung (Benya-Formel). Als Folge stiegen die Lohnstückkosten deutlich und die internationale Wettbewerbsfähigkeit heimischer Betriebe sank. „Werden keine neuen Wege beschritten, ist ein weiteres Abrutschen des Standorts Österreichs unvermeidbar“, so Raiffeisen-Ökonom Matthias Reith. Statt Untergrenze solle die Inflation eine Zeit lang die absolute Obergrenze in den Lohnverhandlungen sein, um wieder konkurrenzfähig zu werden. [Quellen: LSEG, Raiffeisen Research]

Nächste Sparmaßnahmen im Nationalrat. Am Donnerstag könnte der Nationalrat den zweiten Teil des Budgetsanierungsmaßnahmengesetzes beschließen. Darin geht es u. a. um das verbleibende Drittel der „Kalten Progression“, die Erhöhung von Bundesgebühren, höhere Glücksspielabgabe, die Umwidmungsabgabe und höhere Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten. Der erste Teil mit u. a. Bildungskarenz, Bankenabgabe, Spitzensteuersatz-Verlängerung wurde im März beschlossen. Das umfangreiche Budgetbegleitgesetz folgt im Juni. Die Parlamentskorrespondenz zeigt auch bisher wenig beachtete Maßnahmen auf u. a.: Die Mittel für die Statistik Austria (+13 Mio. Euro auf 69,4 Mio.) und die Spanische Hofreitschule (+2 Mio. Euro auf 4,5 Mio.) werden erhöht. Die Wiener Zeitung erhält 2025 und 2026 je 5,5 Mio. Euro und damit um die Hälfte weniger. [Quelle: Parlamentskorrespondenz

Rechnungshof kritisiert schleppende Batterieforschung. Die Batterieentwicklung ist zentral für die Energiewende, doch laut Rechnungshof verlief die Förderung durch das Ministerium und das Austrian Institute of Technology (AIT) zuletzt ineffizient. Zielvorgaben und Meilensteine fehlten, auch die EU-Initiative IPCEI blieb hinter Erwartungen: Statt geplanter 73 Mio. Euro wurden 2022 nur gut 10 Mio. Euro investiert. Das AIT finanzierte ihre Batterieforschung zu 82 % aus öffentlichen Mitteln, der Anteil privater Aufträge blieb unter dem Zielwert. Der RH empfiehlt klare Forschungsziele, besseres Monitoring und mehr Auftragsforschung. [Quelle: Rechnungshofbericht „Batterieforschung“

Startups kommen schwieriger an Risikokapital. In Österreich werden pro Jahr durchschnittlich 370 Startups gegründet. Rund 30.000 Menschen arbeiten in diesem Sektor. Seit 2022 ist die Finanzierung über Risikokapital in Österreich schwieriger geworden. 15 Prozent der Startups schätzen die aktuelle Geschäftslage als schlecht oder sehr schlecht ein – der höchste Wert seit Erhebung. 62 % der befragten Gründer wünschen sich Steuererleichterungen, insbesondere bei den Lohnnebenkosten. [Quelle: Pressegespräch, Austrian Startup Monitor

Neue KV-Verhandlungs-Runde für Elektroindustrie steht fest. Am 6. Juni werden die Verhandlungen zum Kollektivvertrag der Elektro- und Elektronikindustrie für rund 60.000 Beschäftigte fortgeführt. Die ersten 4 Verhandlungsrunden waren ergebnislos. Laut Gewerkschaft bieten die Arbeitgeber Null bis 1,5 % Lohnerhöhung – die für die Verhandlungen relevante Inflationsrate liege aber bei 2,76 %. [Quelle: ÖGB

Schellhorn will Dienstwagen-Reform. Deregulierungs-Staatssekretär Sepp Schellhorn (Neos) schlägt eine Reform bei Dienstwagen vor. Für Minister und Staatssekretäre soll es je zwei Automodelle mit vorgegebener Ausstattung geben. [Quelle: Kleine Zeitung | Interview: Schellhorn will „Berichtswesen bis 2029 um 50 Prozent reduzieren“]

EU und USA suchen „guten Deal“ im Handelsstreit. Nach einem trilateralen Treffen zwischen der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni, dem US-amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigen sich beide Seiten optimistisch. Sowohl Vance als auch von der Leyen betonen in Statements, einen „guten Deal“ anzustreben und die Handelsbeziehungen zwischen den EU und USA langfristig aufstellen zu wollen. Zuletzt wurde den USA auch von der Ratingagentur Moody’s die Bestnote für Kreditwürdigkeit entzogen – der wirtschaftliche Ausblick von „negativ“ jedoch auf „stabil“ angehoben. [Quellen: Reuters, AP, von der Leyen auf X, Moody’s]

Europas Unternehmen verlieren im globalen Vergleich an Boden. Laut EY mussten Europas Top-Unternehmen 2024 Rückgänge bei Umsatz (-1,1  %) und Gewinn (-6,5  %) hinnehmen, während Unternehmen aus den USA und Asien deutlich zulegten. Besonders stark waren die US-Techriesen, kein europäisches Unternehmen schaffte es unter die 10 profitabelsten weltweit. Die USA stellen mit 317 Firmen die meisten der 1.000 größten Börsenunternehmen – Deutschland folgt mit 43. [Quelle: EY] 

Erwerbstätigkeit in Deutschland rückläufig, Anstieg in der Schweiz. In Deutschland sank die Zahl der Erwerbstätigen im 1. Quartal saisonbereinigt im Quartalsvergleich um 7.000 Personen auf 45,8 Mio. – der 3. Rückgang in Folge. Zuwächse gab es nur bei den Dienstleistern, im Produzierenden Gewerbe sank die Zahl um 1,6 %, im Baugewerbe um 1,3 %, in der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei um 1,1 %. In der Schweiz stieg die Zahl der Erwebstätigen im 1. Quartal im Jahresabstand um 0,7 % auf 5,3 Mio. Personen. [Quellen: Destatis, Statistikamt Schweiz

Baugenehmigungen steigen in Deutschland. In Deutschland ist die Zahl der Baugenehmigungen im 1. Quartal im Jahresabstand um 3,4 % gestiegen – im März betrug die Steigerung sogar 5,8 %. Vor allem bei Einfamilienhäusern ist die Zahl der Genehmigungen gestiegen. Laut Ifo-Umfrage hat die Stimmung im Wohnungsbau im April leicht aufgehellt, bleibt aber mit -37,7 Zählern noch im negativen Bereich. Die Auftragslage bleibt aber schwierig – im April berichten noch immer 51,2 % der Wohnungsbau-Betriebe von einem Auftragsmangel. [Quellen: Destatis, Ifo-Institut

Türkei entdeckt neues Erdgas. Die Türkei hat neue Erdgas-Vorkommen im Schwarzen Meer entdeckt. Die 75 Mrd. Kubikmeter sollen den Bedarf der Türkei für drei Jahre decken können. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezifferte den Wert mit 30 Mrd. Dollar. [Quelle: Reuters]

China: Neue Zölle und unerwartet starkes Industriewachstum. China hat Antidumpingzölle von bis zu 74,9 Prozent auf bestimmte technische Kunststoffe aus den USA, der EU, Japan und Taiwan angekündigt. POM-Copolymere können bei Autoteilen, Elektronik und medizinischer Ausrüstung Metalle wie Kupfer und Zink ersetzen. Die chinesische Industrieproduktion ist im April mit +6,1 % zwar langsamer als im März (+7,7 %) gewachsen, aber dennoch stärker als erwartet wurde (+ 5,5 %).[Quelle: South China Morning Post, Reuters]

Selektive Agenda:

Heute, Wien: 4. Runde der Lohnverhandlungen in der Papierindustrie

Heute, Paris, Frankreich: Europaministerin Plakolm trifft französischen Europaminister Haddad

Heute, Genf, Schweiz: Jahrestagung der World Health Organization (WHO)

9:00 Uhr, Wien: Ständiger Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union im Parlament, Themen u. a. EU-Mercosur-Abkommen

9:00 Uhr Wien: Statistik Austria veröffentlicht Verbraucherpreisindex April

10:00 Uhr, London, UK: Gipfeltreffen EU-Vereinigtes Königreich [Info: EU, UK]

10:00 Uhr, Wien: Bundeskanzler Stocker, Vizekanzler Babler, Außenministerin Meinl-Reisinger und Staatssekretärin Zehetner empfangen ESC-Sieger JJ im Bundeskanzleramt [Info]

11:00 Uhr, Luxemburg: Eurostat veröffentlicht Verbraucherpreise Eurozone April

11:00 Uhr, Brüssel: EU-Kommission präsentiert Konjunkturprognose Frühjahr

Wochenvorschau

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) reist am Montag zu einem Treffen mit dem französischen Innenminister Bruno Retailleau nach Paris – Thema ist v. a. illegale Migration. In Österreich geht die Frühjahrslohnrunde mit der Papierindustrie (4. Runde) weiter. Die EU-Kommission präsentiert ihre Frühjahrsprognose für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft und die endgültigen April-Inflationszahlen für Österreich und die Eurozone werden veröffentlicht. In London gibt es ein Gipfeltreffen Großbritannien-EU.

Am Dienstag kommen die EU-Außen- und Verteidigungsminister in Brüssel zusammen – Themen u. a. Ukraine und Verteidigungsfähigkeit Europas. Für Österreich nehmen Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) teil.

Am Mittwoch legt die EU-Kommission ihre Binnenmarktstrategie für kleine und mittlere Unternehmen vor. In Österreich trifft sich der Nationalrat auf Antrag der FPÖ zu einer Sondersitzung. Es geht auch um einen möglichen Untersuchungsausschuss zum angeblichen „ÖVP-Machtmissbrauch“ im Innenministerium. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer beginnen ihren Besuch der EXPO in Osaka.

Am Donnerstag gibt es eine reguläre Nationalratssitzung, bei der die nominierten Volksanwälte gewählt werden sollen. Zudem könnte der zweite Teil des Budgetsanierungsmaßnahmengesetzes ins Plenum kommen.

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Michael Leitgeb ist zum Präsidenten des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands (SWV) Burgenland gewählt worden. Der Vorarlberger Gemeindeverband wählte Walter Gohm zum neuen Präsidenten. Neuer Präsident des Verbands der pharmazeutischen Industrie Österreichs Pharmig ist Pavol Dobrocky, zusammen mit ihm bilden Roland Huemer, Elisabeth Keil und Nicole Daniela Schlautmann das Präsidium. Josef Pröll ist für die kommenden 4 Jahre zum neuen Chef des Österreichischen Fußball-Bunds (ÖFB) gewählt worden. Juliane Bogner-Strauß wurde zur Frauenvorsitzenden der ÖVP wiedergewählt. 

Geburtstage: Wir gratulieren Stefan Ehlich-Adám, Jochen Danninger, Wolfgang Maderthaner und Daniel Glattauer zum Geburtstag.

Sehen & gesehen werden:

17:00 Uhr, Wien: Das wiiw lädt zur „Schumpeter Lecture – The New Economics of Industrial Policy“ in die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) [Info]

18:00 Uhr, Wien: Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Statistik Austria laden zum Vortrag: „Die alternde Gesellschaft – wie evidenzbasierte Politikberatung der alternden Gesellschaft zugutekommt“ mit Jutta Allmendinger in die Statistik Austria. [Info]

19:00 Uhr, Wien: „Science Talk“ am BMFWF „Wie Gendern auch Leben retten kann“ mit Eva-Maria Holzleitner, Thomas Czypionka, Vera Gallistl, Naghme Kamaleyan-Schmied, Alexandra Kautzky-Willer und Köksal Baltaci [Info]

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