Morning in Brief

Morning in Brief, 21. Februar 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank, Gregor Plieschnig und Sara Grasel – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Neuer Sparplan mit höheren Steuern. Gestern sollen ÖVP und SPÖ wieder bis in die Nacht verhandelt haben. Eine Einigung zum Budget ist bereits fix. Die Bankenabgabe soll Medienberichten zufolge von derzeit 150 Mio. Euro pro Jahr für zwei Jahre auf 500 Mio. Euro pro Jahr steigen. Die Verlängerung der ausgelaufenen Gewinnsteuer für Energieunternehmen soll 200 Mio. Euro bringen. Angehoben wird laut Berichten auch der Beitrag zur Krankenversicherung für Pensionisten. Steueranpassungen könnte es auch für Privatstiftungen geben und bei der Grunderwerbssteuer. Die Bildungskarenz könnte in einer Form mit strengeren Zugangsvoraussetzungen kommen. Für das Wegfallen des Klimabonus könnte es punktuell einen Ausgleich geben – etwa für Pendler. [Quellen: Kleine, Standard]

Wer wird roter Finanzminister? Gestern gab es auch erste Berichte zur möglichen Ressortverteilung – die SPÖ soll Berichten zufolge das Finanzministerium, Infrastruktur und Soziales bekommen. Als Finanzminister gehandelt werden Alexander Wrabetz, Silvia Angelo, Markus Marterbauer, Helene Schuberth und Michaela Schmidt, Verkehrsminister könnte Sven Hergovich werden und Sozialministerin Korinna Schumann. Die ÖVP soll das Innenministerium, das Kanzleramt, Verteidigung und Landwirtschaft erhalten, Justiz könnte unabhängig besetzt werden oder der ÖVP zufallen. Offen ist nach wie vor, ob die Neos Teil der Koalition werden. Ein Angebot, die Ministerien Bildung und Äußeres zu übernehmen, soll am Tisch liegen. [Quellen: Standard, Krone, Salzburger Nachrichten]

Kommentar: Große Krise trifft auf kleinste denkbare Koalition
von Georg Renner

Wenn Sie Andreas Babler wären: wären Sie gerne von den Launen eines Hans Peter Doskozil abhängig? Ich frage nur, weil sich ÖVP und SPÖ gerade anschicken, gemeinsam eine Regierungskoalition mit der kleinstmöglichen Mehrheit im Nationalrat zu bilden. Und die wird auch von Leuten abhängig sein, die dort nur von Gnaden des Manns in Eisenstadt sitzen.

Grafik (von Christoph Hofer): Diesen Sonntag finden Bundestagswahlen in Deutschland statt. Das Ergebnis dieser hat auch erhebliche Auswirkungen auf die heimische Wirtschaftssituation. Denn rund 29,2 Prozent (1. HJ 2024) aller österreichischen Exporte gingen zuletzt an unseren größten Nachbarn. Damit ist Deutschland mit großem Abstand Österreichs bedeutendster Handelspartner. Vor allem in Oberösterreich (35,9 Prozent), Kärnten (29 Prozent) und Tirol (28,9 Prozent) ist der Exportanteil nach Deutschland hoch. Mehr als ein Viertel (25,7 Prozent) aller österreichischen Exporte stammen dabei aus dem Industrieland Oberösterreich. [Quelle: Statistik Austria]

Grundlagenforschung. Österreich ist laut Wissenschaftsfonds FWF im Bereich der Grundlagenforschung besonders stark von internationaler institutioneller Kooperation abhängig. Während in Deutschland nur knapp 3 Prozent der geförderten Projekte eine monetär substanziell beitragende Partnerinstitution an Bord haben, sind es in Österreich fast 18 Prozent. Die Neuerstellung des „FTI Paktes“ 2027-2029 und die Weiterführung des auslaufenden Fonds Zukunft Österreich (FZÖ) müsste „schnell angegangen“ werden, fordert FWF-Präsident Christof Gattringer. [Quelle: APA, FWF

Industrie leidet unter Energiekosten. Laut einer Analyse des Momentum-Instituts leiden derzeit vor allem jene Industriezweige, die für den Bau produzieren oder viel Energie verbrauchen. Diese produzierten 2024 weniger als noch drei Jahre zuvor – im Bergbau ging die Produktion um 25 Prozent zurück; bei Textilien, Kokerei und Glas um 15 Prozent; bei Holz- und Flechtwaren um 14 Prozent und bei Metallerzeugnissen um 11 Prozent. Die Bauwirtschaft würde durch die sinkenden Zinsen absehbar wieder anlaufen, jedoch müsse die nächste Bundesregierung aufgrund der hohen Energiekosten stärker in den Markt eingreifen, da sich diese Industriezweige sonst dauerhaft nicht erholen würden. [Quelle: Momentum

Kommentar: Wie wir mit der „Sozialen Marktwirtschaft“ den Wohlstand zerstören – Teil 2
von Martin Rhonheimer

Martin Rhonheimer Illustration

Was wir brauchen, sind nicht Budgetanpassungen, Kürzungen und Einsparungen hier und dort, sondern ein fundamentales Umdenken, ein Umdenken auch darüber, was eigentlich die Aufgabe von „Politik“ ist. Dazu bedarf es der Einsicht in die segensreiche Wirkung einer freien, rechtlich geordneten unternehmerischen und kapitalistischen Marktwirtschaft und ein konsequentes Zurechtstutzen des Sozialstaates im Dienste jener, die sich selbst nicht helfen können.

Zeitungsmarkt. Im zweiten Halbjahr 2024 wurden pro Tag im Schnitt 1,26 Mio. Stück von Kauftageszeitungen erworben – im Jahresabstand ein Rückgang um rund 47.000 Stück. E-Paper-Verkäufe stiegen im selben Zeitraum um rund 16.000 Stück auf 239.000. [Quelle: ÖAK

„Pellets statt Öl“ stockt. Nach dem Auslaufen der aktuellen Förderungen für den Heizungstausch ist die Nachfrage nach Pelletsheizungen eingebrochen – seit dem Jahreswechsel gab es keinen Auftrag für einen Tausch mehr. Die Installateurs-Branche befürchtet wegen des Förderstopps den Verlust von 5.000 Arbeitsplätzen, insgesamt hängen an dem Heizungstausch um die 60.000 Arbeitsplätze. Die Pelletsbranche fordert eine nachhaltige Förderung des Heizungstausches, in Österreich gäbe es noch rund 550.000 Ölheizungen. [Quelle: proPellets

Innsbruck will internationale Unternehmen ansiedeln. Innsbruck bietet interessierten Unternehmen insgesamt sechs Liegenschaften-Baurechte zur Betriebsansiedelung an. Die Landeshauptstadt will damit bis zu 240 neue Arbeitsplätze schaffen und Steuereinnahmen generieren. [Quelle: Stadt Innsbruck

EU-Wettbewerbshüter in Wien. Olivier Guersent, Generaldirektor für Wettbewerb der EU-Kommission, wies gestern in Wien zurück, dass Wettbewerbshüter die Entstehung „europäischer Champions“ verhindern würden. Seit 1999 wurden von den rund 10.000 beantragten Fusionen 39 durch die EU-Kommission verboten. Die Generaldirektorin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf, zog eine Bilanz der BWB: 2024 seien am Kartellgericht insgesamt über 40 Mio. Euro an Geldstrafen erwirkt worden, 4 Fusionen wurden nur unter Auflagen genehmigt und 3 Fusionen haben bereits vor dem Kartellgericht Auflagen bekommen. [Quelle: Pressegespräch] 

EZB-Bilanz. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Vorjahr Verluste in der Höhe von 7,94 Mrd. Euro geschrieben, 2023 waren es 7,89 Mrd. Der bis Juni 2024 geltende hohe Leitzins von 4 Prozent den Banken für bei der EZB geparkte Geldsummen bekommen haben, hätten die Bilanz massiv gedrückt. Für die nächsten Jahr will die Zentralbank weitere Verluste nicht ausschließen, mittelfristig rechnet man wieder mit Gewinnen. [Quelle: EZB

Globale Investorenerwartungen. Über die Hälfte der von PwC weltweit befragten Investoren erwartet für 2025 Wirtschaftswachstum. Die Sorgen um die Gesamtwirtschaft sind seit 2022 deutlich gesunken – von 62 auf 34 Prozent. Die Angst vor Inflation hat sich mehr als halbiert – von 67 auf 31 Prozent. Als größte Risiken sehen Investoren weiterhin Cyber-Bedrohungen und geopolitische Konflikte – jeweils 36 Prozent. Zwei Drittel gehen davon aus, dass Unternehmen, die in KI-Anwendungen investieren, ihre Produktivität steigen werden. 63 Prozent rechnen durch den Einsatz von KI mit einem Umsatzwachstum. [Quelle: PwC

Deutsche Erzeugerpreise. Im Jänner legten die Erzeugerpreise in Deutschland im Jahresvergleich um 0,5 Prozent zu, nach einem Anstieg um 0,8 Prozent im Dezember 2024. Vor allem die niedrigeren Preise für Energie drückten den Anstieg, Analysten hatten mit einem Anstieg um 1,2 Prozent gerechnet. [Quelle: Statistisches Bundesamt

US-Arbeitsmarkt. In der Vorwoche stiegen die Erstanmeldungen für Arbeitslosenhilfe in den USA um rund 5.000 auf 219.000 Anträge, auch die Zahlen für die Woche davor wurden um 1.000 Stück nach oben korrigiert. Ökonomen hatten mit einem schwächeren Anstieg gerechnet, für US-Verhältnisse ist die Arbeitslosigkeit immer noch gering. [Quellen: US Department of Labor, Reuters

Selektive Agenda:

9:00 Uhr, Wien: Zweiter Tag der Wintertagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE 

12:00 Uhr, Wien: Budgetausschuss des Nationalrates im Parlament

Sonntag: Bundestagswahl in Deutschland, Wahllokale schließen um 18 Uhr 

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Thomas Meichl wird Managing Director von froots. Christoph Schneider wird Senior Counsellor für Wirtschaftspolitik der Industriellenvereinigung. In der Hauptversammlung der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) übernehmen Bettina Wucherer und Matthias Krenn ab sofort die Vorsitzführung. Patricio Canete-Schreger wird neuer Leiter der Kulturabteilung (MA 7).  

Geburtstage: Wir gratulieren Thomas Stelzer (Freitag) und Monika Köppl-Turyna (Sonntag) zum Geburtstag.

Sehen & gesehen werden:

9:30 Uhr, Wien: Konferenz Forschungsplattform Internationale Wirtschaft (FIW) „FIW-Research Conference International Economics“ mit u.a. Crowley (University of Cambridge), EZB-Chefökonom Lane, Wifo-Chef Felbermayr (bis Fr.) [Info

19:00 Uhr, Eisenstadt: Eröffnung der Ausstellung „Saša Makarová“ in der Landesgalerie Burgenland mit u.a. Landeshauptmann Doskozil [Info

19:30 Uhr, Wien: Kaffeesiederball in der Hofburg [Info]

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