Guten Morgen Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel, Stephan Frank und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
„Notfalls“ auch Defizitverfahren, um Konjunktur nicht abzuwürgen. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) führt derzeit Budgetverhandlungen mit den Staatssekretären Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) und Sepp Schellhorn (Neos). Eibinger-Miedl schließt ein Defizitverfahren nicht mehr aus: Man werde „notfalls wie andere Länder auch mit einem Defizitverfahren umgehen können“, um die Konjunktur „nicht abzuwürgen“. Sie geht nicht davon aus, dass sich die Konjunkturprognose nächste Woche „zu unseren Gunsten drehen wird“. Marterbauer selbst hält in mehreren Interviews fest, dass eine Senkung der Abgabenquote in den nächsten Jahren aufgrund der Budgetsanierung nicht möglich sei. Auch langfristig gäbe es dafür wenig Spielraum, weil die Gesundheitsausgaben steigen, da die Gesellschaft altert. In dieser Legislaturperiode werden laut Marterbauer keine Erbschafts- oder Vermögensteuern kommen, „weil es nicht im Regierungsübereinkommen steht“ – ab 2029 ist er aber optimistisch. [Quelle: APA via Medienberichte, Kurier, Kleine Zeitung, SN, Der Standard]
Kommentar: Die Bewährungsprobe der Fed
von Heike Lehner

Wenn die US-Zentralbank zu lange zögert, steht sie bald vor einem viel härteren Dilemma: hohe Inflation, steigende Arbeitslosigkeit – und der Verlust der eigenen Glaubwürdigkeit. Für die Europäische Zentralbank (EZB) ist dies ebenfalls relevant. Auch wenn sie sich gerne so eigenständig gibt, folgt sie der Fed meist wie ein Schatten. Macht die Fed jetzt wieder denselben Fehler, können wir uns für die kommenden Jahre warm anziehen.
Grafik (von Stephan Frank): Die durchschnittlichen Mieten pro Quadratmeter inkl. Betriebskosten sind in den letzten 10 Jahren österreichweit unterschiedlich stark gestiegen. Spitzenreiter ist Tirol mit einem Plus von fast 46 Prozent seit 2015, dicht gefolgt von Niederösterreich. Den geringsten prozentuellen Anstieg gab es in Oberösterreich mit 34 Prozent. In absoluten Zahlen war Salzburg im Jahr 2024 weiterhin das teuerste Pflaster Österreichs (11,9 €/m2), danach folgen Tirol (11,5 €/m2) und Vorarlberg (11,3 €/m2). Der durchschnittliche Anteil der Wohnkosten am Haushaltseinkommen ist zwischen 2018 und 2023 mit 21 Prozent jedoch stabil geblieben. [Quelle: Statistik Austria, eigene Berechnungen]

Es muss nicht gleich „Wild-West-Kapitalismus“ sein. „Deregulierung ist die beste Konjunkturmaßnahme“, sagte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer gestern in Wien. Es müsse nicht gleich „Wild-West-Kapitalismus“ sein, aber bisher gäbe es in Deutschland gar keine Entlastungspläne, auch nicht bei Genehmigungsverfahren, Steuern und Lohnnebenkosten. Das insgesamt 1.200 Mrd. Euro schwere Finanzpaket sei gut, werde aber nur Verteidigungsindustrie und Bauindustrie ankurbeln, wodurch sich anderenorts der Fachkräftemangel verschärfen könnte. Krämer geht für heuer von Null-Wachstum für Deutschland aus und von 1,5 Prozent BIP-Wachstum 2026. Auch für Österreich wird das deutsche Paket heuer noch keine Impulse setzen. Die Stimmung in der Industrie habe sich aber etwas entspannt, so Bank-Austria-Ökonom Stefan Bruckbauer. Für Österreich geht er heuer von 0,1 Prozent BIP-Wachstum aus und für 2026 von 1,3 Prozent. [Quelle: Bankenverband: Pressekonferenz, Aussendung]
30 Prozent der Österreicher investieren in Wertpapiere. Von 2022 bis 2024 ist der Wertpapierbesitz in Österreich von 25 Prozent auf 30 Prozent gestiegen, zeigt die dritte Ausgabe des Aktienbarometers. „Der Wertpapierbesitz ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, hält Studienautor Peter Hajek fest. Vor allem die Pensionsvorsorge hat in den letzten Jahren als Grund für Aktieninvestments zugenommen. Bei der privaten Pensionsvorsorge habe Österreich aber noch großen Aufholbedarf gegenüber Ländern wie Dänemark oder den Niederlanden. Dort werden über 200 Prozent des BIP in kapitalgedeckte Pensionspläne investiert, in Österreich sind es nicht einmal 7 Prozent. [Quelle: Aktienforum, IV, Wiener Börse]
Österreich lockte weniger Betriebe aus dem Ausland an. Die Betriebsansiedlungen in Österreich sind 2024 um rund 5 Prozent auf 309 zurückgegangen. 1,1 Mrd. Euro Kapital wurden von hier angesiedelten Unternehmen investiert und sie schufen 2.216 Arbeitsplätze. Für ein Rezessionsjahr „respektabel“, wie Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer meint. Rund ein Drittel der Ansiedlungen kam aus Deutschland, mit Abstand gefolgt von Italien, Schweiz, Ungarn und USA. Heuer soll der Ansiedlungs-Fokus auf Informationstechnologie, Mikroelektronik und Life Science liegen – 2024 kamen vor allem Unternehmen aus den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologien (66), wirtschaftsnahe Dienstleistungen (44) sowie Einzelhandel (25). [Quelle: ABA]
Verteidigung – Österreich könnte Ausnahmen von EU-Schuldenregeln nutzen. Österreich wird sich die neuen EU-Instrumente zur Finanzierung höherer Verteidigungsausgaben ansehen und fallweise in Anspruch nehmen, sagte Bundeskanzler Christian Stocker gestern im Vorfeld des EU-Gipfels in Brüssel. Vor allem die Ausnahmeklauseln bei den EU-Schuldenregeln seien „wesentlich“. Bis 2028 erlaubt die EU höhere Verteidigungsausgaben, ohne ein Defizitverfahren zu riskieren. Österreich plant, die Verteidigungsausgaben bis 2032 auf 2 Prozent des BIP zu steigern – das sei anspruchsvoll, aber bereits geplant und keine neuen Ausgaben im Sinne der Budgetsanierung. „Die Rüstungsindustrie ist auch, wenn entsprechend investiert wird, ein Motor für das Wirtschaftswachstum“, so Stocker. [Quelle: Doorstep Stocker]
EU verschiebt Reaktion auf Trump-Zölle, Warnung vor Wachstumsbremse. Die EU-Kommission legt die bisher geplanten zwei Termine für das Inkrafttreten von Gegenzöllen als Antwort auf die Stahl- und Aluminiumzölle der Zölle zusammen auf den 13. April. Ursprünglich hätte es einen ersten Schritt Anfang April geben sollen. Mit dem Verschieben will man sich Zeit für Verhandlungen sowie etwaiges Nachschärfen der angekündigten Zölle verschaffen. Die geplanten Zölle der EU umfassen einen Warenkorb von 18. Mrd. Euro. EZB-Chefin Christine Lagarde warnte indes, dass die bisher angekündigten gegenseitigen Zölle das Wirtschaftswachstum in der Eurozone um rund 0,5 Prozent senken könnte. [Quelle: EU-Kommission, EZB]
EU-Unternehmen beklagen schlechtes Investitionsumfeld. Mehr als die Hälfte der Unternehmen in der EU berichtet von einem sich verschlechternden Investitionsumfeld und sinkender Wettbewerbsfähigkeit. Die Studie umfasst Befragungen nationaler Arbeitgeberverbände unter ihren Mitgliedern und wurde vom Dachverband BusinessEurope ausgewertet. Regulierung, Energiepreise und Fachkräftemangel werden als größte Herausforderungen gesehen. Unternehmen rechnen damit, dass sich die Situation in der EU durch die Deregulierung in den USA verschlechtert – 85 Prozent rechnen mit negativen Auswirkungen auf EU-Investitionen. [Quelle: BusinessEurope Reform Barometer]
Deutschland hat mehr Autos exportiert. 2024 wurden rund 3,4 Mio. neue Pkw im Wert von 135 Mrd. Euro aus Deutschland exportiert, mengenmäßig ein Plus von 2,5 Prozent, nach Wert ein Rückgang von 1,3 Prozent. Wichtigster Absatzmarkt waren die USA mit einem Anteil von 13,1 Prozent, gefolgt vom Vereinigten Königreich (11,3 Prozent) und Frankreich (7,4 Prozent). [Quelle: Statistisches Bundesamt]
Schweiz senkt Leitzins, UK und Türkei lassen ihn unverändert. Der Leitzins der Schweizerischen Nationalbank wurde um 0,25 Prozentpunkte auf 0,25 Prozent gesenkt. Das ist die fünfte Zinssenkung in Folge. Aufgrund der steigenden Inflation ließ die Bank of England (BoE) den Leitzins unverändert bei 4,50 Prozent. Auch die türkische Zentralbank ließ den Leitzins bei 42,5 Prozent. Der Zinssatz für kurzfristige Kredite wird jedoch aufgrund des Kursverfalls der Lira von 44 auf 46 Prozent gehoben. [Quellen: Schweizerische Nationalbank, Bank of England, türkische Zentralbank]
Argentiniens Wirtschaft in zweiter Jahreshälfte mit Plus. Die argentinische Wirtschaft ist im vierten Quartal 2024 im Jahresvergleich um 2,1 Prozent gewachsen. Auch im Vergleich zum Vorquartal ergibt sich ein Plus von 1,4 Prozent. Für das Gesamtjahr 2024 ergibt das dennoch ein BIP-Minus von 1,7 Prozent. Die Konsumentenpreise stiegen im Februar 2025 um 2,4 Prozent, die Großhandelspreise um 1,6 Prozent. [Quelle: INDEC: BIP, Konsumentenpreise, Großhandelspreise]
Trump erlässt Notverordnung zu kritischen Rohstoffen. Mit Bezug auf den „Defense Production Act“ aus 1950 will US-Präsident Trump den Abbau von kritischen Mineralstoffen innerhalb der USA beschleunigen. Die „nationale und wirtschaftliche Sicherheit“ der USA sei durch „Abhängigkeit von der Mineralienproduktion feindlicher ausländischer Mächte akut bedroht“ lautet es im neuesten Dekret. Unter anderem werden Uran, Kupfer, Kalisalz, und Gold auf der Liste der „kritischen Mineralstoffe“ stehen, weitere sollen folgen. [Quellen: Executive Order, Reuters]
Selektive Agenda:
Wien: Frühjahrslohnrunde – KV-Verhandlungen in der Elektro- und Elektronikindustrie
Wien: Rumänischer Präsidentschaftskandidat Simion in Wien, 19:30 Uhr Konzertbesuch mit Nationalratspräsident Rosenkranz
9:00 Uhr, Brüssel: Bundeskanzler Stocker beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs [Info]
9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht KfZ-Neuzulassungen März
Selektives Networking:
Jobwechsel und Karriereschritte: Gerald Aichhorn zieht neu in den Vorstand der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich ein und übernimmt ab 1. Mai das Management des Beteiligungsportfolios von Reinhard Schwendtbauer, der Heinrich Schaller als Vorstandsvorsitzender nachfolgt. Kim Haas einstimmig wurde zur ersten Kurienobmann-Stellvertreterin in der Bundeskurie der angestellten Ärzte der ÖAK gewählt. Ada Pellert ist als neue Rektorin der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt inauguriert worden. Der Innsbrucker Theologe Wolfgang Palaver ist neuer Sonderbeauftragter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung. Hans Peter Rucker legt seine Funktion als Geschäftsführer der Landesholding Burgenland zurück – bis Sommer soll über die Nachfolge entschieden werden. Ahmed Naief (MJÖ), Anna Schwabegger (PPÖ), Sebastian Stark (JVP) und Lejla Visnjic (SJ) wurden zu den Vorsitzenden der Bundesjugendvertretung gewählt. Damita Pressl wird Chefredakteurin des Magazins „Biber“. Beim „profil“ folgt Gernot Bauer Eva Linsinger als Innenpolitik-Chef, Textchef Sebastian Hofer übernimmt zusätzlich die Aufgabe des stv. Chefredakteurs und Jakob Winter, bisher Digital-Chef, wird Mitglied der Chefredaktion.
Geburtstage: Wir gratulieren Michael Maier zum Geburtstag. Am Samstag haben André Heller und Fritz Indra Geburtstag, am Sonntag Daniela Gmeinbauer.
Sehen & gesehen werden:
11:00 Uhr, Innsbruck: Gründungsmesse Tirol in der Wirtschaftskammer [Info]
Ab 14:00 Uhr, Wien: Wiener Forschungsfest im Rathaus (bis 23.3.) [Info]