Guten Morgen Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
Marterbauer will nicht mehr sparen als geplant. Finanzminister Markus Marterbauer sieht fallweise in einem EU-Defizitverfahren keinen „Hals- und Beinbruch“ – es bedeute lediglich eine regelmäßige Abstimmung mit er EU-Kommission. Angesichts der schlechten Wirtschaftsentwicklung könnte das Budgetdefizit noch größer ausfallen – aktuelle Zahlen dazu werden in der Wifo/IHS-Konjunkturprognose am Donnerstag erwartet. Marterbauer will heuer nicht mehr sparen als die geplanten 6,4 Mrd. Euro, um die Konjunktur nicht weiter zu drücken. Damit könnte ein Defizitverfahren wahrscheinlicher werden. Vizekanzler und SPÖ-Chef Andreas Babler betonte indes, dass man aufpassen muss, dass durch den Spardruck nicht die Konjunktur weiter gebremst wird. [Quelle: Ö1-„Journal zu Gast“ am 22.3., Babler in der Pressestunde]
Kommentar: So wird Europas Verteidigung zu einem geostrategischen Asset
von Johannes Hahn

Die EU wird nun auf Verteidigung gebürstet und das ist gut so. Zu Ende gedacht sind die Pläne aber nicht. Wie so oft, lässt sich auch diese Herausforderung nicht bewältigen, indem man sie einfach mit mehr Geld zupflastert. Wenn das Ziel ist, Europa verteidigungsfähig zu machen, muss man strategisch etwas weiter denken. Zwei Schritte sind dafür zentral.
Grafik (von Sara Grasel): Im Jahr 2024 importierte die EU Erdöl und Erdgas im Wert von 375,9 Mrd. Euro, was einer Gesamtmenge von 720,4 Millionen Tonnen entspricht. Im Jahresvergleich gingen die Importe zurück. Bei Flüssiggas sank der Wert der Importe um 39 Prozent und das Volumen um 15,1 Prozent. Bei Erdgas ging der Wert um 30,2 Prozent zurück und das Volumen um 4,4 Prozent. Die USA lieferten fast die Hälfte des importierten verflüssigten Erdgases, im gasförmigen Zustand kam der größte Teil des Gases aus Norwegen. [Quelle: Eurostat]

Wie Schellhorn die Entbürokratisierung angeht. Im einem Sechserteam will Staatssekretär Sepp Schellhorn Österreich entbürokratisieren, sagt er im Interview mit dem Standard. Zuerst will er aber genau hinschauen und zuhören. Auf www.bürokratieabbau.at will er Beschwerden und Probleme entgegennehmen – noch ist die Seite nicht online. Schellhorn: „Diese Regierung kann keine Steuererleichterungen geben, dafür fehlt das Geld. Aber wir müssen ein Zeichen setzen, dass der Standort weiter attraktiv bleibt, deshalb wollen wir entbürokratisieren. Das geht auch, ohne Steuergeld in die Hand zu nehmen.“ [Quelle: Der Standard-Montagsausgabe]
Klimagesetz „in den nächsten Monaten“. Das Klimagesetz wird eines der ersten Gesetze, die Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig umsetzen will. Zeitrahmen: „in den nächsten Monaten“. Vorbild soll das Klimaschutzgesetz in Deutschland sein. Es sollen Zuständigkeiten der Ministerien klar geregelt werden, ein wissenschaftlicher Beirat ist geplant und auch die Öffentlichkeit soll sich einbringen können. [Quelle: ZIB2 am 21.3.]
Elektroindustrie hat KV-Verhandlungen gestartet. Mit der Elektro- und Elektronikindustrie ist am Freitag die größte Gruppe in der Frühjahrslohnrunde in die Verhandlungen gestartet. Ausgangsbasis ist eine rollierende Inflation von rund 2,8 Prozent. Noch gibt es zur Höhe der Lohnrunde keine konkreten Positionen, die Gewerkschaft hat aber bereits andere Wünsche formuliert: einen leichteren Zugang zur sechsten Urlaubswoche und höhere Zulagen für die zweite und dritte Schicht. Am 9. April wird weiterverhandelt. [Quellen: ProGe, FEEI]
Österreich braucht Gas-Strategie. Österreich ist zu einem der teuersten Gas-Handelsplätze in Europa geworden. Zu diesem Schluss kommt der Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen (FGW). Die starren Speicherfüllzielvorgaben der EU haben zudem Spekulationen an der Börse befeuert und die Sommergaspreise steigen lassen. Österreich brauche einen Plan für die Wiederbefüllung der Speicher. Derzeit biete der Markt dazu kaum Anreize, so die AGGM. Der Verband fordert ein Commitment der Politik zur Erdgasförderung in Österreich, einen Einsatz für bessere EU-Speichervorgaben und eine Initiative zur Wiederaufnahme der Gasimporte via Baumgarten, die seit dem Gastransit-Stopp durch dei Ukraine ausbleiben. [Quellen: Fachverband Gas Wärme, AGGM]
IT-Fachkräftemangel trotz Plus bei Abschlüssen. Laut Fachverband UBIT in der Wirtschaftskammer fehlen bis 2030 knapp 39.000 IT-Fachkräfte in Österreich – obwohl sich in den vergangenen 15 Jahren die FH-Abschlüsse verdoppelt und Uni-Abschlüsse gesteigert haben. Die Branchenvertreter fordern einen verpflichtenden Informatikunterricht in der AHS-Oberstufe, mehr Ausbildungsplätze für IT-Studien sowie einen Ausbau der IT-Lehre. [Quelle: UBIT]
Bahn-Logistik ab 2026 beeinträchtigt. Die Deutsche Bahn startet 2026 eine umfassende Sanierung des Streckennetzes mit Auswirkungen auf Personen- und Güterverkehr in Österreich. Mit 2 bis 3 Jahren Umleitungen, längeren Fahrzeiten und Fahrplanänderungen sei zu rechnen, so ÖBB und Industriellenvereinigung (IV). Unternehmen sollten rechtzeitig ihre Logistikketten kontrollieren, so IV-Vizegeneralsekretär Peter Koren. 2026 werden pro Tag rund 80 Güterzüge über Salzburg umgeleitet. 2027 und 2028 wird der Güterverkehr von und nach Triest über die Pyhrnstrecke und die „alte“ Südstrecke umgeleitet. Zwischen Linz und Selzthal sowie St. Valentin und Steyr wird es Fahrplanänderungen und Zugausfälle geben. Beim Personenverkehr entfallen im zweiten Halbjahr 2026 die ICE-Linien Wien – Regensburg/Nürnberg, es fahren keine Züge über Passau nach Deutschland, ausgewichen wird über München. 2027 wird das Deutsche Eck gesperrt. [Quelle: ÖBB und IV]
EU spitzt auf US-Forscher. Nachdem die Trump-Regierung in den USA Tausende Mitarbeiter bei staatlichen Forschungseinrichtungen entlassen und drastische Kürzungen der öffentlichen Forschungsbudgets beschlossen hat, rufen Wissenschaftsminister der EU zu einer koordinierten Aufnahme flüchtender US-Forscher auf. 13 Minister – darunter für Österreich Eva-Maria Holzleitner – haben einen entsprechenden Brief an EU- Forschungskommissarin Ekaterina Zaharieva unterzeichnet. [Quelle: Brief als PDF]
Weg für deutsches Finanzpaket geebnet – Warnung vor steigender Inflation. Nach der Zustimmung des Deutschen Bundestags und des Bundesrats hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Samstag das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes unterzeichnet und damit die Lockerung der Schuldenbremse zugunsten höherer Verteidigungsausgaben und Sonderausgaben von 500 Mrd. Euro für die Infrastruktur auf den Weg gebracht. Laut Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) dürfte die Schuldenstandsquote dadurch bis 2037 von aktuell 63 auf rund 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Ohne begleitende Reformen bestünde das Risiko einer steigenden Inflation. [Quellen: Sprecherin des Bundespräsidenten auf X, IW Köln]
Jeder zweite Deutsche mit Kollektivvertrag. 2024 waren 49 Prozent der Beschäftigten in deutschen Betrieben mit Tarifvertrag tätig. Die Tarifbindung variiert je nach Branche stark – bei Energieversorgern sind es 84 Prozent, bei Grundstücks- und Wohnungswesen 22 Prozent. In Österreich haben 98 Prozent aller Beschäftigten einen Kollektivvertrag. [Quellen: Deutsches Statistikamt, gpa]
Mehr Dienstleistung, weniger Produktion in deutscher Industrie. Die deutsche Industrie setzt zunehmend auf produktbegleitende Dienstleistungen – deshalb kommt es zu sinkenden Produktionskapazitäten und steigenden Umsätzen aus nicht-industriellen Tätigkeiten. Deshalb greife die Kennzahl der Industrieproduktion zu kurz, so das Ifo-Institut. Der Produktionsindex ist zwischen 2018 und 2024 um 13 Prozent zurückgegangen – rechnet man begleitende Dienstleistungen ein, fällt der Rückgang mit 3 Prozent wesentlich geringer aus. [Quelle: Ifo]
USA wollen Öl- und Gasförderung in Alaska ausweiten. US-Innenminister Doug Burgum hat die Ausweitung der Öl- und Gasförderung in Alaska angekündigt. 82 Prozent des National Petroleum Reserve in Alaska werden zur Verpachtung freigeben. Die Vorgängerregierung unter Joe Biden hatte Öl- und Gasbohrungen in vielen Teilen Alaskas verboten. [Quelle: US-Innenministerium]
Selektive Agenda:
Wien: IAEA-Chef Grossi trifft stv. iranischen Außenminister Gharibabadi
New York, USA: Außenministerin Meinl-Reisinger reist zum UNO-Sicherheitsratstreffen und trifft in New York u.a. UNO-Generalsekretär Guterres und ihren dänischen Amtskollegen Rasmussen
Brüssel: EU-Rat „Landwirtschaft und Fischerei“ (bis 25.3.) [Info]
Warschau, Polen: Informeller EU-Rat Beschäftigung, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (bis 25.3.) [Info]
Bern, Schweiz: Nationalratspräsident Rosenkranz zu Besuch bei Schweizer Amtskollegin Riniker
6:00 Uhr, Paris. Frankreich: Internationale Energieagentur (IEA) präsentiert den „Global Energy Report 2025“
10:00 Uhr, Frankfurt, Deutschland: Einkaufsmanagerindex verarbeitendes und nicht-verarbeitendes Gewerbe Deutschland, EU und Eurozone März (1. Veröffentlichung)
15:00 Uhr, Wien: Budgetausschuss des Nationalrats tagt im Parlament, Themen u.a. Budgetprovisorium, Bericht des Fiskalrates über die öffentlichen Finanzen 2023 bis 2028
Wochenvorschau
Am Dienstag findet in Deutschland die konstituierende Sitzung des neugewählten Bundestags statt. Am Mittwoch und Donnerstag tritt in Österreich wieder der Nationalrat zusammen – auf der Agenda stehen u.a. das Budgetprovisorium und eine Novelle des Nationalfonds-Gesetzes. Am Mittwoch starten zudem die KV-Verhandlungen in der Chemischen Industrie und das Inkrafttreten des Schengener Abkommens jährt sich zum 30. Mal. Am Donnerstag präsentieren Wifo und IHS die jüngste Konjunkturprognose für Österreich. Am Samstag steht am Bundesparteitag der ÖVP die Wahl von Christian Stocker zum Parteichef an.
Selektives Networking:
Jobwechsel und Karriereschritte: Rupert Dworak folgt als Präsident des Niederösterreichischen Pensionistenverbands auf Hannes Bauer. Ute Van Goethem wurde zur Vize-Präsidentin des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI) gewählt. Daniel Retschitzegger wechselt mit April von Puls24 zum „Standard“.
Geburtstage: Wir gratulieren Christian Aichinger, Josef Auer und Stephan Eberharter zum Geburtstag.
Sehen & gesehen werden:
10:00 Uhr, Wien: Nationalbank (OeNB) und Europäische Investitionsbank (EIB) laden zu „High-level meeting ‚Investment under hard budget constraints’“ u.a. mit Vizepräsident Östros, Chefökonomin Revoltella (EIB), Gouverneur Holzmann, CFO Kollmann (Verbund), Vize-Gouverneurin Stiftinger (OeNB) [invite only, auch online]
18:30 Uhr, Wien: Das Austria Institut für Europa und Sicherheitspolitik (AIES) lädt zur Diskussion „Geostrategic Dynamics in the Indo-Pacific: An Australian Perspective“ mit Rory Medcalf (Head of the National Security College, Australian National University) in die Diplomatische Akademie. [Info]
18:45 Uhr, Wien: Die Ärztekammer Wien lädt zur Diskussion mit den Gesundheitssprechern Hacker (SPÖ), Korosec (ÖVP), Huemer (Grünen), Gara (NEOS) und Seidl (FPÖ) unter dem Titel „Gesundheitsversorgung: Ist Wien in Zukunft gut versorgt?“ ins Josephinum, Moderation: Martina Salomon. [Info]