Morning in Brief

Morning in Brief, 25. Juni 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

🇪🇺 EU-Kommission hat Defizitverfahren empfohlen. Die EU-Kommission hat gestern formell ein EU-Defizitverfahren gegen Österreich empfohlen. Beschlossen werden muss das Verfahren vom Rat der Wirtschafts- und Finanzminister, der am 8. Juli wieder tagt. Sollte das geschehen, muss Österreich bis 15. Oktober Maßnahmen vorlegen und dann alle 6 Monate über die Fortschritte berichten. Das Ziel von Finanzminister Markus Marterbauer ist weiterhin, das Defizit bis 2028 wieder unter die erlaubte Grenze von 3 % des BIPs zu drücken. [Quellen: Empfehlung des Defizitverfahrens, Empfehlungen zum Fiskalstrukturplan, Medienberichte] 

Kommentar: Bei der Sozialhilfe führen wir die falsche Debatte
von Georg Renner

Worüber reden wir bei der Sozialhilfe? Über ihre Höhe – oder wie wir verhindern, dass die Kinder von heute sie später brauchen? Eine besonnene Politik würde weniger darüber diskutieren, wie viel eine neunköpfige Migrantenfamilie monatlich vom Staat bekommen soll – und mehr darüber, wie man vermeidet, dass die sieben Kinder eines Tages selbst von der Sozialhilfe abhängig sind.

Grafik (von Christoph Hofer): Von 2020 bis 2024 schrumpfte Österreichs Medianvermögen um 18,0 % auf rund 74.526 US-Dollar. Kein anderes Land wies laut dem aktuellen UBS-Vermögensreport einen stärkeren Rückgang auf. Maßgeblich dafür war die besonders hohe Inflation im internationalen Vergleich. Dagegen verzeichneten die USA mit 45,8 % den größten Vermögenszuwachs unter westlichen Ländern. Global stieg das Medianvermögen im Schnitt um 16,7 %. [Quelle: UBS – Global Wealth Report 2025]

🇦🇹 Österreichs Unternehmen global gut vernetzt. Ein Großteil der heimischen Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten war 2023 in globale Lieferketten involviert. 81 % bezogen Waren oder Dienstleistungen aus dem Ausland, 60 % lieferten ihre Produkte zur Weiterverarbeitung in andere Länder oder an den Handel im Ausland. 4,8 % der Unternehmen gaben an, zwischen 2021 bis 2023 bestimmte Funktionen an Unternehmen im Ausland ausgelagert zu haben – meist in der eigenen Unternehmensgruppe. Insgesamt waren davon laut der Erhebung rund 3 500 Arbeitsplätze betroffen. [Quelle: Statistik Austria

🇦🇹 BWB: Zu wenig Strom-Anbieter in Österreich. Die Bundeswettbewerbsbehörde kritisiert die hohe Marktkonzentration bei Strom-Anbietern in Österreich. Auch die Preise liegen laut dem Abschlussbericht einer Taskforce von E-Control und BWB nach wie vor über dem Niveau vor der Energiekrise, die sich nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine einstellte. Die Untersuchung wurde 2023 gestartet und nun abgeschlossen. „Die Anzahl der österreichweiten Lieferanten betrug mit Letztstand Februar 2025 nur 37. Das ist mehr als ein Drittel weniger als vor der Krise“, heißt es in dem Bericht. Die Interessenvertretung Oesterreichs Energie kann die Kritik nicht nachvollziehen: „Für uns zeigen diese Zahlen klar – der Markt funktioniert“, heißt es in einer Reaktion – Kunden können aus einer „breiten Palette“ an Angeboten wählen. Alle etablierten Anbieter hätten zudem ihre Haushaltstarife seit dem Ende der Energiekrise bereits deutlich gesenkt. [Quellen: Abschlussbericht der Taskforce, Oesterreichs Energie

🇦🇹 ÖVP und SPÖ wollen bei Energiepreisen eingreifen. ÖVP und SPÖ wollen laut Medienberichten einen Energie-Krisenmechanismus verhandeln. Auch Preiseingriffe seien denkbar. Umgesetzt werden könnten die Maßnahmen über eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes. Die Neos dementierten auf Nachfrage der APA entsprechende Gespräche innerhalb der Regierung. [Quelle: APA via Medienberichte] 

🇦🇹 Weiterhin schlechte Stimmung bei KMU. 43,1 % der heimischen Klein- und Mittelbetriebe verzeichnen laut einer aktuellen Umfrage einen Auftragsrückgang, lediglich 10,9 % können aktuell mehr Bestellungen registrieren. Das entsprechende Geschäftsklimabarometer der Creditreform sank auf minus 7,8 Punkte, deutlich unter der Wachstumsschwelle, einen positiven Indexwert gab es das letzte Mal vor zwei Jahren. 20 % der KMUs wollen Personal abbauen, nur 8,5 % sind mit der aktuellen Wirtschaftspolitik zufrieden. [Quelle: Creditreform

🇦🇹 IV drängt auf Pensionsreform. Die Industriellenvereinigung pocht auf eine faktenbasierte Diskussion über eine Reform des Pensionssystems, bei der auch eine Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters Thema sein muss. Nachdem 82 % der Menschen in die Pension wechseln, weil sie die rechtlichen Bedingungen erfüllt haben, ist eine Anpassung eben jener Bedingungen notwendig. IV-Präsident Georg Knill empfiehlt eine Anhebung der gesetzlichen Pensionsantrittsalters um jeweils ein halbes Jahr von 2034 bis 2040 auf 68 Jahre. Darüber hinaus soll Teilzeitarbeit durch höhere Sozialversicherungsabgaben im Verhältnis zu Vollzeitarbeit weniger attraktiv werden. [Quellen: Industriellenvereinigung, Medienberichte] 

🇦🇹 Österreich will „Tourismus-Check“ bei EU-Gesetzen. Die Bundesregierung verlangt zusammen mit 15 weiteren EU-Mitgliedsländern einen „Tourismus-Check“ für neue EU-Gesetzgebung. Damit soll die Unterstützung des Fremdenverkehrs in geplanten Rechtsakten der Union abgesichert werden. Neue Regelungen in den Bereichen Unternehmenspolitik, Umwelt, Konsumentenschutz oder Mobilität sollen zukünftig in ihren Folgen für den Tourismus abgewogen werden. [Quelle: BMWET

🇦🇹 🇪🇺 Gaspreise sinken deutlich. Die Hoffnung auf eine Entspannung der Lage im Nahen Osten hat die Gaspreise im Großhandel auf Talfahrt geschickt. Nach Spitzen von mehr als 45 Euro pro Megawattstunde nach dem US-Angriff auf iranische Anlagen sanken die Gaspreise am österreichischen Handelsplatz des CEGH (Central European Gas Hub) für die Auslieferung in einem Monat gestern auf 39,60 Euro pro MWh. Am europäischen Leitmarkt TTF sank der Preis für die Auslieferung in einem Monat auf 35,09 Euro pro MWh. [Quellen: CEGH, TTF]

🇪🇺 EU-Länder wollen stärkere Vereinfachung des Lieferkettengesetzes. Die EU-Mitgliedsländer haben sich Montagabend auf eine Position zum Lieferkettengesetz geeinigt. Der Vorschlag, den die EU-Ratspräsidentschaft noch mit dem EU-Parlament abstimmen muss, enthält weiterreichende Vereinfachungen als das entsprechende „Omnibus“-Paket der EU-Kommission. Die Grenze der berichtspflichtigen Unternehmen soll auf 5.000 Beschäftigte und 1,5 Mrd. Euro Jahresumsatz steigen – bisher sind es 1.000 Beschäftigte und 450 Mio. Euro Umsatz. Durch die Änderung wären weniger als 1.000 europäische Großunternehmen von der CSDDD-Richtlinie betroffen. Zudem sollen nur noch direkte Lieferanten kontrolliert werden und nicht mehr die gesamte Lieferkette. Die Deadline für die nationale Umsetzung wurde auf 26 Juli 2028 verschoben. [Quellen: Rat der Europäischen Union, Politico

🇪🇺 Weitere EZB-Zinssenkungen möglich. Die EZB habe noch Spielraum für Zinssenkungen, so der französische Notenbankankchef François Villeroy de Galhau. Vor allem wenn der Waffenstillstand zwischen Israel und dem Iran halten sollte, dürften die Inflationsrisiken für die Eurozone moderat bleiben. In den nächsten sechs Monaten geht er deshalb von einer weiteren Zinssenkung aus. [Quelle: Interview Financial Times

🌍 Weniger Direktinvestitionen in CEE. Die ausländischen Direktinvestitionen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa sind im Jahr 2024 im Vergleich zu 2023 um rund ein Viertel von gut 100 Mrd. auf 75 Mrd. Euro zurückgegangen und haben damit ein Fünf-Jahres-Tief erreicht. In den EU-Mitgliedsländern der Region betrug der Rückgang 24 %. Im ersten Quartal 2025 sank die Anzahl der angekündigten Projekte im Vergleich zum Vorquartal um 26 %, das zugesagte Kapital um 55 %. Während das Investitionsvolumen österreichischer Unternehmen mit 1,4 Mrd. Euro stabil blieb, halbierte sich jenes deutscher Betriebe auf 5,4 Mrd. Euro. Chinesische Direktinvestitionen kamen auf einen Gesamtwert von 11,2 Mrd. Euro. Weiterhin sind aber 70 % aller Kapitalzusagen aus der EU, der chinesische Anteil ist rund 1 %. [Quelle: WIIW

🇩🇪 Deutsche Stromsteuern werden nur für Industrie und Landwirte gesenkt. Die deutsche Regierung will die Stromsteuern nur für die Industrie und die Landwirtschaft senken und nicht auch für Haushalte, wie im Koalitionsabkommen vorgesehen. „Hier trifft Koalitionsvertrag auf finanzielle Möglichkeit und Wirklichkeit“, sagte Wirtschaftsministerin Katharina Reiche gestern am deutschen „Tag der Industrie“. [Quelle: Welt]

Selektive Agenda:

Heute, Den Haag, Niederlande: Nato-Gipfel (bis 26.6.)

6:00 Uhr, Brüssel: Europäischer Autohersteller-Verband ACEA veröffentlicht Pkw-Neuzulassungen Mai

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Daten zum Außenhandel (Einfuhren, Ausfuhren) 2024

10:00 Uhr, Wien: Ministerrat

14:00 Uhr, Wien: Bildungsminister Wiederkehr bei der Präsentation des „Nationalen Bildungsberichts Österreich 2024“ in der Pädagogischen Hochschule Wien

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Thomas Hahn wurde zum Chief Technology Officer von deepsearch ernannt. Bettina Ganghofer wird Mitglied im Board des Luftfahrtverbandes ACI Europe. Petra Höfinger wurde als Geschäftsführerin von ART for ART bestätigt. Wilfried Drexler ist neu gewählter Obmann des WKÖ-Fachverbands Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT). Christian Fischer wurde zum neuen Vorsitzenden der SPÖ-Bundesratsfraktion gewählt. Alexander Schallenberg wird Präsident der „Europe’s Future Initiative“. 

Geburtstage: Wir gratulieren Madeleine Petrovic und Marc Janko zum Geburtstag.

Sehen & gesehen werden:

11:30 Uhr, Wien: Veranstaltung anlässlich 80 Jahre Gewerkschaft Öffentlicher Dienst u. a. mit Andreas Babler im GÖD – Konferenzzentrum [invite only]

16:00 Uhr, Wien: Podiumsdiskussion „Geistes- und Sozialwissenschaften im Zeitalter von KI“ an der ÖAW mit Heinz Faßmann, Sebastian Schütze, Berenike Herrmann, Matthias Karmasin, Alexandra N. Lenz [Info]

18:00 Uhr, Donnerskirchen: Die Industriellenvereinigung Burgenland lädt zum Sommerfest auf das Bio-Landgut Esterhazy u.a. mit Georg Knill, Leonhard Schneemann, Anja Haider-Wallner. [invite only]

18:00 Uhr, Wien: Der Wissenschaftsfonds (FWF) lädt zur Verleihung der „Austrian Science Awards 2025“ u. a. mit Eva-Maria Holzleitner in den Arkadenhof des Rathauses [invite only]

18:30 Uhr, Wien: Das Austria Institut für Europa und Sicherheitspolitik (AIES) lädt zur Diskussion „Zwischen Neutralität und Solidarität – Österreichs Rolle in einer veränderten europäischen Sicherheitslage“ mit Christoph Schwarz, Ursula Plassnik, Gustav Gressel in die Diplomatische Akademie [Info]

19:00 Uhr, Wien: Mitgliederabend des Hayek Instituts mit Vortrag zum Thema „The Economics of Digital Assets and Stablecoins“ im Hayek Institut [invite only]

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