Morning in Brief

Morning in Brief, 29. April 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank und Sara Grasel – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Anzeichen für Erholung der Industriekonjunktur. Der UniCredit Bank Austria Einkaufsmanagerindex sinkt im April um 0,3 Punkte auf 46,6 Punkte. Angesichts der Herausforderungen und Unsicherheiten durch die US-Zölle schlägt sich die Industrie aber besser als erwartet: Der Produktionsindex steigt auf 49,0 Punkte (+0,8); der Erwartungsindex steigt auf 55,9 Punkte (+4,9) – der höchste Wert seit Sommer 2024. Zwar wurden in der Industrie weiter Jobs abgebaut, das Tempo des Beschäftigungsabbaus verlangsamt sich jedoch. Die Entwicklung des Industrie-Einkaufsmanagerindexes im 1. und beginnenden 2. Quartal dürfte laut Bank Austria auf eine Stabilisierung der Konjunktur hinweisen. [Quelle: Unicredit Bank Austria

Kommentar: Wie man Selbständige zum Pensions-Sündenbock macht
von Gerald Loacker

Von politisch linker Seite wird gerne behauptet, die Pensionsversicherung der Unselbständigen, also nach dem ASVG, stehe finanziell solide da. Problematisch seien nur die Pensionssysteme der Selbständigen und Bauern. Doch kann es wirklich sein, dass das milliardenschwere Finanzierungsproblem der gesetzlichen Pensionen primär an einer halben Million Selbständiger liegt – und nicht an den 5,7 Millionen Versicherten in der Pensionsversicherungsanstalt (PV)?

Grafik (von Christoph Hofer): 9 von 10 Pensionseuros der Selbständigen wurden 2018 durch Beiträge der Aktiven gedeckt (91,92 Prozent) – das ist der höchste Wert aller Versicherten. Im ASVG-System der Arbeiter und Angestellten beträgt die Deckungsquote (unter Einbezug der Wanderversicherten) rund 85 Prozent. Alle Pensionskassen: 81,89 Prozent. Die Beitragsdeckungsquote gibt an, wie viel der jährlichen Pensionsleistung durch Beiträge der Aktiven gedeckt ist. Die darüber hinaus bestehende Finanzierungslücke muss durch einen Budgetzuschuss ausgeglichen werden. Sieht die Beitragsdeckungsquote der Selbständigen auf den ersten Blick niedriger aus, so liegt das am Effekt der Wanderversicherten. Also jener Erwerbstätigen, die im Berufsleben zunächst in eine Pensionskasse einzahlen, und später in eine andere wechseln. Dies betrifft vor allem Unselbständige, die zunächst ins ASVG-System einzahlen (und dessen Deckungsquote erhöhen), sich später jedoch selbständig machen und Leistungen einer anderen Kasse beziehen. [Quellen: Dachverband der Sozialversicherung, Rechnungshof]

Neuer Stabilitätspakt bis September. Der Stabilitätspakt von Bund, Ländern und Gemeinden soll bis September neu ausgehandelt werden. Gestern gab es dazu ein Treffen im Finanzministerium. Ziel ist eine Neuregelung zur Verteilung der Verschuldungsmöglichkeiten – der bisherige Pakt wurde 2012 geschlossen. Auf technischer Ebene sollen die Verhandlungen nun Ende Mai beginnen. Auch eine Verbesserung der Datenlage ist geplant. Die Budgets der Länder sind für 2025 bereits beschlossen – man könne aber noch eingreifen, sagte Landeshauptleute-Konferenz-Vorsitzender Wilfried Haslauer. Salzburg plane schon heuer Einsparungen von 20 Prozent. [Quelle: Pressekonferenz]

Österreichischer Aktienmarkt in internationaler Hand. Die institutionellen Anleger an der Wiener Börse sind sehr stark international geprägt – 92,3 Prozent des von Institutionellen gehaltenen Streubesitzes entfallen 2024 auf internationale Vermögensverwalter. Die Top 3 werden von Großinvestoren aus den USA (34,0 Prozent), Großbritannien (21,1 Prozent) sowie Frankreich (7,8 Prozent) gestellt. Mit 7,7 Prozent nehmen österreichische Großinvestoren nur den 4. Platz ein. Passive Indexfonds gewinnen an Bedeutung und machen mit 25,1 Prozent bereits knapp mehr als ein Viertel aus (2022: 21,6 Prozent). [Quelle: Wiener Börse | Grafik: Internationales Interesse an österreichischen Aktien

Gesundheitskasse berät Sparpaket. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) berät heute Sparmaßnahmen, um das Defizit einzudämmen. Am Vormittag tagt der Verwaltungsrat der ÖGK, am Nachmittag tritt die Hauptversammlung zusammen. Für heuer erwartet die ÖGK ein Defizit von 906 Mio. Euro. [Quelle: ÖGK]

EU verfehlt Microchip-Ziele. Laut EU-Rechnungshof wird die EU ihr Produktionsziel für Microchips verfehlen. Bis 2030 sollte der Anteil am globalen Markt auf 20 Prozent gesteigert werden. Nach Schätzungen der EU-Kommission wird lediglich ein Anteil von 11,7 Prozent erreicht. Die Investitionen sind zu niedrig. Die EU-Kommission bringt 4,5 Mrd. Euro oder 5 Prozent der im EU-Chip-Gesetz bis 2030 geplanten Mittel (rund 86 Mrd. Euro) auf. Der Rest müsse von den EU-Ländern und der Industrie kommen. Weitere Hürden sind die hohen Energiekosten und der Zugang zu Rohstoffen. [Quelle: EU-Rechnungshof

Euroraum: Weitere Zinssenkungen möglich. Für Francois Villeroy de Galhau, Gouverneur der französischen Zentralbank und Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), gibt es weiterhin Spielraum für weitere Zinssenkungen. Trotz der Unsicherheiten aufgrund der US-Zölle würde das Inflationsziel von 2 Prozent erreicht werden. Zuletzt hat die EZB am 17. April die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 2,25 Prozent gesenkt – das nächste zinspolitische Treffen findet von 4. bis 5. Juni statt. [Quelle: Reuters, RTL

Weltweite Militärausgaben erneut stark gestiegen. Die weltweiten Militärausgaben steigen 2024 um 9,4 Prozent auf insgesamt 2.718 Milliarden US-Dollar – der höchste jährliche Anstieg seit dem Jahr 1988. Zwischen 2015 und 2024 stiegen die Ausgaben um 37 Prozent. Auf die USA gehen mit 997 Mrd. US-Dollar insgesamt 37 Prozent der globalen Militärausgaben zurück, danach folgen China mit 314 Mrd. (12 Prozent) und Russland mit 149 Mrd. (5,5 Prozent). Die größte Steigerung in den jährlichen Militärausgaben verzeichnen 2024 Israel (+65 Prozent) und Russland (+38 Prozent). Die Ukraine hat mit 64,7 Mrd. US-Dollar (+2,9 Prozent; 34 Prozent des BIP) die weltweit achthöchsten Militärausgaben. Deutschland hat für die kommenden Jahre eine massive Aufstockung der Verteidigungsausgaben geplant und will dafür nun von den EU-Schuldenregeln abweichen. Reuters berichtet von einem entsprechenden Antrag für 2025 bis 2028. Die EU hat die Möglichkeit eingeräumt, Erhöhungen der Verteidigungsbudgets bis 1,5 Prozent des BIPs aus den Schuldenregeln auszunehmen, Deutschland will darüber hinausgehen. [Quellen: SIPRI, Reuters

Erste deutsche Minister nominiert. CDU und CSU haben gestern ihre Minister für die künftige deutsche Bundesregierung nominiert. Die SPD will ihre Kabinettsmitglieder erst nach der Bekanntgabe der Mitgliederentscheidung bekannt geben – jedenfalls vor dem 5. Mai. Am 6. Mai soll Friedrich Merz (CDU) im Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Mit Katherina Reiche soll die derzeitige Chefin der E.ON-Tochter Westenergie Wirtschaftsministerin werden – sie war bereits von 1998 bis 2015 Mitglied des Bundestages. Digitalminister soll Karsten Wildberger werden, derzeit Chef von Ceconomy (Media Markt Saturn). Nominiert wurden u.a. außerdem Johann Wadephul (Äußeres), Alexander Dobrindt (Inneres), Patrick Schnieder (Verkehr) – offen sind noch SPD-Ministerien wie Finanzen, Justiz, Arbeit und Soziales sowie Verteidigung. [Quellen: Medienberichte | Grafik: Alle Minister der deutschen Regierung, aktueller Stand]

Deutschland entgeht Rezession. Die deutsche Wirtschaft ist laut ersten Schätzungen im 1. Quartal knapp einer Rezession entgangen. Von Reuters befragte Ökonomen gehen von einem Wachstum von 0,2 Prozent im Quartalsabstand aus. Im Schlussquartal 2024 gab es noch einen Rückgang von 0,2 Prozent. Zwei negative Quartale in Folge hätten eine technische Rezession bedeutet. Im zweiten Quartal stehen die Zeichen angesichts der Handelskonflikte wieder auf Abschwung. Offizielle Zahlen zum 1. Quartal werden am Mittwoch erwartet. [Quelle: Reuters via Medienberichte] 

Kleine Strompreiszonen für Deutschland vorgeschlagen. Die europäischen Übertragungsnetzbetreiber schlagen vor, Deutschland und Luxemburg in fünf kleinere Strompreiszonen zu unterteilen. Dadurch sollen sich Angebot und Nachfrage lokal besser anpassen können. Das könnte jährlich zwischen 250 und 340 Mio. Euro an Einsparungen bringen. Im windreichen Norden könnten dadurch Strompreise sinken. Für den industriereichen Süden warnt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) allerdings vor höheren Preisen. Auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) ist skeptisch. [Quellen: Entso-E, DIHK, VDMA

Stellenabbau in Deutschland verlangsamt sich. Deutsche Unternehmen bauen im April weiterhin Stellen ab, allerdings weniger stark als im März. Das Beschäftigungsbarometer des Ifo-Instituts steigt von 92,8 auf 93,9 Punkte. Die Industrie verbesserte sich von -20,8 auf -16,9 Punkte, bleibt aber deutlich im negativen Bereich. Es sei also noch zu früh, von einer „Trendwende am Arbeitsmarkt zu sprechen“, so Ifo-Ökonom Klaus Wohlrabe. [Quelle: Ifo-Institut]

US-Zölle auf Autos werden gesenkt. US-Handelsminister Howard Lutnick kündigt einen „Deal“ an: Zölle auf importierte Autoteile, die für in den USA gefertigte Autos bestimmt sind, sollen gesenkt werden. Weiters sollen sich die Zölle für importierte Fahrzeuge nicht mehr mit anderen Zöllen – etwa jene auf Aluminium – addieren. Das Weiße Haus bestätigte entsprechende Medienberichte, Details sollen heute im Lauf des Tages folgen. [Quellen: Reuters, CNN, WSJ]

Selektive Agenda:

Belgrad, Serbien: Außenministerin Meinl-Reisinger in Serbien, Treffen u.a. mit serbischem Außenminister Đurić

Valencia, Spanien: Bundeskanzler Stocker bei der Tagung der EVP-Fraktion u.a. mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen (bis 30.4.)

8:00 Uhr, Warschau, Polen: Informeller EU-Umweltrat (zweiter und letzter Tag) [Info]

9:00 Uhr, Krems: Arbeitstreffen der deutschsprachigen Innenminister mit Innenminister Karner, Faeser (Deutschland), Büchel (Liechtenstein), Gloden (Luxemburg), Jans (Schweiz) (zweiter und letzter Tag, 12:00 Uhr Pressekonferenz)

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Zahlen zu „Armut und soziale Eingliederung 2024“ und „Frühschätzungen zu Industrie und Bau im März“

14:00 Uhr, Wien: Wifo-Konjunkturtest

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Markus Figl folgt Karl Mahrer als geschäftsführender Obmann der Wiener ÖVP nach. Rainer Nowak wird ab Juli Geschäftsführer der Tageszeitung „Die Presse“. Klaus-Dieter Gosch wird ab Juni Präsident des Oberlandesgericht Innsbruck. Armin Weger folgt auf Wolfgang Neussner als Vorstandschef der Leder & Schuh AG (Humanic, Shoe4you). Neussner wechselt wieder in den Aufsichtsrat. Gerald Heidegger wurde als Ressortleiter Zeitgeschichte/Zeitgeschehen für die Hauptabteilung ORF Wissen bestellt.  

Geburtstage: Wir gratulieren Martin Gruber, Heinz Schaden, Ernst Strasser und Michael Niavarani zum Geburtstag! 

Sehen & gesehen werden:

Ab 13:00, Wien: 40 Jahre Barbaro auf der Freyung, Hauptprogramm ab 18:00 Uhr [Info]

16:00 Uhr, Wien: Verleihung MINT Girls-Challenge 2024/25 im Palais Wertheim u.a mit Elisabeth Zehetner, Eva-Maria Holzleitner, Claudia Mischensky [invite only]

17:00 Uhr, Wien: Verleihung Concordia Preis im Parlament u.a. mit Doris Bures, Barbara Tóth, Armin Thurnher, Andreas Koller, Heide Schmidt, Maria Windhager [Info, Live]

17:30 Uhr, Klagenfurt: Verleihung Innovations- und Forschungspreis des Landes Kärnten im Lakeside Park [invite only]

18:00 Uhr, Wien: Die Initiative eXplore! lädt zur Diskussion „Wirtschaftsmotor Headquarters – Wie kann Österreich seine Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern?“ in das InterContinental Vienna mit Rene Tritscher, Martina Sennebogen, Manfred Stanek, Birgit Rechberger-Krammer, Phillip C. Nell, Madlen Stottmeyer [Info]

18:00 Uhr, Wien: 134. AustrianStartups Stammtisch zum Thema „The Road from Research to Successful Spin-Off“ an der TU Wien u.a. mit Birgit Hofreiter, Lukas Rippitsch, Dietmar Gombotz, András Gálffy, Antonia Rinesch [Info]

18:30 Uhr, Wien: Diskussion „Die Zweite Republik – Erfolgsgeschichte mit offener Zukunft“ mit Heinz Fischer, Karin Moser, Georg Renner im Karl-Renner-Institut [Info]

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