Morning in Brief

Morning in Brief, 30. April 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank, Sara Grasel und Christoph Hofer – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Stimmung in der Wirtschaft sinkt weiter. In Österreich hat sich die Lagebeurteilung durch Unternehmen weiter eingetrübt. Im April sinkt der Economic Sentiment Indicator (ESI) der EU-Kommission für Österreich um 1 Prozent auf 88,8 Punkte und in der EU um 1,4 Punkte auf 94,4 Zähler – ein stärkerer Rückgang als erwartet. Während sich die Stimmung in der österreichischen Industrie (von -16,2 auf -15,0) sowie am Bau (von -20,8 auf -18,5) verbesserte, verschlechterte sich die Stimmung unter den Konsumenten deutlich von -16,5 auf -21,3. Der Konjunkturtest des Wifo verschlechtert sich im April ebenfalls – um 0,4 Punkte auf -7,1 Punkte. Die gesamtwirtschaftlichen Lagebeurteilungen und Konjunkturerwartungen bleiben „unterdurchschnittlich“. Der Index der Sachgütererzeugung verbessert sich leicht, bleibt aber tief im negativen Bereich. Die Stimmung im Einzelhandel und bei Dienstleistungen verschlechtert sich etwas. [Quellen: Europäische Kommission, Wifo]

Kommentar: Volle Feiertage, leere Kirchen
von Georg Renner

Die Geschäftsgrundlage der meisten Feiertage fällt durch die rapide Säkularisierung der österreichischen Bevölkerung weg. Gerade in einer Wirtschafts- und Demographiekrise wäre es hoch an der Zeit, auch darüber zu reden, ob die Republik sich ihre 13 Feiertage – von den Landesfeiertagen, an denen der öffentliche Dienst stillsteht, ganz zu schweigen – eigentlich noch leisten kann, will und sollte.

Grafik (von Christoph Hofer): Österreich ist das Land der freien Tage. Mit 38 Ruhetagen kann jeder Österreicher im Jahr mindestens rechnen. 13 gesetzliche Feiertage und 25 Tage Mindest-Urlaubsanspruch bringen einen Spitzenplatz in Europa. Nur Malta (42 Tage) liegt vor Österreich und Schweden (38 Tage) gleichauf. Der tatsächliche Urlaubsanspruch hängt in vielen europäischen Ländern von weiteren Faktoren wie geleisteten Arbeitsjahren oder der Branche ab. [Quellen: Europäische Kommission, feiertag.info, Agenda Austria]

336.000 Personen in „absoluter Armutslage“. In Österreich befanden sich im Jahr 2024 336.000 Personen bzw. 3,7 Prozent der Bevölkerung nach EU-Definition in „absoluter Armutslage“, dies stellt keinen Anstieg gegenüber 2023 dar. Über 1,5 Mio. Menschen bzw. 16,9 Prozent der Bevölkerung waren „armuts- oder ausgrenzungsgefährdet“ – ein Rückgang von 0,8 Prozentpunkten gegenüber 2023. Ein zentraler Faktor ist der Bildungsgrad – wer maximal einen Pflichtschulabschluss hat, ist deutlich öfter von Armut betroffen und sein Haushaltseinkommen ist um ein Fünftel niedriger als im Durchschnitt. Personen mit Pflichtschulabschluss sind viermal häufiger von „erheblicher sozialer und materieller Benachteiligung“ betroffen als jene mit Lehre oder mittlerer Schulbildung. [Quelle: Statistik Austria]

ÖGK beschließt Sparpaket. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) hat ein Sparpaket beschlossen. Die ÖGK geht für heuer von einem Defizit von 900 Mio. Euro aus – schon heuer soll das Budgetloch auf 250 Mio. Euro gesenkt werden, kommendes Jahr peilt sie eine schwarze Null an. Zu den Maßnahmen gehören die Nicht-Nachbesetzung von Stellen, kostenpflichtige Transporte und eine Genehmigungspflicht für teure MRT- und CT-Untersuchungen sowie Physiotherapie. [Quelle: ÖGK]

Industrie-Umsatz steigt um 5 Prozent. Im März steigen die Umsätze in der Industrie um 5,0 Prozent und im Baubereich um 4,7 Prozent. Sowohl bei den geleisteten Arbeitsstunden (-1,6 / -2,3 Prozent) als auch beim Beschäftigtenindex (-1,9 / -1,8 Prozent) gibt es jedoch ein Minus. Ob diese Entwicklung bereits die konjunkturelle Trendwende ist, „bleibt abzuwarten“, so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. [Quelle: Statistik Austria]

Nur ein Fünftel der Betriebe erwartet wirtschaftliche Verbesserung. Der KSV1870 sieht die heimische Geschäftslage „im freien Fall“ – die Talsohle sei noch nicht durchschritten. Nur 43 Prozent der Betriebe bewerten ihre Geschäftslage als „sehr gut“ oder „gut“, das schlechteste Ergebnis seit Beginn der Covid-Krise 2020. In der Industrie liegt der Wert bei 32 Prozent, ein Minus von 24 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Steigende Umsätze führen aufgrund lieferantenseitiger Preissteigerungen zu keiner Verbesserung der finanziellen Gesamtsituation. Die Hälfte der Betriebe erwartet eine gleichbleibende Entwicklung, ein Drittel eine Verschlechterung, ein Fünftel wirtschaftliche Besserung. [Quelle: KSV1870]

Senat der Wirtschaft kritisiert EU-Lieferkettenrichtlinie als „verheerend“. Die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) sei gut gemeint, für KMUs wäre der bürokratische Aufwand aber nicht stemmbar und die Richtline „sowohl wirtschaftlich als auch sozial- und geopolitisch verheerend“, so der Senat der Wirtschaft. Der Senat fordert unter anderem eine vollständie Rücknahme der Lieferkettenrichtlinie, ein Ende des „Gold Plating“ und den Ausbau von Handelsabkommen wie Mercosur. [Quelle: Senat der Wirtschaft]

Betriebsversammlungen in der Papierindustrie. Die 2. Runde der Kollektivvertragsverhandlungen in der Papierindustrie führte zu keinem Ergebnis. Die Gewerkschaften wollen daher österreichweit von 5. bis 7. Mai Betriebsversammlungen einberufen. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 8. Mai statt. Die Gewerkschaft kündigt an, die „Auseinandersetzung sichtbar und spürbar in die Betriebe und die Öffentlichkeit zu tragen“, sollte es bei der 3. Verhandlungsrunde keinen Fortschritt geben. [Quelle: GPA]

2,8 Prozent mehr Gehalt für Post-Mitarbeiter. Ab 1. Juli 2025 gibt es für die rund 20.000 Beschäftigten und Lehrlinge der Österreichischen Post eine Lohnerhöhung von 2,8 Prozent. Nebengebühren und Zulagen steigen ebenfalls um 2,8 Prozent. Der Abschluss gilt für 12 Monate. [Quelle: ÖGB]

Nachfrage nach Wohnimmobilien steigt wieder. Die Zeit sinkender Immobilienpreise dürfte laut Raiffeisen heuer vorbei sein. Nachdem 2024 die Preise für Wohnimmobilien um 1,1 Prozent gesunken sind, wird aufgrund sinkender Zinsen und gestiegener Einkommen für 2025 eine Trendwende prognostiziert. Raiffeisen erwartet noch zwei weitere Zinssenkungsschritte bis zum Herbst, wodurch variable Kredite erneut billiger werden. [Quelle: Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien]

Auslandsinvestitionen erreichen 2024 Rekordwert. Der Bestand aller Investitionen aus Österreich im Ausland wuchs Ende 2024 auf fast 280 Mrd. Euro an, ein Plus von rund zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Große Zuwächse verzeichneten wichtige Zielländer wie Deutschland (+16,6 Prozent), die USA (+18,5 Prozent) und die Niederlande (+21,4 Prozent). Auch die Direktinvestitionen der Welt in Österreich stiegen deutlich von 198 Mrd. Euro 2023 auf 212 Mrd. Euro 2024. [Quellen: OeNB, trend]

Osteuropa wächst stärker als EU und Eurozone. Die meisten Volkswirtschaften in Mittel-, Ost- und Südosteuropa wachsen 2025 trotz des US-Handelskriegs „robust“, so das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (Wiiw). Die EU-Mitglieder in Ostmittel- und Südosteuropa dürften mit durchschnittlich 2,5 Prozent mehr als dreimal so stark wachsen wie die Eurozone (+0,7 Prozent, eine Revision nach unten um 0,5 Prozentpunkte) und 2026 doppelt so stark (+1,4 Prozent). Wachstums-Spitzenreiter ist Polen mit 3,5 Prozent. Wachstumstreiber im Osten bleibt der starke Privatkonsum aufgrund deutlicher Reallohnzuwächse in den vergangenen Jahren. Ohne das robuste Wachstum der östlichen Nachbarn würde die österreichische „Konjunkturdelle wohl noch tiefer ausfallen“, so das Wiiw. [Quelle: Wiiw]

EU-Verbraucher erwarten steigende Inflation. Die europäischen Verbraucher erwarten in den nächsten 12 Monaten eine Inflationsrate von 2,9 Prozent, ein Anstieg von 0,3 Prozentpunkten im Vergleich zu Februar. Die Inflation in den nächsten drei Jahren wird auf 2,5 Prozent geschätzt (+0,1 Prozentpunkte). Die Wirtschaftsentwicklung innerhalb der nächsten 12 Monate wird mit -1,2 Prozent weiterhin negativ eingeschätzt. [Quelle: Europäische Zentralbank]

100 Tage Trump bringen Zollmilderung für Autobauer. Anlässlich seines 100-tägigen Regierungsjubiläums unterzeichnete US-Präsident Donald Trump gestern ein Dekret, mit dem US-Autohersteller in Zukunft vor doppelten Zöllen geschützt werden sollen. Geplant sind Gutschriften in Höhe von bis zu 15 Prozent des Wertes der in den USA montierten Fahrzeuge. Autos, die zu mindestens 85 Prozent aus in den USA gefertigten Einzelteilen bestehen, sollen für ein Jahr gänzlich von Zöllen befreit sein. [Quellen: White House, Executive Order]

Unsicherheit in deutscher Wirtschaft steigt. Deutsche Unternehmen sind zunehmend unsicher, was ihre eigene Zukunft betrifft. Laut Ifo-Institut ist der Anteil jener Unternehmen, denen es schwerfällt, ihre Geschäftsentwicklung vorherzusagen, von 24,8 Prozent im März auf 28,3 Prozent im April gestiegen. Besonders groß ist die Unsicherheit in der Industrie; im Bau ist die Unsicherheit leicht zurückgegangen. [Quelle: Ifo-Institut]

Selektive Agenda:

Valencia, Spanien: Bundeskanzler Stocker und Familienministerin Plakolm bei der Tagung der EVP-Fraktion u.a. mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen (letzter Tag)

Wien: 3. Runde der KV-Verhandlungen Elektro- und Elektronikindustrie

Wien: Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer empfängt emiratischen Industrieminister Al Jaber [Info]

9:00 Uhr, Wien: Wifo veröffentlicht Schnellschätzung zum BIP im 1. Quartal 2025 – um 11:00 Uhr auch Eurostat-Zahlen für die Eurozone

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Zahlen zum Schienengüterverkehr 2024

11:30 Uhr, Wien: Ministerrat im Bundeskanzleramt – 12:00 Uhr: Pressefoyer mit Staatssekretären Zehetner, Schmidt und Schellhorn

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Elke Böhm wird Primaria der Orthopädie und stellvertretende Ärztliche Direktorin an der Klinik Pirawath. Lorenz Mayer übernimmt interimistisch als Landesgeschäftsführer der ÖVP Wien. Norbert Walter wurde zum Vizepräsidenten der LK Österreich (LKÖ) gewählt.

Geburtstage: Wir gratulieren Heinz Peter Prüller und Roman Hagara zum Geburtstag!

Sehen & gesehen werden:

19:00 Uhr, Wien: Die CEU lädt zur Diskussion „Somebody Should Do Something: How Anyone Can Help Create Social Change“ in die Anker Brotfabrik mit Daniel Kelly, Asya Passinsky, Cesy Leonard, Martin Russ, Eric Frey. [Info]

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