Morning in Brief

Morning in Brief, 4. August 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank, Sara Grasel und Christoph Hofer – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

🇦🇹 Wertsicherungsklauseln bei Mieten doch zulässig. Ein neues OGH-Urteil bringt Klarheit: In einem Individualverfahren hat das Höchstgericht entschieden, dass Wertsicherungsklauseln in langfristigen Mietverträgen grundsätzlich auch dann zulässig sind, wenn eine Anpassung in den ersten beiden Monaten nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde – Paragraph 6 Abs 2 Z 4 KSchG ist in diesen Fällen nicht anwendbar. Der VfGH hatte zuvor im Juni festgestellt, dass die betreffende Norm nicht verfassungswidrig ist. „Einem Gutteil von Mietern und deren Vertretern erhoffter Rückforderungsansprüche dürfte damit die Grundlage entzogen sein“, so die Kanzlei KWC Rechtsanwälte, welche die Vermieter vertrat. Die Regierung will im Herbst neue Regeln für die Wertsicherung bei Mieten vorstellen. [Quellen: OGH, KWC Rechtsanwälte]

Kommentar: Der Staat sollte einfach mal nichts tun
von Gerhard Jelinek

Vielleicht braucht Österreichs Wirtschaft – und nicht nur diese – einfach stabile Verhältnisse, Rahmenbedingungen, die nicht alle paar Monate geändert, Gesetze auf die sich Investoren aller Größenordnungen einfach verlassen können, Rechtssicherheit eben. Zwei aktuelle Beispiele.

Grafik (von Christoph Hofer): Die Pensionserhöhung 2026 wird voraussichtlich zu staatlichen Mehrkosten von rund 2 Mrd. Euro führen. Die altersbedingten Sozialleistungen würden hierdurch auf knapp 75 Mrd. Euro anwachsen. Der gesetzliche Anpassungsfaktor dürfte 2,7 % betragen. Er ergibt sich aus der durchschnittlichen Inflation von August 2024 bis Juli 2025. Während einkommensunabhängige Familien- und Sozialleistungen im Rahmen des Sparpakets 2 Jahre lang nicht an die Inflation angepasst werden, hat die Regierung noch keine Entscheidung über die Vorgehensweise bei den Pensionen getroffen. Die jungen liberalen Neos (Junos) lehnen eine automatische Erhöhung jedenfalls bei Spitzenpensionen ab: „Eine Nulllohnrunde darf nicht nur für Politiker gelten, sondern auch für Luxuspensionisten“, so Junos-Vorsitzende und Neos-Jugendsprecherin Sophie Wotschke. [Quellen: Statistik Austria I, Statistik Austria II, PVA, Rechnungshof, Eigene Berechnungen, Junos]

🇦🇹 E-Control-Vorstand verteidigt Netzkosten-Neuverteilung. Jährlich betragen die heimischen Netzkosten 3 1/2 Mrd. Euro – mit steigender Tendenz, so E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch in der gestrigen ZIB2. Aktuell werden „mehr als 90 % dieser Kosten von jenen Kundinnen und Kunden getragen, die Strom aus dem Netz beziehen“. Stromerzeuger zahlen hingegen weniger als 10 % ein. Auf die Gefahr höherer Strompreise angesprochen, verwies Urbantschitsch u. a. auf den netzdienlichen lenkenden Effekt im Bereich der Photovoltaik-Einspeisungen. Das Auslaufen staatlicher Energieförderungen mit Beginn des Jahres sieht er als richtigen Schritt. „Das System muss von sich aus existieren können, ohne dass der Staat ständig fördert.“ Angesichts der von der EU im Handelsabkommen mit den USA versprochenen Zukäufe von US-Energie sei es nun wichtig „dass man nicht die eine Abhängigkeit gegen die nächste tauscht“. [Quelle: Urbantschitsch in der ZIB2]

🇦🇹 Nulllohnrunde für Politiker. Die Gehälter von Spitzenpolitikern werden 2026 erneut nicht an die Inflation angepasst. Darauf haben sich die Regierungsparteien geeinigt – im Herbst soll im Parlament der entsprechende Beschluss folgen. Anderenfalls wären sie gemäß gesetzlichem Anpassungsfaktor um 2,6 % gestiegen. Für die kommenden Jahre soll eine Neuregelung der Inflationsanpassung verhandelt werden. Betroffen sind Regierungsmitglieder und Staatssekretäre, Bundespräsident, Nationalratsabgeordnete, Nationalratspräsidenten sowie Klubobleute, Rechnungshof-Präsidentin, Volksanwälte und Bundesratsmitglieder. Die Steiermark, Vorarlberg und Niederösterreich kündigten ebenfalls eine Nulllohnrunde an. [Quellen: APA, Neos, Land Steiermark, BezBegrBVG]

🇦🇹 Inflation steigt auf 3,5 %. Die Inflation klettert in Österreich im Juli laut Schnellschätzung auf 3,5 % und damit den höchsten Wert seit April 2024. Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Preise um 0,2 %, im Juni lag die Inflation noch bei 3,3 %. Am stärksten tragen nach wie vor Dienstleistungen (+4,5 %), Lebensmittel (+4,4 %) und Energie (+4,3 %) zur Inflation bei. Österreichs Inflation bleibt damit deutlich über jener der Eurozone (2,0 %). Energie wirkte in der Eurozone dämpfend, Lebensmittel und Dienstleistungen waren auch hier Treiber. [Quellen: Statistik Austria, Eurostat]

🇦🇹 Arbeitslosigkeit steigt im Juli um 5,2 %. Ende Juli 2025 waren 359.374 Menschen beim AMS als arbeitslos oder in Schulung gemeldet, ein Plus von 17.605 Personen bzw. 5,2 %. Die Zahl der Langzeitbeschäftigungslose stieg um 9,8 %. Das Sozialministerium erwartet erst 2026 einen leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit. „Besonders besorgt“ zeigt sich AMS-Vorstand Johannes Kopf über die Lage der österreichischen Automobil(zuliefer-)industrie: Der Bestand an arbeitslosen Personen im gesamten Automotivsektor ist im 1. Halbjahr 2025 um fast 50 % gestiegen, die Arbeitslosenquote lag bei 5,6 %. Auch am Stellenmarkt setzt sich der Negativtrend fort: Im 2. Quartal 2025 sanken die offenen Stellen um 4,0 % auf 147.900, das 5. Quartal in Folge. [Quellen: AMS, BMASGPK, Statistik Austria]

🇦🇹 Österreichische Großbanken bestanden Stresstest. 96 europäische Banken wurden einem Stresstest unterzogen, die 5 teilnehmenden heimischen Banken zeigten sich „widerstandsfähig“ und landeten im europäischen Mittelfeld. Aufgrund gestiegener Profitabilität gingen die Banken europaweit stärker aus dem Stress-Szenario hervor als noch im Jahr 2023, obwohl die Verluste aus dem Kreditrisiko im Vergleich angestiegen sind. „Die aktuellen Ergebnisse unterstreichen die Widerstandsfähigkeit des österreichischen Bankensektors“, so OeNB-Direktor Thomas Steiner. Nicht quantifizierbare Risiken wie Cyberattacken und die globale Unsicherheit würden jedoch eine zunehmende Gefahr für Banken darstellen. [Quellen: OeNB, European Banking Authority, EZB]

🇦🇹 Bundesheer will eigene Satelliten ins All bringen. Gemeinsam mit den Niederlanden will das österreichische Bundesheer einen Satelliten entwickeln, der im erdnahen Orbit zwischen 200 und 500km fliegen soll. Von den insgesamt 4 Satelliten sind 3 für den operativen Einsatz bestimmt, einer ist als Testobjekt gedacht. Die Inbetriebnahme ist für Ende 2026 / Anfang 2027 geplant. Die Satelliten sollen satellitengestützte Navigation ermöglichen und deutlich schärfere Bilder als bisher anliefern können. Die Gesamtkosten liegen bei ca. 10 Mio. Euro, wovon Österreich 6 Mio. tragen wird. [Quelle: Bundesheer]

🇪🇺 Industriestimmung in Eurozone auf 3-Jahres-Hoch. Mit 49,8 Punkten im Juli stieg der Eurozonen-Einkaufsmanagerindex auf den höchsten Wert seit 3 Jahren (Juni: 49,5 Punkte). Der Wert knapp unter der Neutralitätsmarke von 50 Punkten zeigt an, dass sich die Geschäftslage im Verarbeitenden Gewerbe nahezu stabilisiert hat. Die Produktion wurde im Juli erneut gesteigert, allerdings mit der niedrigsten Rate seit März. Im Auftragseingang gab es ein geringfügiges Minus. Österreich und Frankreich waren zwar mit einem Indexwert von 48,2 Punkten die Schlusslichter im Ranking, konnten aber ebenfalls zulegen. Laut Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, hat sich die „Rezession moderat bis deutlich abgeschwächt“ und die Erholung im Verarbeitenden Gewerbe „gewinnt allmählich an Breite“. [Quelle: S&P Global]

🇪🇺 Geringerer Photovoltaik-Ausbau erwartet. Heuer könnte erstmals seit 10 Jahren der Photovoltaikausbau in der EU geringer ausfallen als im Vorjahr. Nach großen Wachstumsraten im Jahr 2022 (+47 %) und 2023 (+51 %) flachte das Wachstum bereits im Vorjahr auf 3,3 % ab. Im Jahr 2024 wurden 65,1 GW an Leistung neu installiert, heuer werden nur mehr 64,2 GW erwartet – ein Rückgang von 1,4 %. Laut den neuesten Prognosen würde die EU damit das Ziel von 750 GW Ausbaukapazität im Jahr 2030 um knapp 27 GW verfehlen. [Quellen: Solarpower Europe, Reuters]

🌐 Opec+ weitet Ölfördermenge erneut aus. Saudi Arabien, Russland, Kuwait, Kasachstan, Algerien, Oman, der Irak und die Vereinigten Arabischen Emirate haben beschlossen, ihre Ölproduktion ab September um 547.000 Barrel pro Tag zu erhöhen. Als Gründe gaben die 8 Staaten „stabile globale Wirtschaftsaussichten und solide Marktgrundlagen“ an. Trotz bereits erfolgter Produktionssteigerungen hat der Ölpreis in den vergangenen Wochen deutlich angezogen – nach einem Tief von 58 US-Dollar pro Barrel im April liegt er aktuell bei rund 70 US-Dollar (Brent Crude). Bis 8. August will US-Präsident Trump eine Entscheidung über sekundäre Sanktionen für Käufer von russischem Öl treffen. Alle Augen seien nun auf Trump gerichtet, so ein UBS-Analyst gegenüber Reuters. [Quellen: Reuters, Opec+, The Hill]

🇺🇸 Stimmung in US-Industrie verschlechtert sich. Die Wirtschaftstätigkeit in der US-Industrie ist im Juli zum 5. Mal in Folge zurückgegangen, der ISM-Einkaufsmanagerindex fiel um 1,0 Punkte auf 48,0 Punkte. Der Produktionsindex ist zwar um 1,1 Punkte auf 51,4 Zähler gestiegen, die Rückgänge bei Lieferanten und bei der Beschäftigung drückten den Gesamtindex jedoch ins Minus. Von den 6 größten Industriezweigen verzeichnete im Juli kein einziger Wachstum, während es im Juni noch 4 waren. [Quelle: ISM]

🇨🇭 Schweiz schockiert über „massive und ungerechtfertigte US-Zölle“. Mit einem Zollsatz von 39 % hat die Schweiz jüngst einen der weltweit höchsten US-Basiszollsätze erhalten. Dieser liegt deutlich über jenem der EU (15 %) und des Vereinigten Königreichs (10 %). Der Wirtschaftsverband Economiesuisse sieht einen „akuten Wettbewerbsnachteil“ und eine „sehr ernsthafte Bedrohung“ für Schweizer Exportunternehmen. Die USA ist für die Schweiz der wichtigste Absatzmarkt: Knapp 17 % aller Schweizer Exporte gingen im Vorjahr in die USA, das Gesamtvolumen lag bei 65,3 Mrd. Franken (rund 70 Mrd. Euro). [Quellen: Medienberichte, Economiesuisse]

Selektive Agenda:

10:30 Uhr, Frankfurt: Sentix veröffentlicht das Investorenvertrauen in der Eurozone für August

11:45 Uhr, Gramatneusiedl: Finanzminister Marterbauer besucht Marienthal und Präsentation des „Modellprojekt Arbeitsplatzgarantie Marienthal“ [Info]

Wochenvorschau:

Am Dienstag Vormittag veröffentlicht Eurostat die EU-Erzeugerpreise im Juni, in Washington D. C. wird dann am Nachmittag die US-Handelsbilanz für Juni bekanntgegeben.

Die Statistik Austria informiert am Mittwoch um 9 Uhr über die Großhandelspreise im Juli und die Einzelhandelsumsätze im Juni. Es folgen dann via Eurostat um 11 Uhr die EU-weiten Zahlen zum Einzelhandelsumsatz.

So die Deadline nicht noch ein weiteres Mal verschoben wird, treten am Donnerstag die neuen Zollregelungen zwischen der EU und den USA in Kraft. Weiters veröffentlicht die Statistik Austria die Außenhandelsdaten für Mai und die britische Notenbank gibt zu Mittag ihre aktuelle Leitzinsentscheidung bekannt.

Am Freitag folgen weitere Veröffentlichungen der Statistik Austria: Der Baupreisindex im 2. Quartal 2025, die Registrierungs- und Insolvenzstatistik für das 2. Quartal 2025 sowie der Produktionsindex und weitere Konjunkturindikatoren für Juni 2025.

Selektive Agenda, Termine & Events 🗓️

Was steht auf der Agenda der Bundesregierung und wo treffen sich Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zum Austausch? Die wichtigsten Termine im Überblick.

Der Link zum Selektiv-Terminkalender wechselt jeden Montag.

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Helmut Leopold, Chairman des Gaia‑X Hub Austria und Head of Center for Digital Safety & Security am AIT Austrian Institute of Technology, wurde im Rahmen der zweiten Ordinary General Assembly 2025 von der Gaia-X European Association for Data and Cloud (AISBL) in das neue Board of Directors für die Amtsperiode 2025–2027 gewählt. Lena Nagl übernimmt die Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation bei UNOS. Das Präsidium der Wirtschaftskammer Wien hat Gregor Deix einstimmig zum neuen Direktor bestellt, er folgt Anfang August Meinhard Eckl. Laura Wiednig ist neue Leiterin der Frauen- und Gleichstellungspolitik in der AK Oberösterreich. Daniel Fellner wird sich am 20. September der Wahl zum neuen Chef der SPÖ Kärnten stellen.

Geburtstage: Wir gratulieren Wolf Lotter, Florian Silbereisen und Barack Obama zum Geburtstag!

Sehen & gesehen werden:

Spotted. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann lud am Freitag zum traditionellen ORF-Empfang in Salzburg, gesehen wurden u. a. Markus Hinterhäuser, Martin Traxl, Kristina Hammer, Helga Rabl-Stadler, Michaela Schmidt, Brigitta Pallauf, Henrike Brandstötter, Werner Kogler, Ingrid Thurnher, Raffaela Schaidreiter u. v. m.

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