Morning in Brief

Morning in Brief, 4. Juni 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Gregor Plieschnig, Stephan Frank und Sara Grasel – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Defizitverfahren naht, Ökonomen fordern weitere Reformen. Noch heute könnte die EU-Kommission die Eröffnung eines Defizitverfahrens für Österreich empfehlen. Die endgültige Entscheidung fällt der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister (Ecofin), der wieder am 20. Juni und 8. Juli zusammentritt. Gestern sind im Budgetausschuss des Nationalrats die Budgetverhandlungen mit einem Experten-Hearing in die nächste Phase gestartet. Fiskalratschef Christoph Badelt hält den Budgetpfad für 2025 und 2026 für realistisch – laut seinen Berechnungen müssten über die gesamte Legislaturperiode aber mindestens 6 Mrd. Euro zusätzlich eingespart werden, um die Maastricht-Defizitgrenze von 3 % des BIP einhalten zu können. Wie auch alle anderen Ökonomen forderte er zusätzliche Reformen ein. Monika Köppl-Turyna machte sich für eine größere Pensionsreform stark. In den öffentlichen Pensionen sieht sie den Haupttreiber der Defizitentwicklung. Die Erhöhung des Zugangsalters zur Korridorpension sei zu wenig, da spätere Pensionsantritte auch zu höheren Pensionsansprüchen führen. Heute beginnen die Verhandlungen zu den einzelnen Budgetkapiteln. Der Beschluss des Doppelbudgets 2025/2026 wird am 18. Juni erwartet. [Quellen: Parlamentskorrespondenz, Experten-Hearing im Nationalrat | Service: Der Budget-Fahrplan]

Wie sich Österreich auf den Ukraine-Wiederaufbau vorbereiten sollte
Interview mit Wolfgang Schwarzbauer

Vor Beginn des Ukraine-Kriegs war Österreich in dem Land der fünftgrößte Auslandsinvestor. Dass das nach dem Krieg auch wieder so sein wird, ist nicht gesetzt. „Wenn Österreich vorbereitet ist, gelingt es aber vielleicht, dort etwas aufzubauen, was über den kurzfristigen Konjunkturimpuls hinausreicht – insbesondere, wenn es die Ukraine schafft, sich langfristig in die europäische Wirtschaft zu integrieren“, sagt Wolfgang Schwarzbauer, Ökonom bei EcoAustria, der in einer Studie analysiert hat, welche Stäken Österreich im Wiederaufbau der Ukraine ausspielen könnte und was es dafür braucht.

Grafik (von Stephan Frank): Nach dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission prognostiziert auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für Österreich ein 3. Rezessionsjahr. Heuer wird die heimische Wirtschaft demnach um -0,3 % schrumpfen, auch wenn das BIP laut OECD im 1. Quartal um +0,2 % gewachsen ist. Im Dezember ging die OECD noch von einem Jahreswachstum von +1 % aus. Für 2026 erwartet die OECD ein Wirtschaftswachstum von +1 %, die Inflation soll dann 2 % betragen (2025: 3 %). Die Sparquote dürfte ausgehend von 11,7 % (2024) auf 12,3 % (2025) steigen und 2026 nochmals auf 12,9 % zulegen. [Quellen: OECD Economic Outlook, Economic Snapshot Austria, Presseaussendung, IWF, EU-Kommission]

Inflation sinkt nur leicht. Nach 3,1 % im April liegt die österreichische Inflation im Mai laut Schnellschätzung bei 3,0 %. Im Vergleich zum Vormonat sinkt das Preisniveau um -0,1 %. Dienstleistungen bleiben dabei der stärkste Inflationstreiber mit +4,4 %. Nahrungsmittel sowie Alkohol und Tabak verteuerten sich ebenfalls überdurchschnittlich (+3,3 %). Energiepreise stiegen mit +1,3 % unterdurchschnittlich. Die Kerninflation liegt bei 3,1 %. In der Eurozone hingegen sinkt das Preisniveau deutlicher: Von 2,2 % im April auf 1,9 % im Mai. Die niedrigste Mai-Inflationsrate in der Eurozone verzeichnet Zypern mit 0,4 %, die höchste Estland mit 4,6 %. [Quellen: Statistik Austria, Eurostat]

Preise für Energie gesunken, Verbrauch gestiegen. Energiepreise sind mit Ausnahme der Strompreise im April erneut gesunken. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sanken die Preise für Heizöl um -12,0 %, Diesel -9,9 %, Superbenzin -9,8%, Erdgas -9,4 % und Holzpellets um -7,2 %. Strom war jedoch um +36,4 % teurer als im April 2024. Aufgrund schwächerer Stromerzeugung aus Wasserkraft wurde im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um -6,28 TWh bzw. -8,9 % weniger Strom produziert. Gleichzeitig ist der Stromverbrauch um +5,2 TWh bzw. +1,8 gestiegen. Im April 2025 musste somit um +1,64 TWh bzw. um +41 % mehr Strom importiert werden als im April 2024. Auch der Erdgasverbrauch ist gestiegen (+11,4 %), während die heimische Produktion gesunken ist (-8,8 %). [Quellen: Energieagentur, E-Control]

Weniger Millionäre in Österreich. In Österreich besaßen 2024 162.300 Personen ein anlagefähiges Vermögen von mindestens 1 Mio. Dollar – im Jahr davor waren es noch 170.300. Capgemini schätzt deren Vermögen auf insgesamt 461 Mrd. Dollar. Weltweit ist die Zahl der Dollarmillionäre um 2,6 % auf 23,4 Millionen Menschen gestiegen. Berücksichtigt werden dabei Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, alternative Investments wie privates Beteiligungskapital, Bargeld sowie Immobilien. [Quelle: World Wealth Report]

Milliardeninvestitionen von Unternehmen in Infrastruktur. Bis 2030 will eine Gruppe führender Infrastrukturunternehmen, die in der Allianz Zukunftsoffensive Verkehr und Infrastruktur (ZOVI) zusammengefasst sind, ca. 20 Mrd. Euro in die heimische Infrastruktur investieren. Um diese Projekte im Sinne der Mobilitätswende, Energiewende und der Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen, kündigte Infrastrukturminister Peter Hanke die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen an. Bei einem Roundtable mit Vertreten der ZOVI sind konkrete Vorschläge zur Verfahrensbeschleunigung, zum Bürokratieabbau und zur Effizienzsteigerung in Genehmigungsprozesse besprochen worden. [Quellen: Pressekonferenz, BMIMI]

Absatzminus in der Holzindustrie. Mit einem Absatz von 9,28 Mrd. Euro verzeichneten die heimischen Holzindustriebetriebe 2024 ein Minus von -5 % im Vergleich zum Jahr davor. Im Vergleich zu 2022 betrug das Minus über -22 %. Der Handelsbilanzüberschuss sank um -7 % auf 1,4 Mrd. Euro, die Beschäftigtenzahlen gingen ebenfalls um -7 % zurück. Für das heurige Jahr ortet die Branche Optimismus – mehr Nachfrage aus der Baubranche und die geplanten Infrastrukturinvestitionen in Deutschland dürften das Geschäft beleben. Die aktuell lediglich verschobene Entwaldungsverordnung der EU müsse aber gänzlich aufgehoben werden, denn sie sei nicht umsetzbar. [Quellen: Fachverband der Holzindustrie, Branchenreport]

Arbeitslosenquote in Eurozone und EU leicht gesunken. Die Arbeitslosenquote ist im April im Vergleich zum Vorjahresmonat im Euroraum auf 6,2 % gesunken (April 2024: 6,4 %), in der EU auf 5,9 % (April 2024: 6,0 %). In Österreich stieg die Arbeitslosigkeit laut EU-Berechnungen von 5,0 % im April 2024 auf 5,6 % im April 2025. Gemäß Schätzungen waren im April 2025 in der EU 12,9 Mio. Personen arbeitslos, davon 10,7 Mio. im Euroraum. Die Jugendarbeitslosigkeit lag im April 2025 in der Eurozone bei 14,4 % und in der EU bei 14,8 %. [Quelle: Eurostat]

Stimmung in deutscher Autoindustrie trübt sich ein. Der Geschäftsklimaindex der deutschen Autoindustrie sank im Mai auf -31,8 Punkte, nach -30,7 im Vormonat. Während sich die Einschätzung der aktuellen Lage von -36,1 auf -35,3 Zähler verbessern konnte, trübt sich der Ausblick mit -28,3 Punkte (April: -25,2) weiter ein. Die Ausfuhrbeschränkungen Chinas für seltene Erden könnten indes die Produktion in Deutschland weiter bremsen oder sogar zu Ausfällen führen, warnt die Präsidentin des deutschen Autoverbands VDA, Hildegard Müller. Bis 2035 würden in der deutschen Autoindustrie 140.000 Jobs wegfallen, so Müller. [Quellen: Ifo-Institut, Reuters, Die Presse]

Gedrosselte Konjunkturprognosen für Deutschland und die Schweiz. Deutschlands Wirtschaft wird laut OECD heuer um +0,4 % wachsen, 2026 um +1,2 %. Die gute Konjunkturentwicklung im 1. Quartal dürfte im Laufe des Jahres durch die Handelskonflikte mit den USA abgebremst werden, während die geplanten Investitionen der Bundesregierung stimulierend wirken. Für die Schweiz sieht die OECD für heuer ein Wachstum von +1,1 % vor, im Dezember war man noch von +1,4 % ausgegangen. Im nächsten Jahr soll die Schweizer Wirtschaft um +1,2 % wachsen. Nach 0 % Inflation im April verzeichnet die Schweiz im Mai eine Deflation von -0,1 %. [Quellen: OECD Economic Outlook, Bundesamt für Statistik]

Chinesische Industrietätigkeit schrumpft. Mit einem Rückgang auf 48,3 Zähler rutschte der Produktionsindex für die chinesische Industrie im Mai unter die Wachstumsschwelle von 50. Im April lag der Wert noch bei 50,4 Zählern. Dies ist der erste Rückgang des Index seit September 2024 und der niedrigste Wert seit 32 Monaten. [Quelle: Trading Econimics]

US-Zollstreit: 50 %-Zoll auf Aluminium in Kraft, Verhandlungen in Paris. Die von US-Präsident Donald Trump kürzlich angekündigte Verdopplung der Zölle auf Stahl und Aluminium von 25 % auf 50 % trat mit heute 06:01 Uhr in Kraft. Bis heute Mittwoch setzten die USA ihren Verhandlungspartnern zudem die Deadline, ein letztgültiges Angebot im Zollstreit vorzulegen. Berichten zufolge soll dieses Schreiben aber noch nicht offiziell bei Vertretern der Europäischen Union eingegangen sein. Heute treffen hierzu EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič und US-Handelsbeauftragter Jamieson Greer zu Verhandlungen in Paris zusammen. Die EU sei jedenfalls bereit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen: Sollte es zu keiner Übereinkunft kommen, wird die EU die bereits bekanntgegebenen sowie möglicherweise auch weitere Maßnahmen ab 14. Juli – oder auch früher – in Kraft setzen, gab Kommissionssprecher Olof Gill bekannt. [Quellen: Reuters I, Reuters II, Olof Gill auf X, Trump auf Truth Social]

Selektive Agenda:

Heute, Paris, Frankreich: Verhandlungen im US-Zollstreit zwischen EU-Handelskommissar Šefčovič und US-Handelsbeauftragtem Greer

9:00 Uhr, Wien: Budgetausschuss im Parlament berät über die einzelnen Untergliederungen des Doppelbudgets 2025/2026

9:00 Uhr, Paris, Frankreich: OECD-Ministertreffen [Info]

10:00 Uhr, Wien: Ministerrat im Bundeskanzleramt, davor Doorsteps mit Vizekanzler Babler, Außenministerin Meinl-Reisinger, Verteidigungsministerin Tanner; danach Pressefoyer mit Europaministerin Plakolm, Arbeitsministerin Schumann und Bildungsminister Wiederkehr [Info]

10:00 Uhr, Frankfurt, Deutschland: Bekanntgabe Einkaufsmanagerindex nicht-verarbeitendes Gewerbe Deutschland, EU und Eurozone für Mai

12:00 Uhr, Brüssel, Belgien: EU-Kommission präsentiert Frühjahrspaket zum Europäischen Semester mit Empfehlung zu möglichem Defizitverfahren und Budgetvoranschlag für 2026

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Karl Prossinger ist neuer Audit-Partner in der Führungsebene von KPMG. Constanze Wimmer wurde zur neuen Rektorin der Universität Mozarteum gewählt. Christian Pehofer ist neuer Bezirkshauptmann von Baden. Wolfgang Hesoun, Sabine Herlitschka und Kari Kapsch wurden für weitere 5 Jahre als FEEI-Präsidium bestätigt. Birgit Gerstorfer wurde als Nachfolgerin von Peter Kostelka als Pensionistenverbandspräsidentin vorgeschlagen.

Geburtstage: Wir gratulieren Raphael Ragucci und Viktor Klima zum Geburtstag!

Sehen & gesehen werden:

9:00 Uhr, Wien: Expertenforum im Parlament zur Zukunft des Pensionssystems mit u. a. Monika Köppl-Turyna und Christine Mayrhuber. [Info]

9:00 Uhr, Wien: Fortsetzung des MOI Innovation Day im Palais Berg. [Info]

13:00 Uhr, Seggauberg, Steiermark: Pfingstdialog Steiermark 2025 – Geist & Gegenwart: „Challenge. Europe“ u. a. mit Wolfgang Schüssel, Othmar Karas, Claudia Plakolm und Gabriel Felbermayr im Schloss Seggau (bis 5.6.) [Info]

13:00 Uhr, Wien: qualityaustria Excellence Day 2025 mit Verleihung des Staatspreis Unternehmensqualität 2025 auf dem Erste Campus [Info]

14:30 Uhr, Wien: Wifo-Wirtschaftsgespräche 2025 „Arbeitsmarkt im Wandel“ u.a. mit Barbara Teiber, Harald Mahrer und Gabriel Felbermayr im Wifo [Info]

18:00 Uhr, Wien: Diskussion „50 Jahre Helsinki-Prozess: Alte Verträge, neue Kriege“ u. a. mit Doris Bures, James C. O’Brien und Martin Schulz in der Urania [Info]

18:00 Uhr, Wien: Sommerfest der Industriellenvereinigung Wien im Arkadenhof des Rathauses u. a. mit Christian Stocker und Michael Ludwig [invite only]

18:45 Uhr, Wien: 3. Ausgabe der „future living – future building“-Initiative mit Kari Ochsner [invite only]

19:00 Uhr, Graz, Steiermark: Buchpräsentation „Mit Zuversicht. Was wir von gestern für morgen lernen können“ von Wolfgang Schüssel [invite only]

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