Morning in Brief

Morning in Brief, 7. Mai 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank, Sara Grasel und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Heimischer Leistungsbilanzüberschuss gestiegen. 2024 betrug der Leistungsbilanzüberschuss 2,4 Prozent des BIP bzw. 11,7 Mrd. Euro. Damit verzeichnete die heimische Wirtschaft den zweiten Anstieg seit 2022. Güterexporte gingen um 4,1 Prozent, Importe um 6,2 Prozent zurück, die vier wichtigsten Exportmärkte Deutschland, die USA, die Schweiz und Italien machen gemeinsam die Hälfe aller Exporte aus. Der von Donald Trump ausgelöste Handelskonflikt dürfte heuer die reale Wirtschaftsleistung Österreichs um bis zu 0,3 Prozent senken. Neben dem Güterhandel hat sich indes der Tourismus als stabiler Faktor bewiesen und hat, gemessen an den Ankünften ausländischer Besucher, wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. [Quellen: Pressekonferenz, OeNB

Kommentar: War Viktor Adler etwa ein Zinshaus-Spekulant?
ZeitGeschichten von Gerhard Jelinek

Bei einem Neubau eines Mietwohnhauses rechnen gemeinnützige Bauträger mit einer erforderlichen Mindestmiete von 18 Euro netto pro Quadratmeter. Deswegen wird kaum noch neu gebaut. In den vielen wunderbaren Wiener Gründerzeithäusern beträgt die Durchschnittsmiete wahrscheinlich nur ein Drittel des für einen Neubau erforderlichen Betrages. Renditen von mehr als zwei Prozent sind kaum möglich. Wohnungssanierungen rechnen sich objektiv nicht. Dennoch: Mit einer „Studie“ finanziert aus den Pflichtbeiträgen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kampangnisiert die Wiener Arbeiterkammer gegen vermeintliche „Spekulanten mit Wiener Zinshäusern“.

Grafik (von Christoph Hofer): Die Pro-Kopf-Beiträge Einheimischer zum Staatshaushalt sind für den Großteil des Erwerbslebens höher als jene von EU-Zuwanderern und deutlich höher als jene von Zuwanderern aus Drittländern. Während Einheimische auf einen Spitzenwert des Netto-Fiskalbeitrags von 17.821 Euro kommen, beträgt dieser bei EU-Zuwanderern 14.711 Euro und bei Zuwanderern aus Drittländern nur 6.610 Euro. Dies geht vor allem auf höhere Einkommen sowie eine stärkere Arbeitsmarktintegration von Einheimischen und EU-Zuwanderern zurück. [Quelle: Europäische Kommission]

Felbermayr für niedrigeren Beamten-Lohnabschluss und betriebliche Pensionen. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr findet es „durchaus überlegenswert“, den Gehaltsabschluss für öffentlich Bedienstete für 2026 neu zu verhandeln. Auch als Vorbildfunktion für Lohnabschlüsse in der Privatwirtschaft wäre ein Plus unter der Inflation wünschenswert. Vergangenes Jahr wurde gleich für 2 Jahre abgeschlossen und auch für 2026 ein Lohnanstieg um 0,3 Prozentpunkte über der Inflation verhandelt. Gleichzeitig empfiehlt Felbermayr dringend eine Stärkung der betrieblichen Pension. Derzeit habe nur ein Viertel der Österreicher Zugang zu einem renditenstarken, kapitalgedeckten System über eine betriebliche Vorsorge. Eine Wifo-Studie zeigt, dass sich durch einen solchen alle Nettopensionen verbessern würden – besonders stark seien die Effekte aber bei Teilzeit-Beschäftigten. Im Regierungsprogramm ist eine Stärkung der betrieblichen Pension vorgesehen. [Quelle: Pressekonferenz der Wiener Börse]

Markt & Mächte: Was hat Warren Buffett für ein Problem mit Trump?
mit Niko Jilch und Sara Grasel

Star-Investor Warren Buffett zieht sich nach 60 Jahren an der Spitze seines Unternehmens Berkshire Hathaway zurück und kritisiert zum Abschied die Zoll-Politik von Donald Trump. An der Wall Street kommt Trumps erratische Politik grundsätzlich nicht gut an. Das ist auch der Grund, warum nun auch etwas mehr Geld in Richtung Europa fließt. Es gibt aber noch ein anderes Problem: „Die Basis der Spekulation an den US-Börsen war immer Amerikas digitaler Infrastrukturvorsprung. […] Jetzt kommen die Chinesen und sagen, wir können das schneller, günstiger“, sagt Finanzexperte Niko Jilch in „Markt & Mächte“.

Einsparungen im Bildungsressort. Das Bildungsministerium wird 76 Mio. Euro im heurigen Jahr einsparen – konkret bei Nachbesetzungen in der Verwaltung, außerdem entfällt das Teamteaching in Kleinstklassen. Wie geplant umgesetzt wird dagegen der Ausbau der Deutschförderung und der Chancenbonus. Das Budget des Ressorts steigt heuer und 2026 jeweils um 500 Mio. Euro, das meiste davon fließt in Personalkosten. [Quelle: Pressekonferenz]

„Entbürokratisierung findet nicht statt“. Wiener-Börse-Chef Christoph Boschan kritisiert den „Regulierungstsunami“ in der Finanzbranche und zeigt sich skeptisch, dass die angekündigten Initiativen zur Entbürokratisierung Wirkung zeigen würden. Er habe schon viele solcher Initiativen gesehen und keine davon habe etwas gebracht. „Die Realität ist genau das Gegenteil“, so Boschan. „Die Bürokratie steigt im Bereich der Finanzdienstleistungen exponentiell an. Die Entbürokratisierung findet nicht statt“. [Quelle: Pressekonferenz]

Durchwachsene Forstbilanz 2024. Die Holzfällung der heimischen Forstbetriebe stieg im Vorjahr um 5,3 Prozent auf knapp 20 Mio. Festmeter – rund 9 Prozent mehr als im 10-Jahres-Mittel. 11 Mio. Festmeter waren Schadholz. Niedrigere Holzpreise setzten die Forstbranche jedoch unter Druck. Für heuer rechnet man mit mehr Nachfrage durch die anziehende Bautätigkeit und dadurch steigende Preise. [Quelle: LFBÖ

Betriebsversammlungen in Papier-, Betriebsrätekonferenzen in Elektroindustrie. In den derzeit stockenden Kollektivvertrags-Verhandlungen gibt es seitens der Gewerkschaften erste Maßnahmen: In der Elektro- und Elektronikindustrie (60.000 Beschäftigte) gibt es heute Betriebsrätekonferenzen, da es nach 3 Verhandlungsrunden keine Einigung gab. In der Papierindustrie (8.000 Beschäftigte) gibt es seit Montag Betriebsversammlungen, die nächste Verhandlungsrunde findet morgen statt. „Lohnzurückhaltung ist keine Option“ hält die Gewerkschaft fest. [Quelle: ÖGB – Elektroindustrie, Papierindustrie

US-Zölle könnten bald 97 Prozent aller EU-Exporte treffen. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič warnt vor weiteren US-Zöllen. Die aktuellen US-Erhebungen zu 6 weiteren Produktgruppen – darunter u. a. pharmazeutische Produkte, Halbleiter und kritische Rohstoffe – umfassen Exportgüter im Wert von 170 Mrd. Euro. Dadurch wären insgesamt Güter im Wert von 549 Mrd. Euro von US-Zöllen betroffen – das entspricht knapp 97 Prozent der gesamten EU-Exporte in die USA. Šefčovič schlägt erneut vor, im Rahmen eines Abkommens die Zölle auf Industriegüter jeweils auf null zu setzen (zero for zero). Die EU hat ihre Bereitschaft signalisiert, eine gute Lösung für beide Seiten zu finden, so Šefčovič. Sollten die Verhandlungen scheitern, könnte die EU ihrerseits Zölle auf US-Güter im Wert von 100 Mrd. Euro erheben, berichtet Bloomberg. [Quellen: Rede Šefčovičs vor EU-Parlament, Bloomberg

EU plant Verbot von russischen Gasimporten bis 2028. Die EU-Kommission schlägt ein Verbot russischer Gasimporte bis Ende 2027 vor. Bis Ende 2025 sollen keine neuen Gasverträge mit Russland geschlossen werden dürfen. Oecolution begrüßt, dass Alternativen zu russischem Gas gesucht werden, kritisiert aber die Entscheidung eine Lieferquelle auszuschließen. Dies bringe die Gefahr, sich in neue Abhängigkeiten zu begeben. [Quellen: EU-Kommission, Reuters, Stellungnahme Oecolution]

Insolvenzen in Europa wieder gestiegen. Im Jahr 2024 ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Westeuropa um 12,2 Prozent auf insgesamt 190.449 Fälle (2023: 169.792) angestiegen, das ist der höchste Stand seit 2013. In Österreich erhöhte sich die Zahl das dritte Jahr in Folge auf 6.693 Unternehmen, ein Plus von 21,9 Prozent gegenüber 2023 und der höchste Wert seit 2009. Auch in den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen, wenngleich die Fallzahlen zumeist noch unter dem Niveau von 2019 liegen. Besonders deutlich war der Anstieg zuletzt in Polen, Lettland, Slowenien, Litauen und Estland. [Quelle: Creditreform]

Vereinigtes Königreich und Indien unterzeichnen Freihandelsabkommen. Nach 3 Jahren Verhandlung haben sich das Vereinigte Königreich und Indien auf ein Handelsabkommen geeinigt, welches geringere Zölle für indische Importe (u. a. Kleidung, Nahrungsmittel, Schmuck) und britische Exporte (u. a. Whisky, medizinische Geräte, Kosmetika) bringt. Das Abkommen soll den bilateralen Handel um 25,5 Mrd. Pfund erhöhen und das britische BIP um 4,8 Mrd. Pfund steigern. [Quelle: gov.uk]

Massives US-Handelsbilanzdefizit im März. Die US-Wirtschaft hat im März, vor den weitreichenden Zollankündigungen Donald Trumps, ein Allzeithoch bei den Importen von 419 Mrd. Dollar verzeichnet, ein Plus von 4,4 Prozent. Die Exporte stiegen um 0,2 Prozent auf 278,5 Mrd. Dollar. Das Handelsbilanzdefizit stieg damit um 14 Prozent gegenüber Februar auf 140 Mrd. Dollar. [Quelle: US-Department of Commerce]

Selektive Agenda:

Heute, Österreich: Betriebsversammlungen in der Papierindustrie [Info]

Heute, Österreich: Betriebsrätekonferenzen in der Elektroindustrie [Info]

9:00 Uhr, Straßburg, Frankreich: Tagung des Europaparlaments (bis 8.5.) [Info]

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Großhandelspreise April und Zahlen zu Urlaubs- und Geschäftsreisen 2024

10:00 Uhr, Wien: Ministerrat im Bundeskanzleramt; 11:00 Uhr: Pressefoyer mit Bundeskanzler Stocker, Vizekanzler Babler und Außenministerin Meinl-Reisinger

11:00 Uhr, Luxemburg: Bekanntgabe der Einzelhandelsumsätze für die EU im März

15:45 Uhr, Warschau, Polen: Informeller EU-Außenministerrat (Gymnich) mit Außenministerin Meinl-Reisinger (bis 8.5.) [Info]

20:00 Uhr, Washington, USA: US-Notenbank Fed gibt Zinsbeschluss bekannt

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Christian Lacher ist neuer Director IT bei Acredia. Kärnten entsendet Michael Götzhaber in den ORF-Stiftungsrat. Oliver Schmölzer und Alexander Novak werden neue Direktoren der Volkskreditbank Linz. Die Wiener ÖVP hat Kasia Greco als Stadträtin nominiert.

Geburtstage: Wir gratulieren Elisabeth Gürtler und Andreas Ottenschläger zum Geburtstag.

Sehen & gesehen werden:

9:00 Uhr, Vösendorf: Fachkongress EL-MOTION 2025 zu den Themen E-Mobilität, Zero-Emission und Transformation der Wirtschafts- und Güterverkehre [Info]

9:30 Uhr, Wien: Start der Kommunikations-Tagung „Komkon“ von PRVA und APA im Tech Gate Vienna u.a. mit Marc Elsberg, Barbara Haas, Jens Seiffert-Brockmann, Michael Nikbakhsh, Anna Thalhammer, Maria Scholl, Nana Siebert, Stefan Ströbitzer, Susanne Dickstein [Info]

16:30 Uhr, Krems an der Donau: Enquete „Wie gut sind Österreichs private Medizin-Unis? Und was spricht für die öffentlichen Medizinischen Universitäten“ [Info]

17:00 Uhr, Wien: Die Central European University lädt zur Public Lecture von Elhanan Helpman (Harvard) zum Thema „The Future of Foreign Trade“. [Info]

19:00 Uhr, Bregenz: Die Vorarlberger Landes-Versicherung lädt zur Diskussion „Der Generationenvertrag gerät ins Wanken“ in die VLV u. a. mit Michael Köhlmeier, Monika Köppl-Turyna, Christian Eltner, Bernhard Heinzle, Christoph Jenny. [Anmeldung: marketing@vlv.at]

Sie haben diesen Newsletter weitergeleitet bekommen?