Morning in Brief

Morning in Brief, 7. Oktober 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank und Sara Grasel – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

🇦🇹 Österreich im „konjunkturellen Niemandsland“. Raiffeisen Research hat die Konjunkturprognose für das heurige Jahr von +0,2 % auf +0,4 % angehoben. Das aber ausschließlich aufgrund einer Revision der Vorjahresdaten, laut denen das 4. Quartal 2024 mit 0,4 % Wachstum abgeschlossen wurde. Die Rezession sei jetzt vorbei, von Aufschwung könne aber keine Rede sein – Bau und Industrie seien weiterhin von rezessiven Tendenzen geprägt. Durch die Expansion der staatsnahen Sektoren wurde die negative Wirtschaftsentwicklung im Vorjahr etwas abgeschwächt. „Das ist nicht nachhaltig. Langfristig soll und muss die Konjunktur von privatwirtschaftlicher Initiative getragen sein“, so die Analyse. Für 2026 hat Raiffeisen Research die Prognose gesenkt, statt +1,0 % werden nur mehr +0,8 % erwartet. Wifo und IHS präsentieren ihre gemeinsame Konjunkturprognose heute um 10 Uhr. [Quelle: Raiffeisen Research | Service: Wifo-Stream]

Kommentar: Drei große Überraschungen aus und in der SPÖ
von Rainer Nowak

Was Michael Ludwig gerade abtesten lässt. Was die ÖVP an Andreas Babler hat und warum es also doch noch irgendwann schwierig für Babler in der SPÖ werden könnte. Und warum Georg Dornauer nicht verschwinden wird.

Grafik (von Christoph Hofer): Zwischen 2014 und 2024 haben sich die EU-Importe von Eisen- und Stahlprodukten aus China mehr als verdoppelt. Während 2014 Waren im Wert von etwa 5,9 Mrd. Euro importiert wurden, stieg dieser Wert bis 2024 auf rund 12,5 Mrd. Euro. Damit ist China neben Deutschland mittlerweile der führende Lieferant von Eisen- und Stahlprodukten für die EU. Auch bei Aluminium und Aluminiumprodukten verzeichnete die EU einen deutlichen Anstieg chinesischer Importe. Diese wuchsen in den letzten zehn Jahren von etwa 1,9 Mrd. Euro im Jahr 2014 auf 3,9 Mrd. Euro im Jahr 2024. [Quelle: Eurostat]

🇦🇹 Marterbauer lehnt MwSt-Senkung ab – Babler nicht. Finanzminister Markus Marterbauer hat Forderungen nach einer Mehrwertsteuer-Senkung auf Lebensmittel erneut ausgeschlagen. Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr hatte zuvor vorgeschlagen, den Steuersatz von 10 auf 5 % zu halbieren. Das sei aber aus budgetären Gründen schlicht „nicht leistbar“, so Marterbauer gegenüber der APA. Vizekanzler und SPÖ-Chef Andreas Babler will eine Mehrwertsteuer-Senkung auf Lebensmittel hingegen prüfen: „Welche Nahrungsmittel es betrifft und in welcher Höhe die Mehrwertsteuer sinken soll, wird Sache von Verhandlungen sein. Klar ist, dass das nicht ohne Gegenfinanzierung passieren wird. Ob der aktuellen Preise ist es aber wichtig, dass jetzt mehr Bewegung in die Sache kommt“, so Babler zur Kronen Zeitung. [ Quellen: APA via Medienberichte, Kronen Zeitung]

🇦🇹 Österreichs Lehrer zufrieden mit Job und Bezahlung. 93 % der österreichischen Lehrer sind laut der OECD-Studie TALIS zufrieden mit ihrem Job – um 3 Prozentpunkte weniger als bei der letzten Erhebung 2018, aber mehr als der Schnitt der 54 Länder. Bei der Bezahlung liegt Österreich mit 72 % sogar auf Platz 3 der Zufriedenheits-Skala. Rund 20 % fühlen sich gestresst – ein Anstieg von 8 Prozentpunkten. Betroffen sind vor allem jüngere Lehrer, Auslöser sind zu viele Verwaltungsaufgaben, Zusatzaufgaben aufgrund abwesender Lehrer wie etwa Supplierungen und die Aufrechterhaltung der Disziplin im Klassenzimmer. 39 % der Lehrer setzen KI ein, was ungefähr dem Durchschnitt entspricht. Kritik gibt es an der Ausbildung – nur 42 % fühlen sich gut auf den Job in Mittelschule und AHS vorbereitet, 2018 waren es noch 79 %. [Quellen: OECD Talis 2024, Österreich-Teil]

🇦🇹 Handelsbilanzdefizit im Agrarbereich vergrößert. Im 1. Halbjahr 2025 hat sich das Außenhandelsminus im gesamten Agrarsektor auf -1,3 Mrd. Euro vergrößert (1. HJ 2024: -885 Mio. Euro). Die Handelsbilanz bei den Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie ist noch positiv geblieben, jedoch von 729 Mio. auf 539 Mio. Euro zurückgegangen. Die EU war mit 77,6 % der wichtigste Exportmarkt für österreichische Lebensmittel, Deutschland liegt dabei auf Platz 1. „Nicht Markteingriffe und staatliche Preisregulierungen, sondern niedrigere Energie-, Arbeits- und Bürokratiekosten sind der Schlüssel zur Stärkung der heimischen Lebensmittelproduktion“, mahnt Katharina Koßdorff, die Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie. [Quellen: Fachverband der Lebensmittelindustrie, AMA]

„Verhandlungen mit Trump sind noch nicht abgeschlossen“
Interview mit Wolfgang Hattmannsdorfer

Die EU-Kommission arbeitet an Schutzmaßnahmen für die Stahl- und Aluminiumindustrie, die heute vorgestellt werden sollen. Im Vorfeld fordert Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer ein umfassendes Schutzpaket für die Stahlindustrie, die derzeit besonders unter Druck steht. „In der Stahl- und Aluminiumindustrie sind in den letzten Jahren rund 30.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Wir sehen eine dramatische Schieflage: Die weltweiten Überkapazitäten im Stahlbereich, vor allem aus China, übersteigen die EU-Nachfrage inzwischen um das Fünffache“, sagt Hattmannsdorfer zu Selektiv und fordert niedrigere Importquoten und höhere Zölle. Außerdem müsse der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) erweitert werden, um die heimische Industrie vor chinesischer Überproduktion zu schützen.

🇦🇹 Einzelhandel im August mit Umsatzrückgang. Der österreichische Einzelhandel erzielte im August 2025 inflationsbereinigt ein Umsatzminus von 2,2% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Nominell wurde ein Plus von 0,8 % verzeichnet, das von der Inflation aber aufgezehrt wurde. Der Lebensmitteleinzelhandel wuchs nominell um 2,0 %, schrumpfte real aber um 2,5 %. „Insbesondere im Einzelhandel mit Lebensmitteln sehen wir aufgrund der hohen Teuerung bei Nahrungsmitteln einen großen Unterschied zwischen dem nominellen Umsatzplus und einem realen Umsatzminus“, erklärt Statistik-Austria-Generaldirektorin Manuela Lenk. In der EU ist das Einzelhandel-Absatzvolumen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,0 % und im Euroraum um 1,1 % gestiegen. [Quellen: Statistik Austria, Eurostat]

🇦🇹 14. Umweltkontrollbericht vorgelegt. Das Umweltbundesamt sieht Österreich „auf Erfolgskurs“ bei der Luft- und Wasserqualität, die beide überwiegend sehr gut eingestuft werden. „Die Luft ist so sauber wie noch nie seit Beginn der Messungen“, so das Umweltbundesamt. „Die Umweltschutzmaßnahmen der vergangenen Jahrzehnte zeigen positive Wirkung“, zeigt sich Umweltminister Norbert Totschnig erfreut. Bei Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft sowie Flächenverbrauch gibt es jedoch noch „klaren Handlungsbedarf“. [Quellen: Umweltbundesamt, 14. Umweltkontrollbericht]

🇦🇹🇪🇺 Plakolm für qualifizierte Mehrheit bei EU-Beitritt. Europaministerin Claudia Plakolm hat sich statt des bisherigen Einstimmigkeitsprinzips für die qualifizierte Mehrheit im EU-Beitrittsprozess ausgesprochen. „Österreich setzt sich für eine schnellere und gerechtere EU-Erweiterung ein. Die Westbalkanstaaten gehören in die EU“, so Plakolm auf X. Unterstützung kommt von der SPÖ, Kritik von der FPÖ: „Die meisten Länder des Westbalkans haben nach wie vor nichts in der Europäischen Union verloren“, so FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky. [Quellen: APA via Medienberichte, Plakolm auf X | Reaktionen: FPÖ, SPÖ]

🇦🇹🇪🇺 EU genehmigt Nachfolgeregelung der Netzreserve. Die 2021 eingeführte und 2026 auslaufende Netzreserve bekommt eine Nachfolgeregelung. Die EU-Kommission hat die entsprechende Beihilferegelung zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit geprüft und genehmigt. Der Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) kann dadurch Kraftwerksbetreibern, die Stilllegungen angekündigt haben, eine Vergütung zahlen, wenn sie für die Stabilisierung des Stromnetzes wichtige Kraftwerke weiterhin bereithalten. Die Beihilfe wird in Form direkter Zuschüsse pro Megawatt verfügbarer Reservekapazität und in Form von Zahlungen zur Deckung der Betriebskosten bei Aktivierung der Kapazität gewährt. [Quelle: EU-Kommission]

🇩🇪 Wohnungsmangel verschärft Wirtschaftskrise. In Westdeutschland fehlen laut einer Analyse des Pestel-Instituts 1,2 Mio Wohnungen, dadurch werde die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands in Mitleidenschaft, da Effekte des Arbeitskräftemangels verschärft werden. „Die Erstarrung der Wohnungsmärkte führt auch zur Erstarrung der Arbeitsmärkte,“ so Pestel-Chefökonom Matthias Günther. [Quellen: Medienberichte, Pestel-Institut]

🇩🇪 Experten für Rente mit 73. Der wissenschaftliche Beraterkreis der deutschen Wirtschaftsministerin empfiehlt eine Anhebung des Pensions- bzw. Rentenantrittsalters bis zum Jahr 2060 auf 73 Jahre. „Wir werden mehr arbeiten müssen, wenn wir den Umfang der Sozialversicherungen bewahren wollen, ohne zeitgleich den nachfolgenden Generationen noch mehr Lasten zu hinterlassen. Das Renteneintrittsalter muss an die Lebenserwartung gekoppelt werden“, zitiert die Bild aus der Studie. [Quelle: Bild]

🌐 Goldpreis nähert sich 4.000-Dollar-Marke. Der Preis für eine Feinunze Gold hat heute in der Früh mit 3.974,50 Dollar eine neue Höchstmarke erreicht. Die Schwelle von 4.000 Dollar rückt damit rascher als prognostiziert in Reichweite. Im laufenden Jahr hat der Goldpreis in Dollar gemessen bereits um über 50 % zugelegt. [Quellen: Reuters, Tradingview]

Selektive Agenda:

Heute, Wien: 3. Verhandlungsrunde der KV-Verhandlungen für die Bahn-Beschäftigten

Heute, Wien: Auktionstermin für österreichische Bundesanleihe

Heute, Podgorica, Montenegro: Europaministerin Plakolm auf Staatsbesuch

Heute, Straßburg, Frankreich: Tagung des Europaparlaments u. a. Abstimmung zu Ausnahmeregelung für schwere Nutzfahrzeuge (bis 9.10.)

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Großhandelspreise für September

10:00 Uhr, Wien: Wifo und IHS präsentieren Konjunkturprognose für 2025 und 2026 [Info]

11:45 Uhr, Stockholm, Schweden: Bekanntgabe Physik-Nobelpreis

14:30 Uhr, Straßburg, Frankreich: EU-Kommission stellt Plan gegen Stahl-Überkapazitäten vor sowie neue KI-Strategie

15:00 Uhr, Genf, Schweiz: WTO präsentiert Update des Global Trade Outlook

18:00 Uhr, Paris, Frankreich: Rede von EZB-Präsidentin Lagarde zur internationalen Rolle des Euro

Selektive Agenda, Termine & Events 🗓️

Was steht auf der Agenda der Bundesregierung und wo treffen sich Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zum Austausch? Die wichtigsten Termine im Überblick.

Der Link zum Selektiv-Terminkalender wechselt jeden Montag.

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Christoph Ertl ist neuer Pressesprecher von Sozialministerin Korinna Schumann. Mit 1. Oktober 2025 wurde Erich Schaffer zum Partner im Bereich Tax bei Grant Thornton Austria ernannt.

Geburtstage: Wir gratulieren Alfred Finz und Georg Danzer zum Geburtstag.

Sehen & gesehen werden:

ab 10 Uhr, Wien: Oesterreichs Energie E-Mobilitätstage 2025 (auch 8.10.) [Info]

18:00 Uhr, Wien: Preisverleihung „For Women in Science 2025“ in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) u. a. mit Heinz Faßmann, Eva-Maria Holzleitner, Sabine Haag [invite only]

19:00 Uhr, Innsbruck: Verleihung „Österreichischer Sicherheitspreis 2025“ im Congress Innsbruck u. a. mit Gerhard Karner und Anton Mattle [Info]

19:00 Uhr, Wien: Gesprächsabend „China im Blick – Option China?“ im Bruno Kreisky Forum u. a. mit Raimund Löw und Alexandra Siebenhofer [Info]

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