Guten Morgen, Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe werden nicht inflationsangepasst. Neben dem Kinderabsetzbetrag werden auch das Kinderbetreuungsgeld und die Familienbeihilfe für 2 Jahre nicht an die Inflation angepasst. Österreich hat bereits eine der höchsten Familienförderungen weltweit und es wird durch die Aussetzung der Erhöhung auch niemandem etwas weggenommen, so Bundeskanzler Christian Stocker. Die Einsparungen sollen beim Kinderbetreuungsgeld nächstes Jahr 30 Mio. Euro und 2027 dann 55 Mio. Euro, bei der Familienbeihilfe 2026 über 100 Mio. Euro und 2027 mehr als 200 Mio. Euro einbringen. Caritas und SOS Kinderdorf kritisieren die Entscheidung – Familien bräuchten mehr Unterstützung, nicht weniger. [Quellen: Pressekonferenz nach dem Ministerrat, Caritas, SOS Kinderdorf]
Kommentar: Sozialstaat um jeden Preis?!
von Laura Raggl

In Zeiten von Fachkräftemangel, alternder Bevölkerung und stagnierendem Wirtschaftswachstum wird der österreichische Sozialstaat zunehmend auf die Probe gestellt. Immer mehr drängt sich die Frage auf: Wer zahlt eigentlich die Rechnung für dieses System? Können wir uns den Luxus noch leisten?
Grafik (von Christoph Hofer): Rund 2,9 Mio. m² (Netto-)Wohnnutzfläche in neuen Wohngebäuden wurden im Jahr 2024 bewilligt – ein langjähriger Tiefpunkt. Im Vergleich zu 2023 bedeutet dies ein weiterer Rückgang um 8,5 %. Steigende Zinsen, strengere Kreditvergaberichtlinien (KIM-Verordnung) sowie gestiegene Baukosten sorgen vor allem bei privaten Bauträgern für einen Einbruch der Wohnbautätigkeit. Die Bautätigkeit der Öffentlichen Hand war zuletzt 2016 niedriger. In den kommenden Jahren sei mit einem deutlichen Rückgang neuer Wohnungen auf dem Markt zu rechnen und das bei gleichzeitig steigender Bevölkerungszahl, so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. [Quellen: Statistik Austria, Agenda Austria]

Industrie erneuert Forderung nach Strompreiskompensation. Die WKÖ-Bundessparte Industrie hat die Forderung nach einer Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030 wiederholt. Die Verlängerung sei mehr als überfällig und auch unionsrechtlich möglich. Die Industriellenvereinigung hat sich dem Appell angeschlossen, der durch einen Brief von voestalpine-Vorstandsvorsitzendem Herbert Eibensteiner an die Bundesregierung angestoßen wurde. [Quellen: WKÖ, IV, Brief an die Bundesregierung]
Prognose: Bis 2029 nur 0,7 % Wachstum pro Jahr. Das Forschungsinstitut Synthesis prognostiziert bis 2029 nur ein schwaches jährliches BIP-Wachstum von 0,7 %. Der Arbeitsmarkt bleibe aufgrund des anhaltenden Trends zur Teilzeit aber stabil, dabei soll die Beschäftigung von Frauen weit stärker wachsen als jene von Männern. Für die Industrie werden weiterhin sinkende Personalstände erwartet, während sie im Gesundheitsbereich und in der öffentlichen Verwaltung deutlich ansteigen sollen. [Quelle: Synthesis via „Die Presse“]
Bahnindustrie als Konjunkturstütze. Österreich liegt weltweit auf Platz 1 der Pro-Kopf-Exporte von Schienenfahrzeugen und zugehöriger Ausstattung im Wert von 1,8 Mrd. Euro jährlich. Bei Patenten im Eisenbahnbereich liegt man ebenso pro Kopf global auf Platz 1 und ist EU-Spitze bei Investitionen in Forschung und Entwicklung. 15.000 Beschäftigte sind direkt in der heimischen Bahnindustrie tätig, wobei fast jeder Arbeitsplatz einen weiteren Job in Österreich sichert, so eine aktuelle Studie im Auftrag der AK. Die im Rahmen des Schienen-Zielnetzes 2040 geplanten Investitionen könnten 24,4 Mrd. Euro an zusätzlicher Wertschöpfung sowie bis zu 230.000 Jahresarbeitsplätze über den Investitionszeitraum generieren. [Quelle: Arbeiterkammer]
Dienstleistung und Handel setzen weniger um. Im Februar 2025 verzeichneten Dienstleistungsunternehmen nominell 1,9 % weniger Umsatz als im Vorjahresmonat. Den stärksten Umsatzrückgang gab es im Grundstücks- und Wohnungswesen mit -9,1 %. Auch der Handel setzte nominell um 1,2 % weniger um, inflationsbereinigt ergibt das ein Minus von 2,6 %. Kfz-Handel und -Reparatur schrumpften mit am stärksten (nominell: -2,2 %, real: -4,6 %). [Quelle: Statistik Austria]
Sinkende Treibstoffpreise bremsen Großhandelspreise. Der Großhandelspreisindex ist im April im Jahresvergleich um 1,0 % gesunken. Dabei hatten stark sinkende Mineralölerzeugnisse (-16,4 %), Benzin und Diesel (-13,7 %) und feste Brennstoffe (-11,6 %) den größten Einfluss. Hingegen stiegen Kaffee, Tee, Kakao und Gewürze (+23,3 %) sowie Getreide, Saatgut und Futtermittel (+11,0 % und alkoholfreie Getränke (+10,7 %) im Jahresvergleich stark im Preis. [Quelle: Statistik Austria]
US-Zölle: Pharma-Branche in Österreich am stärksten betroffen. US-Präsident Donald Trump will innerhalb der nächsten 2 Wochen auch Pharma-Produkte mit Zöllen belegen. Die Branche könnte dann in Österreich um 3,6 % schrumpfen. Stark betroffen ist jedenfalls die Kfz-Produktion (-1,6 %) und die Metallerzeugung und -bearbeitung (-1,5 %). Die Gesamtwirtschaft würde um 0,3 % schrumpfen. Laut OeNB ist aber „keine Panik“ angesagt, auch wenn die Zölle Österreich in einer konjunkturell schwachen Phase treffen, wären sie insgesamt „verkraftbar“. [Quelle: OeNB | Grafik: Österreichs Außenhandel]
EU schließt digitales Handelsabkommen mit Singapur. Die EU und Singapur wollen ihre digitalen Handelsbeziehungen vertiefen. 2023 wurden Waren und Dienstleistungen im Wert von 132,7 Mrd. Euro zwischen der EU und Singapur gehandelt. 12.000 EU-Unternehmen würden vom Abkommen profitieren. Das Abkommen muss noch vom EU-Parlament ratifiziert werden, bevor es in Kraft treten kann. [Quellen: EU-Kommission, EU-Delegation in Singapur]
EU verwarnt Österreich wegen Umweltverträglichkeitsprüfung. Die derzeitigen österreichischen Rechtsvorschriften „gewährleisten keine angemessene Prüfung von Projekten mit erheblichen Umweltauswirkungen“, so die EU-Kommission. Es könnten Projekte genehmigt werden, ohne dass deren potenziell schädliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit ausreichend berücksichtigt werden. Österreich hat nun 2 Monate Zeit zu reagieren und Maßnahmen zu ergreifen. Weiters wurden gegen Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren bezüglich elektronischer Zollsysteme sowie der Donaukommission eingeleitet. [Quelle: EU-Kommission]
Trüber Ausblick in deutscher Wirtschaft, Industrie aber mit Plus. 84 % der Unternehmen in Deutschland erwarten Personalprobleme, 64 % rechnen damit, in Zukunft nicht genug qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Inzwischen sind alle Sparten vom Arbeitskräftemangel betroffen, besonders stark die Baubranche. Indes ist das Geschäftsklimabarometer für Selbstständige im April von minus 15,8 Zähler auf minus 23,8 Punkte eingebrochen. Jeder Zweite meldete einen Auftragsmangel. Die deutsche Industrie meldet für März aufgrund von Vorzieheffekten jedoch ein reales Auftragsplus von 3,6 % im Vergleich zum Vormonat und 3,8 % zum Vorjahresmonat. [Quellen: IAB, Ifo-Institut, Destatis]
Chinas Dienstleister wachsen langsamer. Das Wachstum im chinesischen Dienstleistungssektor hat sich aufgrund der US-Zölle deutlich abgeschwächt. Mit einem Indexwert von 50,7 Punkten (-1,2) erreicht China im April den schlechtesten Wert seit Dezember 2022. [Quelle: Caixin]
US-Notenbank Fed belässt Leitzins bei 4,25 bis 4,50 %. Aufgrund einer weiterhin stabilen bzw. wachsenden US Wirtschaft sowie leicht erhöhter Inflation behält die Fed ihren aktuellen Leitzins bei. Die Unsicherheit der Wirtschaftslage sowie die Gefahr höherer Arbeitslosigkeit und Inflation habe zuletzt zugenommen. [Quelle: Federal Reserve I Grafik: Leitzinsentwicklung in den USA und der Eurozone]
Selektive Agenda:
Heute, Wien: 3. Runde der KV-Verhandlungen in der Papierindustrie
9:00 Uhr, Wien: Bundesrat tagt im Parlament
9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Daten zu Registrierungen und Insolvenzen, Offene Stellen 1. Quartal sowie Außenhandel Februar
9:00 Uhr, Warschau, Polen: Informeller EU-Außenministerrat (Gymnich) mit Außenministerin Meinl-Reisinger [Info]
9:00 Uhr, Straßburg, Frankreich: Tagung des Europaparlaments [Info]
12:30 Uhr, Wien: Arbeitsbesuch der dänischen Europaministerin Bjerre bei Europaministerin Plakolm, 13:45 Uhr Doorstep
Selektives Networking:
Jobwechsel und Karriereschritte: Martina Prucha wird Sustainability Managerin, Gudrun Zimmerl verantwortet den Bereich Public Affairs und Florian Zimmer ist neuer Head of Communications bei der Brau Union. Monika Cisar-Leibetseder ist neue Präsidentin des Genossenschaftsverbands (ÖGV). Klaus Webhofer führt heuer die Sommergespräche im ORF. Lorenz Mayer ist neuer ÖVP-Wien-Landesgeschäftsführer. Peter Umundum wurde als Generaldirektor-Stellvertreter und Vorstand für Paket & Logistik bei der Österreichischen Post wiederbestellt. Sabine Stöger wird CFO bei Allianz Österreich. Bender Industries GmbH & Co. KG ernennt Michael Breuer zum CEO und Nicole Bender zur CFO.
Sehen & gesehen werden:
10:00 Uhr, Wien: WKÖ lädt zum „E-Day“ u. a mit Philipp Gady, Sylvia Dellantonio, Mariana Kühnel, Alexander Pröll, Gabriela Maria Straka [Info]
18:00 Uhr, Graz: Buchpräsentation von Johannes Kübeck „Kärnten und Steiermark – Neu erzählt. Mehr als zwei Jahrtausende Geschichte und Geschichten der Menschen in den Ostalpen“ im Steirischen Presseclub [Info]
18:00 Uhr, Wien: Im Museumsquartier eröffnet die Kunstmesse „Art Austria 2025“ u. a. mit Alexander Schallenberg. [invite only, Info]