Guten Morgen Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel, Stephan Frank und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
Wenig Wachstum bis 2029. Das Wifo hat seine mittelfristige Prognose 2025-2029 veröffentlicht. Österreichs Wirtschaft erholt sich nur langsam von der Rezession der vergangenen zwei Jahre. Das Wachstum wird bis 2029 unter jenem des Euroraums und auch unter dem durchschnittlichen Wachstum vor 2019 liegen. Pro Jahr soll das BIP durchschnittlich nur um 1,25 Prozent wachsen. Schuld sind Wettbewerbsnachteile durch hohe Energiepreise und Lohnstückkosten. Heuer werde die Wirtschaftsleistung um 0,6 Prozent zurückgehen. 2025: +1 Prozent; 2026: +1,5 Prozent. Das Wachstum kommt hauptsächlich vom privaten Konsum und den Warenexporten. Das Budgetdefizit schätzt das Wifo über den gesamten Prognosezeitraum auf jährlich durchschnittlich 3,75 Prozent. Die Staatsschulden sollen bis 2029 auf 86,5 Prozent des BIP steigen. 2020-2029 wird Österreich je nach Szenario voraussichtlich bis zu 215 Mrd. Euro an Wertschöpfung einbüßen. [Quelle: Wifo]
Kommentar: Die Absurdität der Debatte rund um ein Hard, Soft oder No Landing
von Heike Lehner

Ein sogenanntes „soft landing“, also wenn die Wirtschaft nach Zinserhöhungen der Zentralbank ohne darauffolgende Rezession stabilisiert wird, gilt fast als der heilige Gral der Geldpolitik. Doch Geldpolitik ist selbst in normalen Zeiten nicht fein und präzise steuerbar. Gerade in der Eurozone lenkt diese öffentliche Diskussion von den eigentlichen Problemen ab, die struktureller Natur sind.
Grafik (von Christoph Hofer): In Österreichs Staatshaushalt klafft ein 18-Milliarden-Euro-Loch. Das entspricht der prognostizierten Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben des Gesamtstaates gemessen am BIP im Jahr 2024. Auch für die nächsten fünf Jahre prognostiziert das Wifo bei ausbleibenden Strukturreformen weitere Milliarden-Defizite. [Quelle: Wifo]

Wettbewerbsfähigkeit. Nur 29 Prozent der für den „Infrastrukturreport“ 2024 befragten Manager sehen Österreich als „sehr“ oder „eher“ wettbewerbsfähig an – 2020 waren es noch 61 Prozent. 27 Prozent hätten die Möglichkeit, aus Österreich abzuwandern – mehr als die Hälfte davon hat darüber auch bereits nachgedacht: 17 Prozent mit dem gesamten Betrieb und 39 Prozent mit Teilen des Betriebs. Als Gründe wurden u.a. genannt: die hohe Steuern- und Abgabenlast (57 Prozent), der Arbeitskräftemangel (41 Prozent), die hohen Energiepreise (34 Prozent), Teuerung allgemein (33 Prozent) sowie die Überbürokratisierung (30 Prozent). [Quelle: Österreichischer Infrastrukturreport 2025 der Initiative Future Business Austria]
Beamten-Gehaltsstreit. Die Gehaltsverhandlungen für die Beamten wurden bisher nicht gestartet, die Gewerkschaft ortet hier einen Versuch seitens des Dienstgebers, eine Nulllohnrunde durchsetzen zu wollen. Für 26. November wird seitens der GÖD eine Demonstration in Wien organisiert, sowie „weitere gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen in allen notwendigen Intensitäten“ vorbereitet. Beamtenminister Werner Kogler verweist auf das Finanzministerium und will Termine für Verhandlungen vorschlagen. [Quellen: Medienberichte, GÖD, UGÖD]
Digitalisierung. Bundeswettbewerbsbehörde, E-Control, Datenschutzbehörde, Finanzmarktaufsicht, Kommunikationsbehörde Austria, Schienen-Control, Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH sowie die Telekom-Control-Kommission schließen eine Vereinbarung für ein „Netzwerk Digitalisierung“, um den gemeinsamen Erfahrungsaustausch zu stärken. [Quelle: BWB]
Energieversorgung. Die Versorgung mit Strom und Gas für den Energiewinter 2024/2025 ist laut dem Forum Versorgungssicherheit gesichert. Mit 1.1.25 läuft der Transitvertrag für russisches Gas zwischen ukrainischen Betreibern und der russischen Gazprom höchstwahrscheinlich aus. Österreich hat aber Maßnahmen getroffen, dass es im Winter keine Einschränkungen und keine Gefährdung der Gasversorgung geben wird. Durch gestiegene Kosten und veränderte Rahmenbedingungen werden kommendes Jahr jedoch die von der E-Control festgelegten Netztarife deutlich ansteigen: Für Haushaltskunden im Durchschnitt um ca. ein Drittel. Quelle: [Forum Versorgungssicherheit]
Vogelgrippe. Das Gesundheitsministerium stuft ganz Österreich als Gebiet mit erhöhtem Risiko für Vogelgrippe ein. Für Betriebe mit mehr als 50 Tieren gilt in 25 Bezirken Stallpflicht, die Verordnung trat um Mitternacht in Kraft. Ab heute befindet sich das Bundesheer im Bezirk Amstetten mit der ABC-Abwehrkompanie im Assistenzeinsatz, um bei betroffenen Betrieben Fahrzeuge zu desinfizieren. [Quelle: BMSGPK, Bundesheer]
Kammerumlage. Die Wirtschaftskammer rechnet aufgrund der trüben Wirtschaftsprognosen für 2025 mit weniger Einnahmen aus den Kammerumlagen. Die von der abzuführenden Umsatzsteuer abhängige Kammerumlage 1 soll 100 Mio. Euro einbringen, die von der Lohnsumme abhängige Kammerumlage 2 wird sich auf 159 Mio. Euro belaufen – insgesamt 259 Mio. Euro. Für 2024 wurden im Budget Einnahmen aus den Kammerumlagen von 267 Mio. Euro veranschlagt; 2023 waren es 273 Mio. Euro. [Quelle: WKÖ]
Offene Stellen. Heimische Unternehmen haben im dritten Quartal 167.800 Jobs ausgeschrieben. Das sind um 3,9 Prozent weniger als im heurigen zweiten Quartal und um 17,1 Prozent weniger im Jahresvergleich. Die Zahl der Stellenangebote ist aber nach wie vor um 18,1 Prozent höher als vor der Pandemie: Im 3. Quartals 2019 waren 142.100 Stellen unbesetzt. [Quelle: Statistik Austria]
Leitzinssenkungen. Die US-Notenbank Fed hat nach der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten ihre Zinsen um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Das ist die zweite Zinssenkung seit dem Sommer: Mitte September hatte die Fed die Leitzinsen noch um 0,50 Punkte gesenkt. Auch die schwedische Notenbank senkte am Donnerstag den Leitzins um 50 Basispunkte auf 2,75 Prozent, ein weiterer Zinsschritt könnte im Dezember folgen. In Großbritannien sinkt der Leitzins um 25 Basispunkte auf 4,75 Prozent. [Quellen: Federal Reserve, Bank of England, Riksbanken]
Deutsche Wirtschaft. Im September sanken die Exporte und die Produktion in Deutschland überraschend deutlich: Exporte gingen um 1,7 Prozent zurück, Experten waren nur von einem Rückgang von 1,4 Prozent ausgegangen. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen um 2,5 Prozent weniger her als im August, prognostiziert war ein Rückgang um ein Prozent. Im Oktober wurde die höchste Zahl an Insolvenzen seit 20 Jahren für das Monat registriert: 1.530 Pleiten entsprechen 17 Prozent mehr als im Vormonat und sogar 48 Prozent mehr als im Jahresvergleich [Quelle: Statistisches Bundesamt zu Exporten und Produktion; IWH]
Regierungsende in Deutschland. Ökonomen in Deutschland schätzen das Ende der Ampel-Koalition in Berlin mehrheitlich als richtige Entscheidung ein. Neuwahlen seien das geringere Übel im Vergleich zu einer Fortsetzung der “politischen und wirtschaftlichen Paralyse” wie es das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) formuliert. Die beste Option wären rasche Neuwahlen die eine handlungsfähige Regierung ermöglichen. [Quelle: Reuters]
Chinesische Exporte. Exporte aus China sind im Oktober um 12,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresvergleich gestiegen – Experten waren nur von einem Zuwachs von 5 Prozent ausgegangen. Importe sind im Oktober um 2,3 Prozent zurückgegangen, vor allem weil die Kauflaune der Chinesen trotz Maßnahmen der Führung nicht zunimmt. [Quelle: Reuters]
Selektive Agenda:
Ganztägig, Budapest: Finaler Tag des informellen Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs
Ganztägig, Samstag: 86. Jahrestag der Novemberpogrome im Dritten Reich.
Selektives Networking:
Jobwechsel und Karriereschritte: Michael Lembäcker ist neuer Head of Valuation bei Grant Thornton Austria. Thomas Wass wird mit 1. Mai 2025 neuer Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Tirol (RLB). Elisabeth Schwetz soll wurde als Nachfolgerin von Walter Rosenkranz als Volksanwältin nominiert.
Geburtstage: Wir gratulieren Margit Kraker (9. 11.) und Hannes Swoboda (10. 11.) zum Geburtstag.
Sehen & gesehen werden:
Heute, ab 9 Uhr, Wien: Finaler Tag des 28. European Forum Vienna des Austrian Institute for European and Security Policy mit u.a. Karoline Edtstadler, Klaudia Tanner & Emil Brix [Info und Anmeldung]
Heute, 19:30 Uhr, Graz: Premiere von „Minna von Barnhelm“ von Gotthold Ephraim Lessing im Schauspielhaus Graz [Info & Karten]
Heute, 19:30 Uhr, Salzburg: Premiere von “Der Sturm” von William Shakespeare im Schauspielhaus Salzburg [Info & Karten]
Sonntag, ab 10 Uhr, Wien: Immobilienmesse der Erste Bank am Erste Campus beim Hauptbahnhof. [Info & Tickets]
Sonntag, ab 11 Uhr, Wien: Tag der offenen Tür im Belvedere 21 [Info]