Guten Morgen Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel und Stephan Frank – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
🇦🇹 Beamte bekommen volle 3,3 % Gehaltserhöhung, aber 6 Monate später. Spätabends gab es gestern nach einer Woche Verhandlungen eine Einigung bei den Beamtengehältern. Es bleibt für 2026 bei der vergangenes Jahr beschlossenen Erhöhung um 0,3 Prozentpunkte über der Inflation, also +3,3 % – allerdings wird die Erhöhung um ein halbes Jahr auf 1. Juli 2026 verschoben. Dadurch spare man 2026 rund 310 Mio. Euro im Budget, so Finanzminister Markus Marterbauer. 2027 und 2028 folgen dann nicht wie angedroht Nulllohnrunden, sondern Erhöhungen um je 1 % mit einer sozialen Staffelung, die einen degressiven Fixbetrag vorsieht, sodass niedrige Gehälter um die volle Inflation steigen – eine laut Marterbauer „innovative Lösung“. Der Dreijahresabschluss bedeute im Schnitt eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 1,5 %, so Beamten-Staatssekretär Alexander Pröll. [Quellen: Doorsteps nach den Verhandlungen, Aussendung | Grafik: Beamten-Gehaltsabschluss 2026 – 2028]
Kommentar: Rezession zu Ende – jetzt nur ja nicht jubeln!
von Georg Renner

Die Politik sollte sich vom Licht am Ende des Tunnels nicht blenden lassen: Nicht nur ist das nicht ihr Verdienst, sondern jener der österreichischen Konsumenten und Unternehmerinnen. Das Wachstum ist auch nur ein sehr, sehr zartes Pflänzchen, das sie hegen und pflegen sollte – und dem sie vor allem Raum geben muss. Was heißt das in konkreter Politik?
🇦🇹 Konjunkturprognose: Mitten im „verlorenen Jahrzehnt“. Wifo und IHS sehen die Rezession in Österreich überwunden, jedoch sei noch kein echter Aufschwung in Sicht. Das Wifo prognostiziert für heuer ein Wirtschaftswachstum von 0,3 %, das IHS 0,4 %. Für 2026 erwartet das Wifo 1,1 % Wachstum, das IHS 0,9 %. Das reale BIP pro Kopf werde heuer immer noch um 3 % kleiner sein als im Vorkrisenjahr 2019, erst 2030 wird der Vorkrisenwert übertroffen werden. Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr spricht von einem „verlorenen Jahrzehnt“. Aufgrund der höheren Inflation wird die österreichische Wirtschaft mittelfristig um 0,2 Prozentpunkte schwächer wachsen als der Euroraum-Durchschnitt. Das Wifo erwartet weiterhin eine „angespannte“ budgetäre Situation und prognostiziert für 2025 ein Defizit von 4,1 % des BIP, für 2026 dann 3,9 %. Bis 2030 soll das Budgetdefizit mit durchschnittlich 3,8 % deutlich über der Maastricht-Grenze von 3 % bleiben. Felbermayr empfiehlt im Rahmen einer Reformpartnerschaft u. a. eine Reform der Arbeitslosenversicherung und der Grundsteuer sowie eine Reduktion der MwSt auf Lebensmittel, gegenfinanziert durch Anhebung des allgemeinen MwSt-Satzes. [Quellen: Wifo-Prognose, IHS-Prognose, OeNB-Prognose, Raiffeisen-Research-Prognose, Statement Felbermayr im Wortlaut | Reaktionen: WKÖ, BMF, Finanzminister Marterbauer, ÖGB, ÖVP, SPÖ, Neos, FPÖ, Junos]

Grafik von Christoph Hofer
🇦🇹 Marterbauer nun doch für MwSt-Senkung bei Lebensmitteln. Nachdem Finanzminister Markus Marterbauer eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu Wochenbeginn aus budgetären Gründen noch ausgeschlossen hatte, sollen jetzt „weitere Modelle zur Mehrwertsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel“ geprüft werden. In einer gemeinsamen Aussendung mit Vizekanzler Andreas Babler wird festgehalten, dass es noch „Sache von Verhandlungen“ sei, welche Nahrungsmittel betroffen sein werden und in welcher Höhe die Steuer gesenkt werden soll. Auch für eine Gegenfinanzierung soll gesorgt werden. [Quelle: SPÖ-Aussendung]
🇦🇹 Forschungsausgaben sanken trotz Rezession nur leicht. Obwohl die Unternehmensumsätze um 7 % und das EBIT um 22 % gesunken sind, haben österreichische börsennotierte Unternehmen ihre Forschungs- und Entwicklungsausgaben im Vorjahr durchschnittlich nur um 2 % gesenkt. Im Durchschnitt investierten die Top-30-Unternehmen 4,3 % ihres Umsatzes in Innovation. „Österreichs Großunternehmen halten trotz schwieriger Konjunktur an ihren Innovationsstrategien fest – ein wichtiges Signal für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts“, analysiert Gunther Reimoser von EY Österreich. [Quelle: EY]
🇦🇹 Bahn-KV auf Schiene. Die Sozialpartner sehen sich nach der 3. KV-Verhandlungsrunde in der Eisenbahnbranche „einen großen Schritt weitergekommen“. Das Verhandlungsklima sei positiv und ein Abschluss bald möglich, man befinde sich auf der Zielgeraden. In der 4. Verhandlungsrunde am 15. Oktober soll dann ein „faires und tragfähiges Ergebnis“ erzielt werden können. Bis dahin wurde laut WKÖ und ÖGB jedoch „Stillschweigen über die konkreten Zahlen“ vereinbart. [Quelle: ÖGB]
🇦🇹 Trendwende am Immobilienmarkt. Wohneigentum ist im ersten Halbjahr 2025 wieder teuer geworden – seit Ende 2024 sind die Preise um 0,3 % gestiegen. „Die Eiszeit auf dem Immobilienmarkt ist vorbei“, analysiert Raiffeisen-Ökonom Matthias Reith. Immobilien seien wieder so leistbar wie zuletzt 2018. Seit Mitte 2022 ist die Erschwinglichkeit – der Gradmesser für das Verhältnis zwischen Immobilienpreisen und Tariflöhnen – laut Analyse um 27 % gestiegen . Allerdings: In den meisten Ballungszentren samt Umland werde der Wohnraummangel in den nächsten Jahren zunehmen. Die Mieten dürften hier überdurchschnittlich stark steigen. [Quelle: Raiffeisen]
🇦🇹 Windkraftbranche aufgrund ElWG „schwer verunsichert“. Die Interessensgemeinschaft Windkraft sieht durch das Elektrizitätswirtschaftsgesetz „massive Rückschritte“ für die heimische erneuerbare Energieerzeugung. Neue Netzentgelte und eine Verdreifachung der Netzanschlusskosten würden eine Kilowattstunde um 10 % verteuern. Höhere Netznutzungsentgelte wären gar ein „Todesstoß für den regionalen Windkraftausbau“. All das würde laut IG Windkraft dazu führen, dass heimische Erzeugung teurer als der Import von Strom wird. „Strom werde dadurch sicher nicht günstiger“, so IG-Windkraft-Präsident Josef Plank. [Quelle: IG Windkraft | Grafik: Wo in Österreich Windräder stehen]
🇦🇹 Post nimmt Paketversand in USA wieder auf. Der Postversand von Geschenksendungen durch Privatpersonen mit einem Wert von unter 100 US-Dollar ist ab heute wieder möglich. Für Geschäftskunden soll ein Versand von kommerziellen Paketen ab Mitte November wieder möglich sein, stellt die Post in Aussicht. [Quelle: Österreichische Post]
🇦🇹 Viele Bildungswege werden nicht zu Ende geführt. 22,3 % der 15-bis-34-Jährigen haben eine formale Ausbildung abgebrochen, weitere 2,3 % sogar mehrere. Am häufigsten (43 %) werden Studien abgebrochen oder die Studienrichtung gewechselt. Jeder Zweite nannte als Grund, dass die Ausbildung nicht den Vorstellungen entsprochen hatte oder zu schwierig war – an Hochschulen waren es sogar fast zwei Drittel. [Quelle: Statistik Austria]
🇪🇺 EU verdoppelt Stahlzölle. Die EU-Kommission schlägt eine Verdopplung der Zölle auf Stahl von 25 auf 50 % vor. Die zollfreien Einfuhrmengen sollen auf 18,3 Mio. Tonnen pro Jahr begrenzt werden – eine beinahe Halbierung gegenüber den Stahlkontingenten für 2024. „Das ist die Reindustrialisierung Europas, um unsere Europäischen Stahlwerke und -jobs zu retten“, so EU-Industriekommissar Stéphane Séjourné. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič will sich zu Überkapazitäten am Freitag auf der Ministertagung des Global Forum on Steel Excess Capacity mit Handelspartnern austauschen. Die Wirtschaftskammer sieht die Erhöhung der Zölle als ersten wichtigen Schritt, vermisst aber u. a. spürbare Maßnahmen, um bei den Energiepreisen zu entlasten. [Quellen: EU-Kommission, Q&A, Kommissionsvorschlag, Séjourné auf X | Reaktionen: WKÖ | Interview: Hattmannsdorfer zum Stahlschutzpaket]
🇺🇦 Ukraine will mehr Gas importieren. Nach Angriffen auf die Energieinfrastruktur plant die Ukraine, ihre Gas-Importe um 30 % zu erhöhen. Zuvor hatte die Ukraine erklärt, für die Heizsaison 2025/2026 4,6 Mrd. Kubikmeter Gas importieren zu müssen. Das gesteigerte Gesamtimportvolumen hänge davon ab, wie schnell die Ukraine ihre eigene Produktion wieder aufnehmen kann und welche Schäden weitere russische Attacken anrichten würden. „Je schneller wir die Produktion wiederherstellen können, desto weniger müssen wir importieren“, so die Energieministerin Switlana Hryntschuk. [Quelle: Reuters]
🌐 Globaler Handel übertrifft Erwartungen. Der weltweite Warenhandel hat die Erwartungen im 1. Halbjahr 2025 aufgrund von Vorzieheffekten vor den US-Zollerhöhungen sowie Ausgaben für Künstliche Intelligenz übertroffen. KI-bezogene Güter (inkl. Halbleiter und Server) sorgten für annähernd die Hälfte des gesamten Handelswachstums. Die Welthandelsorganisation (WTO) erhöht ihre Wachstumsprognosen für den Warenhandel daher von 0,9 % auf 2,4 %. Die Prognose für nächstes Jahr wurde im Gegenzug von 1,8 % auf 0,5 % gesenkt. [Quelle: WTO]
🌐 Goldpreis knackt 4.000-Dollar-Marke. Der Goldpreis für eine Feinunze Gold hat heute Früh ein neues Rekordhoch erreicht und dabei die Grenze von 4.000 US-Dollar überschritten. Kurz nach 6 Uhr wurde eine Feinunze um 4.020,82 US-Dollar gehandelt. J. P. Morgan hatte das Erreichen der 4.000-Dollar-Marke erst für Mitte 2026 erwartet. Analysten sprechen mittlerweile schon von „der nächsten großen runden Zahl“ von 5.000 US-Dollar pro Feinunze. Im laufenden Jahr hat der Goldpreis in US-Dollar gemessen bereits um 53 % zugelegt. „Die Marktdynamik niedrigerer US-Zinsen und der anhaltende Government Shutdown wirken sich weiterhin positiv auf Gold aus“, so Analyst Tim Waterer gegenüber Reuters. [Quellen: Reuters, Tradingview | Grafik: Goldpreis knackt 4.000-Dollar-Marke]
Selektive Agenda:
Heute, Belfast, Großbritannien: Treffen der Außenminister zur Lage am Westbalkan u. a. mit Außenministerin Meinl-Reisinger, britischem Außenminister Lammy und Amtskollegen aus Albanien, Bosnien, Herzegowina, Kosovo sowie Serbien
Heute, Tirana, Albanien und Belgrad, Serbien: Europaministerin Plakolm auf Staatsbesuch
Heute, Straßburg, Frankreich: Tagung des Europaparlaments u. a. Debatte zu russischen Luftraumverletzungen (bis 9.10.)
8:00 Uhr, Wiesbaden: Statistisches Bundesamt veröffentlicht Daten zur deutschen Industrieproduktion im August
9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Daten zum Außenhandel im Juli (Einfuhren und Ausfuhren) sowie soziale Krisenfolgen im 2. Quartal 2025
9:30 Uhr, Vilnius, Litauen: Bundespräsident Van der Bellen auf Staatsbesuch in Litauen; Treffen mit Amtskollegen Nauseda
10:00 Uhr, Wien: Sitzung des Ministerrats; davor Doorsteps mit Außenministerin Meinl-Reisinger, Finanzminister Marterbauer, Staatssekretärin Eibinger-Miedl; danach Pressefoyer mit Sozialministerin Schumann und Staatssekretären Zehetner und Schellhorn [Info]
10:30 Uhr, Straßburg: EU-Kommission präsentiert KI-Strategie
11:45 Uhr, Stockholm, Schweden: Bekanntgabe Chemie-Nobelpreis
Selektive Agenda, Termine & Events 🗓️
Was steht auf der Agenda der Bundesregierung und wo treffen sich Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zum Austausch? Die wichtigsten Termine im Überblick.
Der Link zum Selektiv-Terminkalender wechselt jeden Montag.
Selektives Networking:
Geburtstage: Wir gratulieren Ursula von der Leyen, Johanna Auer, Klaus Hubert Auer und Gottfried Helnwein zum Geburtstag.
Sehen & gesehen werden:
8:30 Uhr, Wien: Die Deutsche Handelskammer in Österreich lädt zum „Business Breakfast“ zum Thema „China 2030: Was der 15. Fünfjahresplan für Europas Wirtschaft bedeutet“ ins Haus der Industrie mit Bernhard Seyringer und Sara Grasel [Info]
13:30 Uhr, Puch, Salzburg: Spinoff Austria Konferenz im Techno-Z Urstein u. a. mit Werner Wutscher, Tanja Spennlingwimmer; Abendgala ab 18:30 Uhr in Salzburg [Info]
15:00 Uhr, Wien: Feierliche Verabschiedung von Kammersänger Harald Serafin im Stephansdom
18:00 Uhr, Wien: Die Lotterien laden zur Sporthilfe-Gala in die Stadthalle. [invite only, live im ORF, Info]