Morning in Brief

Morning in Brief, 9. Dezember 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank, Sara Grasel, Christoph Hofer und Maximilian Kern – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

🇦🇹 Österreichs Wirtschaft wächst im EU-Schnitt. Laut Eurostat-Schnellschätzung ist die Wirtschaft im Euroraum im 3. Quartal im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 % gewachsen und in der EU um 0,4 % – das ist etwas mehr als im 2. Quartal. Im Jahresabstand lag das Wachstum sogar bei 1,4 bzw. 1,6 %. Österreich liegt mit 0,4 % im Quartalsabstand genau im EU-Schnitt, am stärksten hat Dänemark mit 2,3 % angezogen, in Rumänien (-0,2 %), Irland (-0,3 %) und Finnland (-0,3 %) ist die Wirtschaft geschrumpft. Deutschland liegt bei +0,3 %. Bei der Erwerbstätigkeit gehört Österreich mit -0,3 % vor Finnland und Rumänien zu den 3 Ländern mit den stärksten Rückgängen. [Quelle: Eurostat]

„1 % Wachstum könnte neue Normalität werden“
Interview mit Martin Kocher

Martin Kocher, der neue Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), zeigt sich „optimistisch“, dass die Prognosen von 2 % Inflation und 1 % Wirtschaftswachstum für 2026 halten werden. Gerade letzteres könnte aber zur „neuen Normalität“ werden. In der Vergangenheit wurde das Wirtschaftswachstum deutlich durch das Bevölkerungswachstum angetrieben. Im Vorjahr wurde der Zenit der Erwerbsbevölkerung überschritten, daher wird es uns in den nächsten Jahren „extrem beschäftigen, die Summe an Arbeitsstunden bei sinkender Erwerbsbevölkerung konstant zu halten oder auszubauen“, so Kocher.

💡 Handelsbilanzdefizit erreicht knapp 5 Mrd. Euro. Zwischen Jänner und September 2025 sind die österreichischen Exporte um 2,2 % gesunken, während die Importe um 3,2 % gestiegen sind. Im September 2025 stiegen sowohl Importe als auch Exporte an, das Handelsbilanzdefizit lag bei 230 Mio. Euro. Im laufenden Jahr ergibt sich damit ein Defizit von 4,91 Mrd. Euro, während es im Vorjahreszeitraum noch einen Überschuss von 2,84 Mrd. Euro gegeben hatte. Im Vergleich zum Vorjahr importiert Österreich mehr Waren aus der Schweiz und exportiert weniger in die USA. [Quelle: Statistik Austria | Grafik von Stephan Frank]

🇦🇹 Nationalrat tagt zum Jahresabschluss. Ab morgen tagt der Nationalrat bis 12.12. letztmals in diesem Jahr. Für die einzelnen Sitzungstage sind insgesamt 46 Tagesordnungspunkte vorgesehen, bis zu 30 Gesetzesbeschlüsse sind möglich. Zur Abstimmung stehen u. a. das Elektrizitätswirtschaftsgesetz und Änderungen des Lebensmittelbewirtschaftungsgesetzes für Krisenzeiten (jeweils 2/3-Mehrheit erforderlich), das Mietenpaket, Maßnahmen gegen „Mogelpackungen“, das Kopftuchverbot für Schülerinnen bis 14 Jahre sowie eine weitere Nulllohnrunde für Bundespolitiker. [Quelle: Parlament]

🇦🇹 Nettomieten im 3. Quartal gesunken. Im 3. Quartal sind die Mieten ohne Betriebskosten im Quartalsvergleich im Schnitt pro Quadratmeter um 0,2 % gesunken. Die Statistik Austria führt das auf die Mietpreisbremse zurück, die die 267.000 Haushalte betreffe, die unter den Richtwert- und Kategoriemietzins fallen. Der Anstieg der Betriebskosten um 1,1 % pro Quadratmeter ergibt für die Bruttomieten einen Anstieg um 0,2 %. Diese Mietkosten beziehen sich hochgerechnet auf 1,8 Mio. Hauptmietwohnungen in Österreich. [Quelle: Statistik Austria]

🇦🇹 Elternhaus und Schulform beeinflussen Lesekompetenz. Neben dem eigenen Bildungsabschluss wirkt sich auch der Bildungsstand der Eltern wesentlich auf die Lesekompetenz der erwachsenen Bevölkerung (16-65 Jahre) aus. Die Wahl der Schulform in der Sekundarstufe I hat einen deutlichen Einfluss. Personen, die eine AHS-Unterstufe besucht haben, erzielen im Durchschnitt rund 29,1 Kompetenzpunkte mehr als Personen mit Mittelschulabschluss. Im OECD-Vergleich liegt Österreich mit 254 Punkten gemeinsam mit der Slowakei auf Platz 16 und damit unter dem OECD-Durchschnitt von 260 Punkten. Die höchste Lesekompetenz wurde in Finnland festgestellt, gefolgt von Japan. Am niedrigsten war sie in Portugal. [Quellen: Statistik Austria I, Statistik Austria II]

🇦🇹 Werben für 2/3-Mehrheit bei „Günstiger-Strom-Gesetz“. Der Wirtschaftsausschuss tagt am Dienstag zu dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz. Sollte der Ausschuss seine Sitzungen rechtzeitig abschließen, wird das Gesetz am Mittwoch im Nationalrat vorgelegt und abgestimmt. Bei einer Pressekonferenz am Freitag warben die Energiesprecher der Regierungsfraktionen aktiv für die Zustimmung der Grünen und der FPÖ. Die Gespräche werden bis zum Beginn der Ausschusssitzung fortgesetzt. Die Oppositionsparteien wiesen darauf hin, dass Änderungen erforderlich seien, um der Regierungsvorlage zustimmen zu können. [Quellen: Pressekonfernz, FPÖ-Reaktion, APA via Medienberichte]

🇦🇹 Staat springt mit 139 Mio. Euro bei ausbleibendem Unterhalt ein. Im Vorjahr wurden vom Staat insgesamt rund 139 Mio. Euro an Unterhaltsvorschüssen ausgezahlt, während rund 90 Mio. Euro wieder zurückflossen. Die Rückzahlungsquote liegt damit bei 64,5 %, bei etwa 30 Mio. Euro ist bereits klar, dass sie nicht einbringbar sind. Rund 116 Mio. Euro flossen an österreichische Kinder, knapp 15,7 Mio. an Kinder aus EU-Staaten und rund 7,5 Mio. an Kinder aus Drittstaaten. Bei Letzteren liegt die Rückzahlungsquote der erziehungsberechtigten Eltern nur bei 36,3 %, bei türkischen Kindern bei 46,3 %. Insgesamt profitierten 41.288 Kinder vom Unterhaltsvorschuss, davon 33.482 Österreicher. Rund 315.000 Euro wurden an Zahlungsempfänger im Ausland überwiesen, u. a. in die USA, nach Serbien, Uganda, Ungarn und in die Türkei. [Quellen: Parlamentarische Anfragebeantwortung I, Parlamentarische Anfragebeantwortung II]

🇦🇹 🇪🇺 EU-Solidaritätsbeitrag für Österreich. Nach den Überschwemmungen im September und Oktober 2024 hat die EU Österreich 32 Mio. Euro aus ihrem Solidaritätsfonds ausgezahlt. Eine Vorauszahlung von 10 Mio. Euro erfolgte bereits im April 2025. Die Mittel sollen den Wiederaufbau von Infrastruktur in verschiedenen Sektoren unterstützen und Sicherheitsmaßnahmen stärken. [Quelle: EU-Kommission]

🇪🇺 Einigung auf deutlich entschärftes EU-Lieferkettengesetz. Unterhändler des EU-Rats und des EU-Parlaments einigten sich am Montag auf ein neues Lieferkettengesetz. In Zukunft soll dieses nur mehr für Großunternehmen mit mindestens 1,5 Mrd. Euro Jahresumsatz und mehr als 5.000 Mitarbeitern gelten. Zuvor waren Grenzwerte von 450 Mio. Euro und 1.000 Mitarbeitern vorgesehen. Bei Verstößen sollen Strafen von maximal 3 % des weltweiten Nettoumsatzes drohen – die zivilrechtliche Haftung entfällt. Auch Handlungspläne für Klimaziele müssen nicht mehr ausgearbeitet werden. In einer ersten Reaktion zeigte sich der EU-Abgeordnete Lukas Mandl (ÖVP) erfreut: „Nach jahrelanger Überzeugungsarbeit und einem Jahr der Verhandlungen ist nun das erste Deregulierungspaket unter Dach und Fach.“ [Quellen: APA via Medienberichte, Politico]

🇪🇺 Rat der EU beschließt verschärfte EU-Asylgesetze. Die EU-Innenminister haben die Positionen zum neuen Asyl- und Migrationspakt beschlossen. Kernpunkte sind ein Solidaritätspool für besonders betroffene Staaten, eine EU-weite Liste sicherer Herkunftsländer, die Möglichkeit von Return-Hubs in Drittstaaten sowie die Definition sicherer Drittstaaten, die Asylanträge sofort als unbegründet zurückweisen lässt. EU-Kommissar Magnus Brunner erklärte vor dem Treffen, es gehe darum, „unser europäisches Haus in Ordnung zu bringen“. Innenminister Gerhard Karner sprach sich erneut für Return-Hubs außerhalb Europas aus, konnte aber nicht sagen, wie sich Österreich dabei beteiligen werde. [Quellen: Rat der EU I, Rat der EU II, Doorstep Brunner, Doorstep Karner]

🇪🇺 Kurswechsel bei Verbrenner-Verbot möglich. Die EU-Kommission soll am Mittwoch in einem Automobilpaket auch das Verbrenner-Verbot auf den Prüfstand stellen. EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas hat bereits vergangene Woche einen Kurswechsel angedeutet. Damit könnten nach 2035 auch klimaneutrale E-Fuels zugelassen sein. Aufgrund des Verbots seien 2025 allein in Deutschland 50.000 und in Österreich 5.000 Arbeitsplätze verloren gegangen, mahnt die E-Fuel Alliance im Vorfeld. 6 EU-Länder forderten in einem Schreiben an die EU-Kommission eine Entschärfung des Verbots. Der Brief wurde von den Ministerpräsidenten Bulgariens, Tschechiens, Ungarns, Italiens, Polens und der Slowakei unterzeichnet. [Quellen: E-Fuel-Alliance, Handelsblatt, Reuters]

🇩🇪 Insolvenzgeschehen auf 10-Jahres-Hoch. 2025 meldeten 23.900 Unternehmen Insolvenz an, 8,3 % mehr als 2024 (22.070). Der Zuwachs fällt jedoch deutlich geringer aus als in den beiden Vorjahren (2023: +22,9 %; 2024: +22,5 %). Kleinstunternehmen machen 81,6 % aller Insolvenzen aus. Besonders betroffen sind das verarbeitende Gewerbe und der Handel. Die Zahl der Privatinsolvenzen stieg um 6,5 % auf rund 76.300 Fälle. Insgesamt gelten 5,67 Mio. Menschen in Deutschland als überschuldet. Creditreform-Hauptgeschäftsführer Bernd Bütow hält strukturelle Maßnahmen wie die Senkung der Stromkosten für notwendig, um den Anstieg 2026 zu bremsen. [Quelle: Creditreform]

🇨🇳 Chinas Außenhandel legt zu. Der Warenhandel Chinas ist in den ersten 11 Monaten 2025 um 3,6 % auf rund 5,82 Bill. US-Dollar gestiegen. Die Exporte nahmen um 6,2 % zu, die Importe um 0,2 %. Größter Handelspartner blieb die ASEAN vor der EU, während der Handel mit den USA um 16,9 % zurückging. Der Handel mit Ländern der Neuen Seidenstraße wuchs um 6 % und machte mehr als die Hälfte des gesamten Handelsvolumens aus. Die Ausfuhren von Elektro- und Maschinenbauprodukten stiegen deutlich, insbesondere bei Halbleitern und Automobilen. Frankreichs Präsident Macron kritisierte den hohen chinesischen Handelsüberschuss und drohte bei ausbleibender Anpassung der Handelspolitik mit Gegenmaßnahmen, darunter Zölle auf chinesische Produkte. Das EU-Handelsdefizit mit China lag 2024 bei rund 306 Mrd. Euro. [Quelle: Chinesische Regierung, Les Echos via Politico]

Selektive Agenda:

Heute, Wien: Auktionstermin für österreichische Bundesanleihe [Info]

Heute, Wien: Statistik Austria veröffentlicht „NUTS 2 – Regionales BIP und Hauptaggregate 2024“

Heute, Brüssel: Rat der EU zu „Justiz und Inneres“ (letzter Tag) [Info]

Heute, Brüssel: Rat der EU zu „Wettbewerbsfähigkeit“ (Forschung und Raumfahrt) [Info]

Wochenvorschau:

Am Dienstag nehmen Justizministerin Anna Sporrer am EU-Rat für Inneres und Justiz sowie Wissenschaftsministerin Maria Holzleitner am EU-Forschungsrat teil. In Wien steht der Auktionstermin für österreichische Bundesanleihen an, und die Statistik Austria veröffentlicht das Bruttoregionalprodukt für 2024. Am Abend ist Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner im Klub der Wirtschaftspublizisten zu Gast.

Mittwochs beginnt die letzte Nationalratssitzung im Jahr 2025, die sich über drei Plenartage bis Freitag erstreckt. Insgesamt könnten dabei mehr als 30 neue Gesetzesbeschlüsse gefasst werden. Außerdem veröffentlicht die Statistik Austria den „Produktionsindex Oktober“. In Brüssel stellt die EU-Kommission das „European Grid’s Package“ im Rahmen des „Clean Industrial Deal“ vor. Auf der anderen Seite des Atlantiks verkündet die Fed in Washington D. C. ihren Zinsbeschluss nach der Tagung des Offenmarktausschusses.

Am Donnerstag nehmen Finanzminister Markus Marterbauer am Rat der EU zu Wirtschaft und Finanzen und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig am Rat der EU-Agrar- und Landwirtschaftsminister teil. In Österreich präsentiert der Kreditschutzverband KSV1870 die Insolvenz- und Wirtschaftsentwicklung 2025. Die KV-Verhandlungen in der Sozialwirtschaft werden fortgesetzt.

Die Woche endet am Freitag mit dem letzten Plenartag des Nationalrats in diesem Jahr. Auf der Tagesordnung steht u. a. die Abstimmung über eine weitere Nulllohrunde für Bundespolitiker. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Vizekanzler Andreas Babler werden in Graz zum Festakt anlässlich der Eröffnung der Koralmbahn erwartet. Gleichzeitig zieht der Rat der EU „Wirtschaft und Finanzen“ voraussichtlich eine Bilanz der Verhandlungen mit dem EU-Parlament über das Zollreformpaket.

Selektive Agenda, Termine & Events 🗓️

Was steht auf der Agenda der Bundesregierung und wo treffen sich Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zum Austausch? Die wichtigsten Termine im Überblick.

Der Link zum Selektiv-Terminkalender wechselt jeden Montag.

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Katharina Strnadl ist News Host bei Kronehit. Raphael Monsch übernimmt die Leitung des Bereichs Ideation & Creation für den DACH-Raum bei Kesch. Markus Ludvik wird zum 1.1.2026 Präsident des ÖAMTC. Die Vizepräsidentschaft übernehmen Petra Postl und Ricardo-José Vybiral.

Geburtstage: Wir gratulieren Jean-Claude Juncker zum Geburtstag.

Sehen & gesehen werden:

10:00 Uhr, Wien: Voestalpine AG Voest-Vorstandsvorsitzender Herbert Eibensteiner im Klub der Wirtschaftspublizisten (nur für Klubmitglieder) [Info]

18:00 Uhr, Wien: „Leaders for Impact“ u. a. mit Alma Zadić, Sandra Gerold und Stefan Wallner im Impact Hub Vienna [Info]

19:00 Uhr, Wien: Podiumsdiskussion „25 Years of Strategic Partnership in Turbulent Times“ u. a. mit Geert Laporte, Miriam Mukalazi und Robert Zischg im Bruno Kreisky Forum [Info]

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