Morning in Brief

Morning in Brief, 9. Mai 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank, Gregor Plieschnig und Sara Grasel – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Industrie erwartet 1,5 Mrd. Euro Verlust durch US-Zölle. Die österreichische Industrie dürfte durch die US-Zölle zwischen -0,8 und -1,0 % an Wertschöpfung einbüßen, das sind rund 1,5 Mrd Euro. Gesamtwirtschaftlich wird sich der BIP-Rückgang durch die Zölle auf -0,2 bis -0,3 Prozentpunkte belaufen, fast gänzlich aufgrund der Industrie-Einbußen. Das BIP-Minus könnte 2025 somit insgesamt -0,5 % betragen. Die EU muss daher dringend den Binnenmarkt vertiefen, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Dazu müssen die nicht-tarifären Handelshemmnisse abgebaut werden, diese betragen bei Waren rund 44 % und im Dienstleistungsbereich über 100 %. Zentral sei auch der Abschluss weiterer Freihandelsabkommen. In Bezug auf Mercosur zeigt sich die Industrie optimistisch – Österreich solle aus geostrategischer Vernunft eine konstruktive Rolle einnehmen und dem Abkommen zustimmen, in der Landwirtschaft gäbe es Bewegung. Sollte das aber nicht der Fall sein, würde Österreich auf europäischer Ebene wohl ohnehin überstimmt werden. [Quelle: IV-Pressegespräch, IV-Aussendung

Kommentar: Ein Plädoyer für langweilige Zentralbanken
von Heike Lehner

Gerade in Zeiten historischer Unsicherheit und politischer Nervosität braucht es eine Zentralbank, die Ruhe ausstrahlt und deren Handeln langweilig erscheint. Während die EZB Unsicherheit als Handlungsaufforderung interpretiert, versteht die US-Notenbank Fed sie als Signal zur Zurückhaltung – und handelt entsprechend. Geldpolitische Glaubwürdigkeit entsteht in der aktuellen Situation aber vor allem durch Ruhe, Konsistenz und die Fähigkeit, in einem nervösen Umfeld bewusst nicht zu schnell zu reagieren.

Grafik (von Christoph Hofer): Macht US-Präsident Donald Trump seine Androhungen weiterer Zölle mit Fokus auf den Pharmasektor wahr, droht die heimische Wertschöpfung um 0,3 % zurückzugehen. Ein Fünftel der heimischen Exporte in die USA gehen derzeit auf pharmazeutische Produkte zurück – die Branche wäre mit einem Minus von rund 3,6 % am härtesten getroffen. Stark betroffen wären auch die Kfz-Produktion (-1,6 %) und die Metallerzeugung und -bearbeitung (-1,5 %). Die OeNB geht bei diesen Werten von einer Untergrenze aus. Weitere Folgeeffekte wie z.B. die Verlagerung heimischer Produktion in die USA, könnten die Wertschöpfungsdelle weiter vertiefen. [Quelle: OeNB]

Insolvenzen auf hohem Niveau um 5 % gestiegen. Im 1. Quartal sind die Firmeninsolvenzen im Vergleich zum Vorjahresquartal um 5,2 % auf 1.798 Fälle gestiegen. Auch im Vergleich zum 4. Quartal 2024 ergibt sich ein Anstieg von rund 5 %. In absoluten Zahlen waren Finanz- und sonstige Dienstleistungen (516, +29,6 %), die Baubranche (299) und der Handel (299) am stärksten betroffen. Den stärksten Rückgang an Insolvenzen gab es im Bereich Information und Kommunikation (-19,0 %). Deutschland verzeichnete im April 1.626 Insolvenzen, ein Anstieg von 11 % im Vergleich zum Vormonat und von 21 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Damit wurde der höchste Wert seit 20 Jahren verzeichnet. [Quelle: Statistik Austria, IWH

Österreich will vom Blackout in Spanien und Portugal lernen. Der österreichische Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid AG (APG) wurde von Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer beauftragt, den Blackout auf der iberischen Halbinsel zu untersuchen. Aus dieser Untersuchung und auf Basis des Endberichts der europäischen Expertengruppe sollen dann konkrete Ableitungen für Österreich getroffen werden. [Quelle: APG

Offene Stellen seit 4 Quartalen rückläufig. Im 1. Quartal 2025 meldeten österreichische Unternehmen 154.100 offene Stellen, ein Rückgang von -1,4 % im Vergleich zum Vorquartal und von -21,6 % zum Vorjahresquartal. Der Anteil der offenen Stellen an allen verfügbaren Stellen („Offene-Stellen-Quote“) lag im 1. Quartal bei 3,6 % – vor einem Jahr lag er noch bei 4,5 %. Die meisten offenen Stellen gab es im Handel und Dienstleistungsbereich (88.000), danach folgen Industrie (39.800) sowie öffentlicher und sozialer Bereich (26.300). [Quelle: Statistik Austria

Heimische Finanzwirtschaft robust. Die Finanzmarktaufsicht hat in ihrem Jahresbericht für 2024 den heimischen Finanzmarkt eine gute Verfassung attestiert. Die Kapitalausstattung der Banken sei dank hoher Zinserträge in der jüngeren Vergangenheit stabil und auch die Versicherer verfügten über genügend Mittel, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die die konsolidierten Gewinne lagen 2024 bei rund 11,5 Mrd. Euro (2023: 12,6 Mrd. Euro). Sorgenkind sind Gewerbeimmobilien – in diesem Segment beträgt der Anteil notleidender Kredite mittlerweile mehr als 5,4 Prozent. [Quelle: FMA

Österreich exportierte im Februar weniger. Österreich exportierte im Februar im Jahresvergleich im Februar um 3,3 % weniger und importierte um 3,2 % mehr – das ergibt einen Überschuss von 44,92 Mio. Euro. Die 4 bedeutendsten Produktgruppen – Maschinen und Fahrzeuge, bearbeitete Waren, chemische Erzeugnisse und sonstige Fertigwaren – verzeichneten zusammen ein Exportminus von 4,3 %. Bei den Importen gab es den höchsten Anstieg bei den Nahrungsmitteln (+5,2 %) und Rohstoffen (+6,4 %). [Quelle: Statistik Austria

USA und UK schließen Zoll-Deal, EU rüstet sich für Gegenzölle. Die USA und Großbritannien haben sich auf ein Handelsabkommen infolge der US-Zölle geeinigt. Es ist das erste Abkommen dieser Art seit die Zölle verhängt wurden. Der Deal soll so bald wie möglich in Kraft treten. Die Briten senken die Zölle auf US-Importe von 5,1 auf 1,8 % und streichen die Aufschläge auf Ethanol. Die US-Aufschläge auf Zölle für Stahl- und Aluminium-Importe werden für UK gestrichen, die allgemeinen 10-%-Zölle bleiben. Für Autoimporte in die USA werden die Zölle gestaffelt – 100.000 Stück dürfen mit 10 % Zoll importiert werden, darüber hinaus gelten 25 %. Flugzeugteile können zollfrei eingeführt werden, dafür soll die britische Fluggesellschaft Boeing-Maschinen kaufen. Der britische Zoll auf digitale Dienstleistungen soll gesondert verhandelt werden. Die EU-Kommission rüstet sich indes für den Fall, dass mit den USA kein Deal möglich ist und veröffentlichte gestern eine Liste an Waren, für die sie sich Gegenzölle oder Einfuhrbeschränkungen vorstellen kann. Betroffen wären Importe im Wert von 95 Mrd. Euro. Bis 10. Juni läuft eine öffentliche Konsultation. [Quellen: UK-Regierung, EU-Kommission, Medienberichte]

Europaparlament stimmt für Lockerung der Gasspeicher-Vorschriften. Das Europaparlament hat den Vorschlag der Kommission angenommen, die Befüllungsvorgaben für Gasspeicher von 90 % auf 83 % zu reduzieren. Das Ziel muss nicht mehr genau am 1. November erreicht werden, sondern bis 1. Dezember. Mitgliedsstaaten können um 4 Prozentpunkte vom Speicherziel abweichen, in Ausnahmefällen noch mehr. Das Parlament fordert zudem ein vollständiges Embargo von russischem Gas. Letzteres kritisiert die Industriellenvereinigung deutlich: Ein gänzliches Verbot ist „unzweifelhaft kostentreibend“ und damit „nicht akzeptabel“. [Quellen: Europäisches Parlament, IV

EU gibt Autobranche mehr Zeit für Umsetzung von CO2-Vorschriften. Das Europäische Parlament hat den Kommissionvorschlag für mehr Flexibilität bei CO2-Emissionsnormen angenommen. Autohersteller erhalten die Möglichkeit, die CO2-Emissionen über den gesamten Dreijahreszeitraum von 2025-2027 zu ermitteln, statt jedes Jahr einzeln zu bewerten. Die Wirtschaftskammer sieht einen „ersten wichtigen Schritt in die richtige Richtung“. [Quellen: Europäisches Parlament, WKO

Wirtschaftswachstum in der Eurozone bremst sich ab. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie in der Eurozone ging im April auf 50,4 Punkte zurück (März: 50,9 Punkte). Spanien ist positiver Ausreißer, Italien stabil mit Wachstumstendenzen, in Deutschland kommen positive Signale aus der Industrie und Frankreich bleibt Schlusslicht der großen Euroländer. Der Index für die Dienstleistungsbranche sackte für die Eurozone von 51 Zählern im März auf 50,1 Punkte ab und ist damit nur mehr knapp über der Wachstumsschwelle von 50. Die Industrieproduktion wurde ausgeweitet, schaffte es aber nicht in den Wachstumsbereich. Das Baugewerbe befindet sich weiterhin in der Rezession, die Schrumpfung hat aber etwas gebremst. [Quelle: S&P Global, S&P Global

Erhöhung der Verteidigungsausgaben bleibt Herausforderung. Die europäischen Staaten werden ihre Verteidigungsausgaben bis 2030 wohl nicht in ausreichendem Maße steigern, so eine Befragung von Wirtschaftsexperten. Während die osteuropäischen Länder ihre Ziele erreichen dürften, werden Deutschland und Frankreich nur eine Steigerung auf 2,7 bzw. 2,8 % des BIP erreichen. Österreich und die Schweiz dürften unter der 2 %-Schwelle für Verteidigungsausgaben bleiben. [Quelle: Ifo-Institut

UK-Leitzins auf 4,25 % gesenkt. Nach einer Zinspause im März senkt die Bank of England den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 %. Die Entscheidung im Komitee fiel dabei mit 5-4 knapp aus – 2 Mitglieder wollten die Zinsen noch stärker senken, die anderen 2 auf gleichem Niveau behalten. Die Inflation im Vereinigten Königreich liegt derzeit bei 2,6 %. [Quelle: Bank of England

Selektive Agenda:

Heute, Salzburg: Sozialministerin Schumann bei der Konferenz der Sozialreferenten der Bundesländer

8:30 Uhr, Wien: Präsidiale des Nationalrats im Parlament

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Produktionsindex März und Baupreisindex 1. Quartal

13:00 Uhr, Wien: Gesundheitsausschuss des Nationalrates im Parlament

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: US-Kardinal Robert Francis Prevost ist zum Papst gewählt worden und gab sich den Namen Leo XIV. Die FPÖ nominiert den niederösterreichischen Sicherheitslandesrat Christoph Luisser als neuen Volksanwalt, Martin Antauer folgt ihm als Landesrat nach.

Geburtstage: Wir gratulieren Franz Dobusch zum Geburtstag! Am Samstag haben Wolfgang Porsche, Elisabeth Olischar und Monisha Kaltenborn Geburtstag und am Sonntag Elisabeth Gehrer und Dieter Böhmdorfer.

Sehen & gesehen werden:

10:00 Uhr, Wien: Festakt zum Europatag 2025: 30 Jahre Österreich in der Europäischen Union im Parlament u.a. mit Walter Rosenkranz, Andrea Eder-Gitschthaler, Magnus Brunner, Franz Vranitzky, Benita Ferrero-Waldner, Brigitte Ederer. [invite only, Info]

10:10 Uhr, Wien: Kranzniederlegung anläßlich des 60. Todestages von Leopold Figl mit Christian Stocker, Johanna Mikl-Leitner und Stephan Pernkopf am Minoritenplatz

11:00 Uhr, Wien: AMA Genuss Festival im Stadtpark (bis 11.5.) [Info]

16:00 Uhr, Innsbruck: Verleihung der Tiroler Adler-Orden u.a. an Klaus Maria Brandauer im Landhaus [invite only]

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